Börsenbetrug Wenn Betrüger die Aktienkurse pushen

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Firmen mit verdächtig schillernden Namen

Börsenhändler im Parketthandel der Deutschen Börse in Frankfurt Quelle: dapd

Die Börse nimmt seit Ende 2011 keine Anträge für das Board mehr an. In das künftig „Quotation Board“ genannte Nachfolge-Segment will sie nur noch Aktien aufnehmen, die an einer anderen Börse zugelassen sind. Die rund 450 Unternehmen aus dem First Quotation Board, die ihre Erstzulassung in Frankfurt haben, können in den stärker regulierten Entry Standard wechseln. Zuvor müssen sie unter anderem einen Prospekt vorlegen.

Nur wenige aber werden den Sprung schaffen. Für 126 Aktien war schon 2011 Ende, die Frankfurter stellten den Handel mit den Papieren im November ein.

Betrüger pushten den Hulbee-Aktienkurs, machten oben selber Kasse und ließen das Papier dann fallen (in Euro) Quelle: Thomson Reuters

Die Rausgeworfenen suchen eine neue Heimat. Rund die Hälfte klopfte bei der Börse Berlin an. Die wies die meisten ab: „Einige hatten kein operatives Geschäft oder nur Anfänge davon. Andere Antragsteller hatten nur eine Geschäftsidee oder nur ein bis zwei Mitarbeiter oder noch nie einen Jahresabschluss vorgelegt“, sagt Börsenvorstand Jörg Walter. Mindestens neun Rausgeschmissene aber fanden Zuflucht im Berliner Freiverkehr.

Drei Konzerne schafften den Sprung

Werden Unternehmen aus dem Board an anderen Börsen aufgenommen, können Anleger ihre Aktien auch nach dem dritten Quartal noch verkaufen. Problem: Viele wissen nicht, dass ihre Aktien im Board notieren und ab Sommer nicht mehr handelbar sein könnten. Das zeigt eine Auswertung des Brokers Cortal Consors für die WirtschaftsWoche: Seit die Börse Titel rauswarf, wollten Kunden nicht mehr Papiere loswerden als zuvor. Für nicht mehr in Frankfurt handelbare Aktien versuchte Cortal Consors vergeblich, Handelsplätze zu finden. In welchem Marktsegment eine Aktie notiert ist, lässt sich im Internet recherchieren. Ist die Aktie einmal von der Börse verschwunden, geht rechtlich kaum etwas. Aktienrechtler Carsten Heise von der Kanzlei von Woedtke&Partner sieht im Freiverkehr keine Möglichkeit, etwa ein Abfindungsangebot einzuklagen. Ist unklar, was mit ihrer Aktie passiert, sollten Anleger möglichst schnell verkaufen.

Nur drei Konzerne schafften 2011 den Sprung in den Entry Standard, in dem Anleger mehr Informationen kriegen. Auch Hulbee-Chef Wiebe will einen Prospekt bei der BaFin einreichen und ins Segment wechseln. „Es war falsch, so früh an die Börse zu gehen, wir waren den Anforderungen noch nicht gewachsen. Jetzt haben wir unsere Hausaufgaben gemacht und sind stärker denn je vorbereitet“, sagt er. Ein Preisvergleichsportal ist online, 2011 habe er 2,7 Millionen Franken umgesetzt.

Mit den Pushern will er abschließen. Einer der Gauner habe sich gar entschuldigt. „Wie ein kleiner Junge hat er dagestanden, mit Tränen im Gesicht“, sagt Wiebe.

Bei allen, denen der Mann Aktien, die heute 18 Cent bringen, für damals fünf Euro Euro andrehte, dürfte sich das Mitleid in Grenzen halten.

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