Weiter fallende Ölpreise haben den deutschen Aktienmarkt am Mittwoch mit nach unten gezogen. Der Dax knüpfte an seine Vortagesverluste an und schloss um 2,64 Prozent auf 9167 Punkte nach. Der MDax der mittelgroßen Werte büßte 2,34 Prozent auf 18.610 Punkte ein und der Technologiewerte-Index TecDax gab um 5,13 Prozent auf 1536 Punkte nach. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 fiel um 2,33 Prozent auf 2820 Punkte.
Analyst Christian Schmidt von der Landesbank Helaba verwies auf die weiterhin hohe Korrelation des Aktienmarktes mit den Ölpreisen. Deren zwischenzeitliche Erholung hatte zuletzt auch dem Dax Rückenwind verliehen: Das Börsenbarometer war zum Wochenauftakt fast bis auf 9600 Punkte geklettert und hatte sich damit binnen anderthalb Wochen um knapp 900 Punkte erholt. „Der Markt sucht immer noch nach Orientierung und reagiert von Tag zu Tag auf den Ölpreis“, sagte Scott Brown, Chefvolkswirt bei Raymond James. Das sei zwar nicht gut, zeige aber die Nervosität der Investoren.
Mittlerweile habe die Hoffnung auf eine Begrenzung der hohen Öl-Fördermenge aber einen Dämpfer bekommen, erklärten Händler die fallenden Preise. So will sich das wichtige Förderland Iran offenbar nicht an einer von Russland und Saudi-Arabien angestrebten Begrenzung beteiligen. Und Arabiens Ölminister Ali Al-Naimi hatte gestern einen baldigen Rückgang der Öl-Fördermengen ausgeschlossen. „Wir setzen nicht auf Kürzungen, weil das Vertrauen dafür fehlt“, sagte er.
Laut den Experten von Goldman Sachs müsste der Markt für eine nachhaltige Trendwende ohnehin erst „richtig günstig“ werden. Bis dahin müssten die Anleger mit Schwankungen leben.
Brexit-Sorge belasten zusätzlich
Für schlechte Stimmung sorgte auch die Angst vor einem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU). Die Analysten der größten britischen Bank HSBC sagten im Falle eines Sieges der Europa-Gegner beim Referendum am 23. Juni einen Kurssturz beim Pfund Sterling und einen Konjunktureinbruch voraus. Das Pfund fiel erstmals seit 2009 unter die Marke von 1,39 Dollar nach 1,4022 Dollar am Dienstagabend.
Auf der Suche nach einem sicheren Hafen steuerten die Anleger die zehnjährigen Bundesanleihen an. Der Bund-Future stieg um 73 Ticks auf ein Rekordhoch von 166,17 Punkte, die Rendite der dem Terminkontrakt unterlegten Bundesanleihe fiel auf ein Zehn-Monats-Tief von 0,132 Prozent.
Stark unter Druck gerieten im Dax die Aktien der Deutschen Börse: Sie brachen um zwischenzeitlich 4,1 Prozent auf 74,54 Euro ein und gaben damit die Gewinne vom Dienstag wieder ab. Der Euphorie über einen neuen Anlauf zur Fusion mit der London Stock Exchange (LSE) sei Ernüchterung gewichen, sagten Händler. Analysten beschrieben den Höhenflug vom Dienstag als übertrieben und rieten zur Vorsicht. Die Fehlversuche der letzten Jahre zeigten, dass Börsenfusionen notorisch schwierig umzusetzen seien, erklärte NordLB-Analyst Michael Seufert. Die LSE-Titel fielen in London zwischenzeitlich um 3,2 Prozent.
Auch auf den zweiten Blick reagierten die Anleger entsetzt auf die Gewinnwarnung von Hugo Boss: Die im MDax gelisteten Aktien fielen um zwischenzeitlich knapp elf Prozent auf ein neues Fünf-Jahres-Tief von 49,90 Euro, nachdem sie schon am Dienstag fast 20 Prozent verloren hatten. Analysten senkten ihre Schätzungen, einige gaben Verkaufsempfehlungen aus.