Börsengang in New York Uber dürfte Geschichte schreiben – nicht unbedingt eine positive

Proteste von Uber-Fahrern in New York Quelle: imago images

45 Dollar: Der Ausgabepreis für eine Aktie von Taxi-Schreck Uber liegt unter dem, was sich die Uber-Anteilseigner erhofft hatten. Der Börsengang dürfte dennoch Geschichte schreiben – aber nicht unbedingt eine positive.

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Taxi-Schreck Uber bekommt kurz vor seinem Börsengang heftig Gegenwind: „Es ist an der Zeit, die Ausbeutung zu beenden“, twitterte etwa Australiens Gewerkschaft der Transportarbeiter. Der britischen Gewerkschaft IWGB zufolge wiederum ist den Fahrern der milliardenschwere Börsengang ein Dorn im Auge. Der beschere Investoren enorme Einnahmen, während ihre eigene Bezahlung weiter sinke. In den sozialen Medien solidarisierten sich Nutzer diese Woche durch den Hashtag #UberShutDown mit den zumeist frei angestellten Uber-Fahrern, die einen großen Teil der Betriebskosten selbst tragen müssen.

Es gibt viele Gründe für Ubers schlechtes Image: Proteste von Taxi-Fahrern, die Uber Preisdumping und die Zerstörung ihres Berufsstandes vorwerfen, der wenig regel- und gesetzestreue Einstieg in Auslandsmärkte, Skandale im Ex-Management, massive Kritik an Arbeitsbedingungen oder auch der Vorwurf, einer diskriminierenden und sexistischen Unternehmenskultur . Auch der Börsengang ist nicht gerade ein Leuchtturmprojekt für den Kapitalmarkt. Aber er ist groß, der größte, seit Asiens Amazon-Konkurrent Alibaba 2014 an der Wall Street sein Debüt gab. Allein deshalb sollten Anleger ihm Beachtung schenken.

Uber wird zur Erstnotierung an der New Yorker Börse nunmehr mit 82 Milliarden Dollar bewertet. Das ist weit weniger als die 100 Milliarden Dollar, von denen bei Vorlage der Börsenpläne die Rede war. Aber immer noch mehr als etwa die Marktkapitalisierung der US-Investmentbank Goldman Sachs, die auf etwa 74 Milliarden Dollar kommt. Der Vergleich muss erlaubt sein, denn Uber-Chef Dara Khosrowshahi sagte noch im Dezember zum geplanten Börsengang, wer eine absehbar profitable Firma wolle, solle lieber eine Bank kaufen.

Zum Vergleich: Während Goldman Sachs im Jahr 2018 bei 49 Milliarden Dollar Umsatz rund zehn Milliarden Gewinn nach Steuern auswies, fuhr Uber im vergangenen Jahr bei gut elf Milliarden Dollar Umsatz ein Minus von 1,9 Milliarden Dollar ein – Sondererlöse durch den Verkauf von Geschäftsteilen herausgerechnet. In den zwölf Monaten bis März 2019 soll der Verlust sogar auf 3,7 Milliarden Dollar geklettert sein. Anleger müssen also leidensfähig sein. Erst recht, wenn es Uber erstmals in der Unternehmensgeschichte mit einem Konjunkturtief zu tun bekommt. Eine Bank wie Goldman ist da sicher bis auf weiteres das bessere Investment.

Was die Investoren nun antreibt, Uber 8,1 Milliarden für die Ausgabe eines kleinen Teils der Aktien anzuvertrauen, sind offenbar zwei Dinge: Einerseits die Hoffnung auf eine Börsen-Erfolgsstory, wie sie sich auch bei Facebook, Tesla oder Twitter mit den Jahren gezeigt hat. Andererseits die Tatsache, dass Profi-Investoren dank der jahrelangen Geldflut der Notenbanken viel Kapital investieren können, ausreichend große Anlagemöglichkeiten aber immer seltener werden. Das schürt den Mut zum Risiko.

Nun wird mit Spannung erwartet, wie sich die neuen Aktien am ersten Handelstag schlagen. Die Kursentwicklung des kleineren Rivalen Lyft, der im März an die Börse gegangen ist und seitdem rund 20 Prozent eingebüßt hat, galt bis zuletzt als schlechtes Omen. Andererseits war auch die Facebook-Aktie zunächst keine Erfolgsstory. Heute ist Facebook an der Börse achtmal so viel wert wie beim Börsendebüt. Aber Uber ist nicht Facebook und es gibt viele gute Argumente für Anleger, die Finger von der Aktie zu lassen.

Wachstum gebremst, Entwicklung unabsehbar

Hinzu kommt: Jahrelang lockte das Unternehmen mit Turbowachstum, doch zuletzt ging es zumindest im Fahrdienst-Hauptgeschäft kaum noch voran. Hier stagnierte der Umsatz in den letzten drei Quartalen 2018 bei 2,3 Milliarden Dollar. Dass das Unternehmen dennoch so hoch gehandelt wird, liegt vor allem daran, dass Anleger auf Khosrowshahis Vision setzen: Uber vom Taxi-Schreck zum Mobilitäts-Allrounder zu machen.

Uber dominiert zwar den „Ride Sharing“-Markt für Fahrtenermittlungen über Smartphone-Apps. Geld zu verdienen gibt es hier jedoch noch nicht - auch Lyft ist tief in den roten Zahlen. Uber betreibt auch schon Services für Essenslieferungen, Frachtvermittlung für Lkw-Fahrer sowie E-Bikes und -Tretroller. Das sind jedoch ebenfalls keine Bereiche, die bislang sonderlich lukrativ waren. Der langfristige Geschäftsplan baut auf technologischen Fortschritt. Roboterautos, die den Fahrer als Kostenfaktor beseitigen, gelten als Schlüssel zur Profitabilität. Doch bis dahin ist es noch ein weiter und ungewisser Weg.

Zumindest was den ramponierten Ruf angeht, hat es - trotz der jüngsten Streiks - schon Fortschritte gegeben. Seitdem der umstrittene Mitgründer Travis Kalanick nach einer Skandalserie den Chefposten räumen musste, bringt Khosrowshahi Stabilität in die Firma. Der vom Tourismus-Riesen Expedia abgeworbene Top-Manager bemüht sich durchaus erfolgreich, Uber ein freundlicheres Image zu geben. Auch den Fahrern kam Uber mit einer Trinkgeld-Option in der App immerhin ein Stück weit entgegen.

Jetzt wird es darauf ankommen, was Uber aus der Milliarden-Kapitalspritze macht. Und ob das durchaus rasante Wachstum – im Jahresvergleich wuchs der Umsatz um 42 Prozent – irgendwann die enormen Investitionen aufwiegt und die Gewinnzone erreichbar wird. Trotz der Warnung vor dauerhaften Verlusten im Börsenprospekt, die bei Hightech-Start-ups durchaus üblich sind, gibt sich Uber-Finanzchef Nelson Chai betont optimistisch: „Wir glauben fest daran, dass unser Geschäft langfristig wirtschaftlich ist“.

Zum Handelsstart erlebt der Fahrdienstvermittler einen deutlichen Kursverlust und stößt auf schwache Nachfrage von Anlegern. Der erste Kurs der unter dem Tickerkürzel „UBER“ gelisteten Papiere lag am Freitag bei 42 Dollar knapp sieben Prozent unter dem Ausgabepreis von 45 Dollar. Angesichts der schlechten Stimmung am Markt hatte sich bereits abgezeichnet, dass die Nachfrage verhalten sein dürfte, dennoch ist der Handelsauftakt eine Enttäuschung.

Mit Material von dpa

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