Eine solch immense Erwartungshaltung gab es lange nicht. „Das ist kein bloßer Börsengang“, philosophierte die „New York Times“ in einem langen Artikel. „Das fühlt sich an wie eine kulturelle Veranstaltung, wie ein Höhepunkt der Technologie-Geschichte, wie ein einzigartiger Moment.“ Die Zeitung stellte Facebook-Gründer Mark Zuckerberg in eine Reihe mit Größen wie Johannes Gutenberg, dem Erfinder des Buchdrucks. Und auch hierzulande überbieten sich die Kommentatoren mit ihren Vergleichen, „Spiegel Online“ beispielsweise erklärt Zuckerberg bereits zum „Cyber-Cäsar“.
Die Zahlen sind in der Tat beeindruckend: Facebook wird auf einen Gesamtwert jenseits von 100 Milliarden Dollar kommen – und wäre damit so viel wert, wie Deutsche Bank, BMW und Adidas - zusammen.
Facebook könnte bis zu 18,4 Milliarden Dollar einsammeln. Damit würde das Zuckerberg-Unternehmen an die beiden größten Börsengänge der US-Geschichte anschließen: Die Kreditkartenfirma Visa hatte 2008 inklusive Mehrzuteilung 19,7 Milliarden Dollar eingenommen und der Autokonzern General Motors im Jahr 2010 nach seinem Neustart 18,1 Milliarden Dollar. Weltweit waren lediglich die Börsengänge dreier chinesischer Finanzkonzerne noch größer.
Kurssprung von 50 Prozent möglich
Beobachter rechnen damit, dass die Aktie am ersten Tag kräftig steigen wird. Denn die Nachfrage der Investoren war in den vergangenen Wochen derart stark, dass Facebook seinen Börsengang mehrfach ausweitete. Manche Experten trauen der Aktie bei ihrem Debüt einen Kurssprung von über 50 Prozent zu. „Ich denke, alles über 50 Prozent wird als erfolgreiche Emission betrachtet - alles unter 50 Prozent als enttäuschend. Viele Privatanleger kümmern sich nicht um die Bewertung“, sagte Jim Krampfel, Analyst bei Morningstar.
Dabei war lange unklar, wie weit Facebook tatsächlich mit seinen Preisvorstellungen gehen kann. Hochnervös haben die Märkte in den letzten Tagen auf jedes Detail rund um Facebook reagiert. So berichtete die amerikanische Nachrichtenagentur Bloomberg mit dem Verweis auf die berühmt-berüchtigten “informierten Personen” erst, dass die Nachfrage nach der Aktie unter institutionellen Investoren schwächer als erwartet sei. Hintergrund: Facebook-Gründer Mark Zuckerberg tingelt seit vergangener Woche durch die Finanzwelt, um für sein Unternehmen zu werben. Über Tage war dabei sein Kapuzenpulli das wichtigste Gesprächsthema an der Wall Street. Zahlreiche Banker und Beobachter nahmen es Zuckerberg übel, dass er so leger zu einem wichtigen Treffen mit Investoren erschien. Sie werteten es als Zeichen der Unreife und gar Indiz dafür, dass der 28-jährige kein Interesse daran habe, Geld zu verdienen.
Facebook hat die Preisspanne ausgereizt
Doch trotz solcher Unkenrufe scheint die Nachfrage nach dem Papier enorm: So erhöhte Facebook am Dienstag die Preisspanne für den Bezug der Aktien deutlich – auf 34 bis 38 Dollar von zuvor 28 bis 35 Dollar je Anteilssschein. Einen Tag später erhöht das Unternehmen dann auch noch die Zahl der angebotenen Aktien um stolze 25 Prozent auf nunmehr 421 Millionen Stück. Beides zusammen sorgt dafür, dass das Emissionsvolumen noch einmal deutlich anschwillt.
Zudem gelang es Facebook, die Aktien für 38 Dollar pro Stück an die Investoren zu bringen. Sie liegen damit am oberen Ende der Preisspanne von 34 bis 38 Dollar, wie das erst acht Jahre alte US-Unternehmen am Donnerstag mitteilte. Mit einem Börsenwert von 104 Milliarden Dollar ist Facebooks heutige Erstnotiz dadurch mit Abstand der größte Tech-Börsengang aller Zeiten.
Zuckerbergs Hauptkonkurrent Google hatte bei seinem Börsengang 2004 einen neuen Rekord aufgestellt. Damals wechselten Aktien für 1,7 Milliarden Dollar den Besitzer und Google kam auf eine Gesamtbewertung von 23 Milliarden Dollar. Heute sind es gut 200 Milliarden Dollar.
Doch erst wenn sich der Kurs von Facebook etwas eingependelt hat, wird endgültig feststehen, ob der Facebook-Börsengang ein Erfolg ist.