Börse Moskau Preiswerte Wette auf russische Aktien

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Lukoil als Gewinner der Steuerreform

Trotz Preis-Crash stehen Russlands Ölkonzerne weit besser da als ihre globalen Konkurrenten. Sie profitieren vom neuen russischen Steuersystem, das sich nicht mehr am Gewinn, sondern am Ölpreis und am Liefervolumen orientiert. Die Aktien sind günstig bewertet. Analysten von Goldman Sachs haben errechnet, dass der Bewertungsabschlag russischer Ölkonzerne gegenüber ihren weltweiten Konkurrenten noch nie so groß war wie heute. Auch die Förderprognosen bis 2020 sähen für die russischen Ölunternehmen vergleichsweise gut aus. Die Ratingagentur Moody’s sieht die exportorientierten Branchengrößen Rosneft und Lukoil als größte Nutznießer der Steuerreform. Allerdings steht Rosneft noch unter dem Bann der westlichen Sanktionen und wird vom Kreml an der kurzen Leine geführt, hinzu kommt die hohe Nettoverschuldung von gut 40 Milliarden Dollar.

Favorisieren sollten Anleger daher den zweitgrößten russischen Ölkonzern Lukoil.

Wer vom billigen Öl profitiert – und wer verliert
Jemand arbeitet an einer Tragfläche eines Flugzeugs Quelle: PR
Autos Quelle: AP
Jemand greift nach Körperpflegeprodukten in einem Regal Quelle: REUTERS
Containerschiff Quelle: dpa
Lastwagen der Deutschen Post Quelle: dpa
Packungen mit Medikamenten Quelle: dpa
Anlage mit Tank, auf dem BASF steht Quelle: dpa

Bei privaten Unternehmen wie Lukoil besteht zwar ein Risiko, dass der Kreml eingreift, wie bei der einst von Michail Chodorkowski geführten Yukos. Der Oligarch wurde 2003 verhaftet, Yukos-Aktionäre wurden faktisch enteignet. Dafür ist der Bewertungsabschlag gegenüber Ölkonzernen aus dem Westen gewaltig. Lukoil hat Zugriff auf Reserven von 17,6 Milliarden Barrel Öläquivalent (Öl und Gas), 77 Prozent davon sind Rohöl. Die Reserven reichten noch rund 21 Jahre, gemessen an Lukoils Tagesproduktion von 2,3 Millionen Barrel. Bei einem Unternehmenswert von 40,8 Milliarden Dollar (Börsenkapitalisierung plus Schulden) wird ein Barrel aus Lukoils Reserven mit 2,30 Dollar bewertet. Zum Vergleich: Beim weltweit größten privaten Ölkonzern ExxonMobil decken 25,3 Milliarden Barrel Reserven (Ölanteil nur 54 Prozent) einen Produktionszeitraum von gut 17 Jahren ab, ein Fass wird mit über 13 Dollar bewertet – knapp sechsmal so hoch wie bei Lukoil.

Nach sechs Monaten 2015 verdienten die Russen in Dollar zwar 59 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum, aber immer noch 1,7 Milliarden Dollar. Die Öl- und Gasproduktion stieg um 4,9 Prozent. Positiv auch: Vor allem der schwache Rubel sorgte für einen Rückgang der Investitionskosten um 31 Prozent. Um Aktionäre bei der Stange zu halten, dürfte die Dividende nicht gekürzt werden. In diesem Fall kassieren Anleger vor Steuern mehr als sieben Prozent Rendite.

Neuntgrößter Goldproduzent

Neben Öl zählen auch die Aktien der beiden russischen Edelmetallproduzenten Polyus Gold und Polymetal zu den aussichtsreichen Kaufkandidaten. Beide Konzerne sind auf der Kanalinsel Jersey registriert, unterwerfen sich britischen Börsenregeln und notieren an der Londoner Börse.

Ein Ausverkauf an der Börse Moskau wäre für antizyklische Anleger eine Einladung zum Einstieg (zum Vergrößern bitte anklicken)

Russlands Nummer eins, Polyus Gold, ist gemessen an der für 2015 angestrebten Jahresfördermenge, der weltweit neuntgrößte Goldproduzent, gemessen an den bestätigten Reserven von 66 Millionen Unzen, die Nummer vier. Nach sechs Monaten 2015 förderte Polyus in seinen sechs russischen Minen 783 000 Unzen Gold – fünf Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2014. Die Gesamtkosten je geförderter Unze lagen bei 760 Dollar. Wie bei den Ölgesellschaften federte der schwache Rubel die zuletzt schwache Goldpreisentwicklung ab, weil die Kosten überwiegend in Rubel anfallen, während das Gold auf dem Weltmarkt in Dollar verkauft wird. Die Finanzlage ist solide.

Das System Putin hat sich überlebt

Für Anleger ist und bleibt Russland ein anderer Markt als etwa Großbritannien oder Kanada. Er hängt stärker als andere Börsen an der Politik der Machthaber. Doch es ist nicht undenkbar, dass Russlands Eliten allmählich realisieren, dass sich das System Putin nach 16 Jahren überlebt hat.

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