Vom Ende des Geldmengenwachstums aber kann zurzeit keine Rede sein. So steigt etwa die Geldmenge M1 in den wichtigsten Industrienationen weiter unvermindert an. Als Geldmengen bezeichnet man den volkswirtschaftlichen Geldbestand in den Händen von Industrieunternehmen und Verbrauchern. M1 – Bargeld und täglich kündbare Einlagen, wie Giro- und Tagesgeldkonten – sei der „mit Abstand beste monetäre Indikator für die Börse“, so Ehrhardt, der über das Thema „Einfluss der Geldpolitik auf die Börse“ promoviert hat.
Dafür, dass ein Teil dieser Liquidität auch in Aktien fließt, sprechen die starken Mittelzuflüsse bei Aktienfonds. Laut Deutscher Bank verwalten Fonds, die Aktienindizes nachbilden, 2,2 Billionen Dollar weltweit, 19,2 Prozent mehr als zu Jahresbeginn. Seit Januar haben allein US-Aktienfonds netto 160 Milliarden Dollar neues Geld eingesammelt; weltweit waren es sogar 230 Milliarden Dollar, der stärkste Zufluss seit über zwölf Jahren. Zum Vergleich: 2012 verbuchten Aktienfonds global nur 36 Milliarden Dollar Mittelzuflüsse.
Ein Teil des in den USA gedruckten Geldes fließt in die europäischen Aktienmärkte. „US-Geschäftsbanken bekommen günstig Geld von der Fed, dieses leihen sie zum Beispiel Hedgefonds, die wiederum damit europäische Aktien kaufen“, erklärt Assenagon-Chefvolkswirt Hüfner. Europa gelte generell infolge der Krise „bei vielen großen Fonds als unterbewertet, viele internationale Institutionelle investieren derzeit hier“, beobachtet Ian Scott, Chefstratege für Aktien bei der britischen Bank Barclay’s. Dies sei ein „noch junger Trend, der sich fortsetzen wird“, vermutet Scott.
Anleger sollten aber auch bedenken, dass Unternehmen mit dem billigen Geld in großem Stil fehlinvestieren oder -finanzieren könnten: „Unter den herrschenden Bedingungen sind die Kapitalkosten verzerrt. Sie werden unseres Erachtens stark manipuliert“, warnt Cindy Sweeting, Portfolio-Chefin bei Templeton Franklin. Weil Schulden nach Abzug der Inflation die Unternehmen nahezu nichts kosten, könnten diese Geschäfte weiter betreiben, die sie besser aufgeben sollten. Die „ungewollten Folgen der laufenden künstlichen Verringerung und Manipulation der Zinsen und Finanzierungskosten“ hält Sweeting für „potenziell schwerwiegend“. Unternehmen minderer Qualität würden subventioniert, könnten ihre fundamentale Schwäche verschleiern und wachsende Verbindlichkeiten auf einen künftigen Tag der Abrechnung verschieben. Überkapazitäten, die vom Wettbewerb ausgemerzt werden sollten, bleiben so im System, was am Ende in vielen Branchen Wert vernichtet, so Sweeting. Aktionäre werden also von dauerhaft niedrigen Zinsen nicht zwangsläufig auch dauerhaft beglückt sein.