Börsen-Prognosen Die Irrtümer der Crash-Propheten
Sie predigen das Ende des Euros, den Aktien-Crash und soziale Unruhen - und liegen dabei oft daneben. Ein Blick auf Crash-Propheten, deren Börsen-Prognosen sich bisher als falsch erwiesen haben.

Der US-Wissenschaftler Lars Peter Hansen - Nobelpreisträger für Wirtschaft in 2013 - warnt derzeit vor einem Crash. "Ein Einbruch um 20 Prozent kann passieren", sagte Hansen. Der Professor an der Universität in Chicago zeigte sich gegenüber der Tageszeitung "Welt" über die Gelassenheit der Investoren angesichts der Risiken erstaunt. Allerdings sei die Vorhersage, wann eine Spekulationsblase platze schwierig. Den Nobelpreis erhielt Hansen für seine Arbeiten zu Risiken und Unsicherheit am Kapitalmarkt. Andere Crash-Propheten lehnten sich deutlich weiter aus dem Fenster.
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Nouriel Roubini
Mit seinen Fehlprognosen etablierte er sich zum Meister des Irrlichterns – und das, obwohl alles ganz vielversprechend angefangen hatte. Durch seine frühzeitigen Warnungen vor einer US-Immobilienblase und ihren Folgen hatte es der Wirtschaftswissenschaftler von der Stern School der New York University weit über den akademischen Bereich hinaus zu Bekanntheit gebracht.
Unter seinem Beinamen „Dr. Doom“ (Dr. Untergang) zog der in Istanbul geborene Amerikaner durch sämtliche Talkshows. Doch so richtig der Untergangsexperte mit seinem Mahnen bei amerikanischen Hypothekendarlehen lag, so sehr versagte er bei der Einschätzung der Lage im Euro-Raum. Der Kampf der europäischen Währungsunion ums Überleben werde ganz und gar erfolglos sein, tönte „der Mann, der die Finanzkrise vorhersagte“. Pustekuchen: Weder Griechenland noch Portugal verabschiedeten sich aus der Währungsunion, genau so wenig, wie eine Rückkehr Deutschlands zur D-Mark stattfand.
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Marc Faber
Als König der Crash-Propheten gilt Marc Faber, der regelmäßig spitze Pfeile Richtung Wall Street und Notenbanken schleudert. Im September rief der Schweizer aus: „Die Fed wird die Welt zerstören“. Eine gewagte Prognose – die sich dann als falsch erwies. Trotzdem macht seine scharfe und oft süffisante Kritik den 68-Jährigen zum Sprachrohr vieler, die das derzeitige Wirtschaftssystem als verrottet ansehen.
Erst vor kurzen hat sich Faber erneut geäußert: Er erwartet einen baldigen Einbruch der Weltbörsen um 20 bis 30 Prozent. Allerdings hatte er das schon im August 2013 ähnlich vorausgesagt. Damals tönte der Prophet: "Es riecht nach Crash!" Seither ist der Aktienmarkt um 1000 Punkte gestiegen.
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Alan Greenspan
Er gilt als einer der großen Pessimisten in der internationalen Finanzszene. Der Ex-Chef der US-Notenbank Fed sagte während der Eurokrise 2011, dass die Gemeinschaftswährung zum Scheitern verurteilt sei. Dabei hatte er die Rechnung jedoch ohne die resolute Haltung Mario Draghis gemacht. der EZB-Chef sagte nämlich: „die EZB ist bereit, alles Erforderliche zu tun, um den Euro zu erhalten. Und glauben sie mir, das wird ausreichen”. Und tatsächlich: Mittlerweile hat sich die Lage für viele Krisenländer der Eurozone weitgehend stabilisiert, Irland und Portugal haben den Euro-Rettungsschirm sogar verlassen.
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Wolfgang Münchau
Knapp daneben, ist auch vorbei, gilt wohl im Fall von Wolfgang Münchau. Im Juni 2012 schrieb der Ökonomie-Kolumnist und Crash-Prophet unter der Überschrift „ Ahnungslos in die Euro-Dämmerung“, dass ein Euro-Armaggedon unmittelbar bevor stehe. Der Euro stehe kurz vor dem Zusammenbruch und der große George Soros sei mit seiner Prognose, der Euro habe noch drei Gnadenmonate vor sich, viel zu optimistisch gewesen. Damit lag Münchau daneben: Die gesetzte Frist für den Euro verstrich ohne Crash und nun, zwei Jahre später, zahlen wir immer noch mit Euros.
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Paul Krugman
Er gilt als einer der brillantesten Vordenker in der Wirtschaft. Trotzdem liegt auch er mit seinen Prognosen oft daneben. 2009 sah er Österreich wegen des Kreditrisikos heimischer Banken in Osteuropa als Pleitekandidat. Zwei Jahre später konstatierte er: "Österreich ist, nach den meisten Maßstäben, eine sehr erfolgreiche Volkswirtschaft, mit niedriger Arbeitslosigkeit und einem Zahlungsbilanzüberschuss“. 2012 lag er erneut daneben, als er einen baldigen Austritt Griechenlands aus dem Euro, sowie den Zerfall der Eurozone vorhersagte.
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Max Otte
Seit Jahren tingelt er von einem Fernsehtermin zum nächsten, Journalisten fragen ihn um seine Meinung, Anleger um Rat. Doch nicht selten stellten sich die Vorhersagen des Wirtschaftsprofessors aus Worms als leere Fehlprognosen heraus. 2009 empfahl der Deutsche seinen Landsleuten, Euroscheine mit den Länderkürzeln S, T, Y, V, P und M schnell umzutauschen. Der Grund: Angeblich stünden diese Kürzel für Scheine aus den Schuldenstaaten der Eurozone. Und diese wären wertlos und in Deutschland nicht mehr gültig, sollte es zu einer Abspaltung dieser Schuldenstaaten kommen. Doch tatsächlich sagen die fraglichen Buchstaben nichts darüber aus, wo die Scheine gedruckt wurden. Das musste sich dann auch Otte eingestehen: "Leider ist die Sache mit den Ländercodes banaler als damals gedacht.“ Es habe sich um eine Vermutung seinerseits gehandelt. "Heute weiß ich, dass da nichts dran ist“, erklärte der Crash-Prophet.
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Harry Dent
Die Prognosen des bekannten US-Investors und Newsletter-Autor Harry Dent schwanken zwischen Euphorie und Verzagen. 2011 sagte der Crash-Prophet für den Dow Jones eine Absturz auf 3000 Punkte voraus und riet Anlegern, in den Jahren 2012 und 2013 dem Aktienmarkt fern zu bleiben. Wer diesem Rat folgte, verpasste eine Rallye des S&P 500 um fast 50 Prozent.
Warum Börsen-Propheten trotz ihrer häufigen Fehlprognosen so gefragt sind, weiß Joachim Goldberg von der Researchfirma Goldberg & Goldberg: "Immer mehr Leute haben ein komisches Gefühl, dass es an der Börse nicht mit rechten Dingen zugeht.“ Dadurch sei der Aufstieg der Crash-Propheten zu erklären, die mit ihren Vorhersagen die Wahrsager der Moderne sind. „Sie bringen Ordnung in das zufällige Geschehen, und sei es nur zum Schein."
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Roland Leuschel
Er wusste es schon 2013: Das Ende ist nah! Genaues wisse er zwar auch nicht, sagte der frühere Investmentbanker vor rund einem Jahr in einem Interview beim "Deutschen Anlegerfernsehen", aber "alles arbeitet darauf hin", dass Mitte August 2014 eine "große Währungsreform" kommt. In den kommenden Tagen müsste es also soweit sein. Abschied nehmen von Euro und Dollar ist angesagt – und von jahrzehntelangen Ersparnissen.
Oder etwa nicht? In den vergangenen Jahren hat Leuschel oft daneben gelegen. So manch gewagte Vorhersage traf doch nicht ein.
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Albert Edwards
Er sorgte 2010 für Gänsehaut bei Anlegern: Der Börsenguru der französischen Großbank Société Générale, der wegen seiner dauerpessimistischen Vorhersagen gern „Perma-Bär“ genannt wird, sagte einen Einbruch der Börse um 60 Prozent voraus. Der größte Schock solle dabei 2011 von China ausgehen, dessen Wirtschaftswachstum auf Luft gebaut sei und demnach auf null kollabieren werde. Tatsächlich traf nichts von alledem ein. Zwar wurde das Jahr 2011 kein Erfolgsjahr für die Börse, aber von Einbruch oder gar Kollaps war weit und breit nichts zu spüren.
Erstaunlich ist dennoch: Die Treffgenauigkeit der Prognosen von Crash-Propheten spielt dabei keine Rolle. Obwohl die Liste der Fehlprognosen schier endlos ist, sind sie nach wie vor gefragte Interviewpartner und Investmentgurus. "Crash-Propheten sind in erster Linie mehr oder weniger charismatische Geschichtenerzähler, ob ihre Prognosen eintreffen oder nicht, ist da nicht so wichtig", sagt Joachim Goldberg von der Researchfirma Goldberg & Goldberg.
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Peter Schiff
Die überragende Entwicklung des Goldpreises stieg ihm zu Kopf: 2009 sagte der Vorstandschef von Euro Pacific Capital voraus, Gold würde in den kommenden Jahren die 5000 Dollar Marke übersteigen. Tatsächlich schaffte es das Edelmetall im September 2011 nur knapp über 1900 Dollar, um dann noch weiter nach unten abzutauchen. Seitdem hat Gold 38 Prozent an Wert eingebüßt.
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