Börse Handelstag einer Day-Traderin

Immer mehr Anleger zocken kurzfristig. Wie sie dabei Gewinne machen, zeigt der Tagesablauf einer Day-Traderin. Sie hat jeden Tag ein Date mit dem Dax.

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Allein zu Hause Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche

Der Markt ist stark. Schon am Morgen hat sich der Dax mit einem Satz vom Vortagestief bei 7038 Punkten gelöst und beginnt den Börsenhandel um 9 Uhr bei 7095 Punkten. Nach einer halben Stunde dringt er bis auf 7143 Zähler vor. Dann bröckeln die Notierungen ab – ist das jetzt die Gelegenheit zum Einsteigen? 

Ruhig beobachtet Ina Fiebig die sekündlich aufploppenden Kurse (Blips), die ihr der Dax an diesem Dienstag auf den Monitor zaubert. Die 44-Jährige ist Day-Traderin. Mehrmals am Tag steigt sie am Aktienmarkt ein und aus, handelt den Dax von morgens bis abends – für sich, auf eigene Rechnung, in ihrem Büro zu Hause. Gelernt hat die Krefelderin eigentlich Reiseverkehrsfrau; zwölf Jahre hat sie als solche auch gearbeitet. Seit 2005 aber hat sie ihre Leidenschaft für die Börse entdeckt. Erst handelte sie echte Aktien, dann – „die waren mir zu langweilig“ – Differenzkontrakte (CFDs, siehe Kasten). CFDs sind spekulative Anlageinstrumente, die per Mausklick in Sekundenschnelle das Ein- und Aussteigen an den Märkten möglich machen, ohne tatsächlich irgendein Papier ins Depot zu buchen. In Deutschland gibt es derzeit mehr als 30 000 risikofreudige Börsianer, die Dax, Dollar oder Aktien mit CFDs rauf und runter spekulieren.

Keine Ablenkung

Zwei Monitore hat Fiebig im Blick. Im linken blinkt der Kurs des Dax jede Sekunde in Echtzeit auf; im rechten beobachtet Fiebig ihre Handelsmaske inklusive der Verbindung zu ihrem Online-Broker mit aktuellem Kontostand und der Eingabe, was und wie viel geordert werden soll. Dazu Nachrichtenticker und News rund um die Uhr würde man vermuten.

Doch Fehlanzeige, kein Börsenfernsehen läuft, keine Nachrichten-Web-Seite ist offen. Spielen neue Wirtschaftsdaten denn keine Rolle, etwa heute um 11 Uhr die Zahlen zum Einzelhandel der Euro-Zone oder um 12 Uhr der Auftragseingang der europäischen Industrie? „In der Mittagspause, verfolge ich Nachrichten; das hilft für die allgemeine Einschätzung“, sagt Fiebig. Beim Trading selbst aber lenke das nur ab. Damit sie – bei möglicherweise anders als von Volkswirten erwarteten Zahlen – nicht auf dem falschen Fuß erwischt wird, hat sie vor solchen Terminen aber lieber gar keine Position offen.

Die Kerze zünden

Wann und wo sie ein- und aussteigt, leitet sie allein aus den aktuellen Kursbewegungen ab. Das Instrument dafür ist die Dax-Kurve in Kerzen-Darstellung in Fünf-Minuten-Intervallen. Das heißt: Von allen Dax-Notierungen innerhalb einer Zeitspanne von fünf Minuten fließen jeweils vier Notierungen (Anfangskurs, Höchstkurs, Tiefstkurs und Schluss) in den Chart ein. Ist die Kerze weiß, markiert der untere Rand des Kerzenkörpers den Anfangskurs, der obere Rand den Schlusskurs. In diesem Fall ist der Dax gestiegen. Ist die Kerze schwarz, ist es umgekehrt, die Kurse haben nachgegeben. Die kleinen Linien, die aus dem Kerzenkörper herausragen, zeigen den Höchstkurs („Docht“) und den Tiefstkurs („Lunte“).

„Mit den Kerzen sehe ich auf einen Blick, wie stark der Aktienmarkt ist“, so Fiebig. Zudem lassen sich die Kerzen mit Instrumenten der klassischen technischen Analyse kombinieren. Besonders wichtig ist die 20er-Durchschnittslinie. Das ist der Mittelwert der Schlussnotierungen der vergangenen 20 Kerzen. Steht der Dax über dieser Durchschnittslinie, ist er kurzfristig im Aufwärtstrend; liegt er darunter, besteht ein Abwärtstrend.

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