Börse Moskau Preiswerte Wette auf russische Aktien

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Machtkampf um die Nachfolgerschaft Putins

Der renommierte bulgarische Politikwissenschaftlers Ivan Krastev, Vorsitzender des Center for Liberal Strategies in Sofia, redet gar schon von einem Machtkampf um das Erbe Putins im Kreml. Aufhorchen ließ im Juni der frühere Finanzminister Aleksei Kudrin. Auf dem International Economic Forum in St. Petersburg hatte sich Kudrin offen für vorgezogene Präsidentschaftswahlen ausgesprochen. Kudrin wirbt um ein Mandat für die dringend notwendigen ökonomischen Reformen und den Umbau der Wirtschaftsstruktur in Land.

Die sind notwendig. In den vergangenen 20 Jahren schrumpfte die Bevölkerung Russlands um sieben Millionen auf 142 Millionen Menschen. In den nächsten 40 Jahren wird die Einwohnerzahl 100 Millionen Menschen unterschreiten, so die Vereinten Nationen. Vor diesem Hintergrund lässt sich ökonomischer Niedergang nur durch hohe Zuwanderung oder einen substanziellen Anstieg der Produktivität verhindern. Ohne die Hilfe des Westens und massive Reformen ist Letzterer nicht zu bewältigen.

Die lukrativsten Märkte der letzten 20 Jahre
Platz 18: JapanDie Sutor Bank hat die 18 wichtigsten Aktienmärkte der Welt im Zeitraum von 20 Jahren untersucht, um herauszufinden, welcher Markt die stärkste Performance hatte. In der Auswertung der Hamburger Privatbank kommt Japan auf den letzten Platz. „Das war durchaus erwartbar“, kommentierte Lutz Neumann, Leiter der Vermögensberatung der Sutor Bank, das schlechte Abschneiden Japans. Auf den anderen Plätzen fanden sich allerdings ein paar Überraschungen.Durchschnittliche Performance (20 Jahre): 0,19 Prozent pro Jahr Quelle: dpa
Platz 17: ÖsterreichZiemlich oft bergab ging es auch für Anleger am österreichischen Aktienmarkt. Auf 20-Jahressicht schaffte der österreichische MSCI Austria Index immerhin doch noch ein Plus. Schlusslicht war Österreich unter anderem im Jahr 2014. Die Sanktionen gegen Russland belasteten österreichische Banken und Unternehmen, die stark in Russland engagiert sind.Durchschnittliche Performance (20 Jahre): + 1,65 Prozent pro Jahr Quelle: dpa
Platz 16: ItalienDer MSCI Italy Index gehört im internationalen Vergleich der Sutor Bank ebenfalls zu den Schlusslichtern. Besonders schlecht lief es für den italienischen Aktienmarkt in den Jahren 2010 und 2011 als die europäische Schuldenkrise aufkam.Durchschnittliche Performance (20 Jahre): + 3,99 Prozent pro Jahr Quelle: imago images
Platz 15: SingapurSingapur ist ein beliebter Finanzplatz und verfügt über eine beeindruckende Skyline. Besonders hoch hinaus kamen hier Anleger jedoch nicht. Der MSCI Singapore Index gehört zu den schwächsten innerhalb der vergangenen 20 Jahre.Durchschnittliche Performance (20 Jahre): + 5,35 Prozent pro Jahr Quelle: imago images
Platz 14: BelgienIn der Gesamtwertung kommt Belgiens Aktienmarkt nur auf den vierzehnten Platz. Allerdings holte der MSCI Belgium Index in den vergangenen Jahren deutlich auf. 2014 schlug er alle anderen Indizes mit einem Plus von 37 Prozent.Durchschnittliche Performance (20 Jahre): + 6,8 Prozent pro Jahr Quelle: imago images
Platz 13: FrankreichDer Aktienmarkt der zweitgrößten europäischen Volkswirtschaft schaffte es innerhalb der letzten zwanzig Jahr nicht unter die Top 10 (im Schnitt). Besonders schlecht lief es in den Jahren 2001 (- 18 Prozent) und 2002 (- 33 Prozent). Lutz Neumann von der Sutor Bank betont, dass die Entwicklung eher zufällig erfolgt. Eine belastbare, seriöse Vorhersage sei unmöglich, erklärt die Privatbank.Durchschnittliche Performance (20 Jahre): + 7,15 Prozent pro Jahr Quelle: imago images
Platz 12: NorwegenDer norwegische Aktienmarkt erlebte einen legendären Boom im Jahr 2009: Der MSCI Norway Index stieg um sagenhafte 81 Prozent. 2014 gehörte er allerdings zu den schwächsten Märkten, mit einem Minus von elf Prozent.Durchschnittliche Performance (20 Jahre): 7,31 Prozent pro Jahr Quelle: Imago

Die Aufhebung der Sanktionen wäre ein erster Schritt. Mit Putin aber wird das kaum gelingen, das Klima ist vergiftet, das Verhältnis mit der westlichen Führungsmannschaft zerrüttet. Der im Mai 2014 verkündete spektakuläre Gasdeal mit China dürfte sich nicht als Beginn eines neuen Zeitalters und damit als möglicher Erfolg Putins erweisen. Ursprünglich wurde der 400 Milliarden Dollar schwere und über 30 Jahre laufende Gasliefervertrag mit China als geopolitischer Triumph für Putin gewertet: Russland und China näherten sich an, Russland übernehme die Energieversorgung der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft.

Allmählich aber wird klar, dass der von Putin eingefädelte Deal den staatlich kontrollierten Gasriesen Gazprom gar ruinieren könnte. Auch wenn dieser gerade einen – vom billigen Rubel gepuschten – Gewinnzuwachs von 50 Prozent im ersten Halbjahr präsentierte. Während der Kreml die Kosten für den Pipelinebau in Richtung China noch auf 55 Milliarden Dollar schätzt, rechnet Gazprom inzwischen mit einer Investition von über 100 Milliarden. Um mit Gaslieferungen nach China Gewinn zu machen, benötigte Gazprom nach Berechnungen von Merrill Lynch einen Preis zwischen 340 und 380 Dollar pro 1000 Kubikmeter. Aktuell bekommt Gazprom aber nur etwa 200 Dollar.

Diese Produkte müssten billiger sein
Öl ist momentan so billig wie lange nicht. Zwar hat sich der Preis zuletzt etwas stabilisiert, im vergangenen Jahr im Juni war Öl aber noch rund 40 Prozent teurer. Quelle: dpa
An der Tankstelle hat sich der Preissturzes beim Öl bereits ausgewirkt, Diesel und Benzin sind deutlich günstiger geworden. Allerdings nicht so stark wie es möglich gewesen wäre... Quelle: dpa
Die Verbraucherzentrale hat eine Studie in Auftrag gegeben, um zu untersuchen, wie stark Verbraucher von den niedrigeren Ölpreise profitiert haben. Ergebnis: Bei vielen Produkte war der Effekt gering. „Allein an der Tankstelle und beim Heizen hätte ein durchschnittlicher Haushalt etwa 15 Euro im Monat sparen können, wenn die gesunkenen Rohstoffpreise vollständig weitergegeben worden wären“, sagt Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale Bundesverband. Und auch bei anderen Produkten kam vom Ölpreissturz nur wenig bei Verbrauchern an. Quelle: dpa
Der Preis für einen Liter Bier hätte zum Beispiel zwischen Januar 2014 und Januar 2015 um 14 Cent sinken können, hat das Hamburger Forschungsbüro Energy Comment, das die Studie für die Verbraucherzentrale erstellt hat, berechnet. In Wirklichkeit stieg der Preis für Bier in diesem Zeitraum sogar. Quelle: dpa
Uncle Ben’s Express Nasi Goreng (Mars) Quelle: AP
Bei Laptops, die meistens in Asien gefertigt werden, sollten sich eigentlich auch die niedrigeren Transportkosten bemerkbar machen: Um 1,68 Euro hätte der durchschnittliche Preis für einen Laptop laut Verbraucherzentrale sinken sollen. Quelle: dpa
Eine 1,5 Kilogramm-Packung Teelichter hätte 29 Cent billiger sein können. Auf den ersten Blick sind das zwar nur kleine Beträge, auf ein Jahr gesehen können sie aber trotzdem einen Unterschied machen. „2014 sind dadurch ungerechtfertigte Mehrkosten von rund 100 Euro pro Haushalt entstanden“, sagt etwa Nicole Maisch, verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen. Quelle: dpa

Seit der Verhaftung Chodorkowskis 2003 hatte Putin den Einfluss von Staat und Bürokratie auf die Wirtschaft systematisch erhöht. Jetzt lockerte Putin die Daumenschrauben erstmals. Das zeigt sich am neuen unternehmens- und exportfreundlichen russischen Steuersystem.

Für den russischen Starökonomen Sergej Gurijew wären Privatisierungen ein Schlüsselmoment für Russland. Dass Putin eine Liberalisierung der russischen Wirtschaft vorantreibt, ist unwahrscheinlich. Die Reformer um Kudrin und dem früheren russischen Wirtschaftsminister Jewgeni Jasin würden dagegen ihre Chance nutzen.

Charttechnik hilft

Trotz niedriger Bewertung eilt ein Sprung an die Börse Moskau nicht. Allenfalls eine überschaubare Anfangsposition können Anleger eingehen, ein Einkauf könnte noch preiswerter werden. In unsicheren Zeiten bietet die Charttechnik Hilfe. Sollte der in Dollar berechnete RTS in den Bereich zwischen 650 und 500 Punkte abrutschen, bietet sich Anlegern eine gute Einstiegschance. Von diesem Niveau aus sollte mindestens eine kräftige Gegenbewegung einsetzen, begleitet von einer Erholung des Rubel, wie bis Mai dieses Jahres.

Sollte diese Unterstützungszone im Rahmen einer Trendbeschleunigung nach unten gerissen werden, dann bedeutete das eine vollständige Kapitulation der Investoren. Für antizyklische Anleger wäre das wohl eine historische Kaufgelegenheit, vergleichbar mit jener von 1998, gekoppelt mit einer Langfristwette auf marktwirtschaftliche Reformen.

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