Börsengang Anlegerschützer warnen vor Snapchat-IPO

Der Betreiber der Foto-App will an die New Yorker Börse. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz sieht Parallelen zu einem Börsengang, bei dem Anleger deutliche Verluste eingefahren haben.

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Der Betreiber der Foto-App will an die Börse - Anlegerschützer warnen vor den Risiken. Quelle: Reuters

Für viele Smartphone-Nutzer ist Snapchat ein Muss. Mit der Foto-App können Nachrichten verschickt werden, die sich kurz darauf selbst zerstören. Vor allem Jugendliche haben großen Spaß daran, sich jede Menge lustige Bilder zu senden.

„Unsere Produkte ermöglichen es den Menschen, sich auszudrücken, den Moment zu leben, über die Welt zu lernen und zusammen Spaß zu haben“, wirbt der Betreiber der App. Nun will Snap an die New Yorker Börse gehen. Bei einer ersten Aktienplatzierung sollen umgerechnet etwa 2,8 Milliarden Euro zusammenkommen. Doch Anlegerschützer warnen.

„Wir sehen diesen Börsengang durchaus skeptisch. Neben der sehr hohen Bewertung des Unternehmens von rund 21,5 Milliarden Euro, kommt hinzu, dass wohl nur stimmrechtslose Aktien an den Markt kommen werden“, sagt Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). „Die Neuaktionäre dürfen zwar ihr Geld geben, Einfluss sollen sie aber nicht bekommen.“ Auch nach dem Börsengang werden der Gründer und Chef Evan Spiegel sowie der Technologie-Vorstand Robert Murphy praktisch das alleinige Sagen haben.

Seine Kritik begründet Tüngler mit einem Vergleich: Der im Deutschen Aktienindex (Dax) notierte Markenartikler Beiersdorf wird aktuell mit knapp 21 Milliarden Euro bewertet. Das Unternehmen setzte 2016 etwa 6,7 Milliarden Euro um und erwirtschaftete einen Gewinn vor Steuern von knapp 970 Millionen Euro.

Snapchat wiederum wies für das Geschäftsjahr 2016 bei einem Umsatz von umgerechnet gut 375 Millionen Euro einen Verlust von mehr als 480 Millionen Euro aus. Die Bewertung des Snap-Konzerns entspräche damit dem 57-fachen des Umsatzes, während Beiersdorf nur auf das Dreifache kommt.


Das Wachstum schwächt sich ab

Die DSW verweist zudem auf die schlechten Erfahrungen, die Anleger mit Aktien des Kurznachrichtendienstes Twitter gemacht haben: Der Kurznachrichtendienst wies zur Zeit seines Börsengangs im November 2013 Umsätze von einer halben Milliarde Euro aus und produzierte Verluste in Höhe von gut 133 Millionen Euro.

Geld sollte vor allem im hart umkämpften Online-Werbemarkt verdient werden. Twitter macht aber nach wie vor Verlust. „Der Twitter-Kursverlauf ist ein Paradebeispiel für eine Gesellschaft, die mit hohen Erwartungen gestartet ist, die dann nicht vollständig erfüllt werden konnten“, so Tüngler. Auch im Börsenprospekt von Snap findet sich der Warnhinweis, dass das Unternehmen vielleicht niemals Gewinn erwirtschaften wird.

Gewinne machten bei Twitter vor allem die Anleger, die den frühzeitigen Ausstieg wählten. „Wer heute noch dabei ist und die Aktie damals zum ersten Kurs von rund 38 Euro gekauft hat, sitzt mittlerweile auf einem Verlust von 54 Prozent“, betont Tüngler.

Deutsche Anleger hätten ja kaum die Chance, direkt beim Börsengang einzusteigen und nur den Emissionspreis von knapp 24 Euro zu zahlen. Das sei zumindest ein Grund, über einen Einstieg bei Snapchat erst einmal intensiv nachzudenken und sich vor allem über das hohe Risiko bewusst zu sein, mahnt der Anlegerschützer.

Zumal sich das Wachstum der Foto-App zuletzt abgeschwächt hat: Die Zahl der durchschnittlichen täglichen aktiven Nutzer lag im vierten Quartal 2016 bei 158 Millionen. Das ist ein Plus von 48 Prozent zum Vorjahr. Doch gegenüber dem dritten Quartal 2016 ist das nur noch ein Plus von drei Prozent. Ein Grund ist die Konkurrenz durch Facebook. Der Chef des sozialen Netzwerks, Mark Zuckerberg, wollte Snapchat für drei Milliarden Dollar kaufen, kam aber nicht zum Zug. Seitdem baut er seine Fotoplattform Instagram zum Snapchat-Wettbewerber aus.

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