Seit Jahresbeginn kaufen US-Pensionsfonds den vorsichtigen deutschen Privatanlegern verstärkt ihre Aktien ab. Der 146 Milliarden Dollar schwere Pensionsfonds der State Board Administration of Florida, einer der 20 größten weltweit, orientiert sich bei seinen Anlagen eigentlich strikt am MSCI All Country World Index, hat seit Januar aber seine Positionen in Deutschland leicht über den Anteil im Index erhöht.
„Dass vor allem die Amerikaner derzeit wie wild europäische Aktien kaufen, liegt am starken Dollar und daran, dass deutsche Papiere günstiger als US-Aktien sind“, sagt Ralf Zimmermann, Aktienstratege beim Bankhaus Lampe. „Fondsmanager schichten ihre US-Positionen in deutsche und europäische Werte um“, sagt Andreas Köster, Fondsmanager und Anlagestratege von UBS. „Die negativen Zinsen haben dann den letzten Aktivismus ausgelöst und die Investoren in Aktien getrieben, die bisher an Anleihen festhalten mussten, sich die Strafgebühren aber nicht mehr leisten können.“ Der Trend kann aber auch schnell drehen: „Das ist bestenfalls ein mittelfristiger Faktor, der sich jederzeit schnell umkehren kann; US-Hedgefonds und Pensionskassen sind nicht für langfristige Engagements in Dax-Konzernen bekannt“, sagt Zimmermann.
Das Timing zählt
Im vergangenen Jahr galten noch die USA als gelobtes Land der Anleger. Europa war unattraktiv, „steckte immer noch nahe des Tiefpunkts des sehr gedrückten Konjunkturzyklus fest“, sagt Myers von Templeton. Otmar Lang, Chefvolkswirt der Targobank, hält vor allem den günstigen Euro für einen wichtigen Treiber von Europas Aktienkursen. Selbst von einem Grexit, dem Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone, wollen sich manche Investoren nicht mehr schocken lassen. Die erfahrenen Fachleute des schwedischen Pensionsfonds AP2, der gut 30 Milliarden Dollar Vermögen verwaltet, sagten noch im Februar, sie hielten die Unterstützung der EZB für zu stark. Als am vergangenen Donnerstag Gerüchte um einen drohenden Austritt Griechenlands aufkamen, wurden einige Anleger dennoch nervös: Der Dax fiel knapp unter die Marke von 12.000 Punkten. Griechenland soll den Internationalen Währungsfonds um eine Stundung einer ausstehenden Kreditrate gebeten haben. IWF-Chefin Christine Lagarde lehnt eine solche Verlängerung ab.
Eine echte Gefahr für die Märkte sieht Köster von der UBS aber für den Fall, dass die US-Zentralbank zu spät die Zinsen erhöht und zeitgleich mit der EZB die Politik des billigen Geldes beendet. Dann würden zu viele Investoren gleichzeitig aus dem Aktienmarkt fliehen und einen Kursrutsch auslösen. „Es sieht aber so aus, als ob die Zentralbanken den Ausstieg aus ihren Programmen gemeinsam abstimmen und den Trend möglichst lange unterstützen“, sagt Köster. Konsens der Analysten ist, dass in diesem Herbst die Zinsen in den USA angehoben werden, was die Hausse abbremsen könnte, aber die Kurse nicht in den Abgrund stürzen würde.