Börsenherbst "Für Aktien ein fast perfektes Szenario"

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"Die Tapering-Debatte ist eine Scheindebatte"

Was seit Jahresbeginn aus 100.000 Euro geworden ist
Silber62.510 EuroZu den größten Geldvernichtern gehörte die Anlage in Silber. Hätte man am 1. Januar 2013 100.000 Euro in Silber investiert, wäre das Investment am Ende des ersten Halbjahres nur noch 62.510 Euro wert. Silber gilt nicht nur als Schmuck- und Anlagemöglichkeit, sondern ist auch ein wichtiges Industriemetall. Schlechte Konjunkturnachrichten aus China ließen deshalb auch den Silberpreis fallen. Zudem belastete auch der Preisverfall bei Gold den Silberpreis.(Quelle: Handelsblatt, Ergebnisse gerundet, ohne Steuern und ohne Kosten für Wertpapierverkauf.)Stand: 30.06.2013 Quelle: dpa
Brasilianische Aktien73.320 EuroGroßveranstaltungen spalten das Land. Die horrenden Kosten für die Fußball-WM und die Olympischen Spiele, die in dem Land ausgetragen werden sollen, verärgern die Bevölkerung. Zumal die Regierung auf der anderen Seite die Kosten für den Nahverkehr erhöht. Brasilien erlebt 2013 einen Wachstumseinbruch. Bis Mai 2013 wuchs die Wirtschaftskraft gerade mal um 0,6 Prozent, gleichzeitig stieg die Inflationsrate auf 6,5 Prozent und die Lebensmittelpreise um 13 Prozent. Das machte brasilianische Aktien unattraktiv. Quelle: dpa
Gold74.490 EuroDer Goldpreis hat eine Talfahrt hinter sich wie lange nicht mehr. Der Preis pro Feinunze fiel sogar unter die Marke von 1.200 Dollar. An dem Edelmetall scheiden sich die Geister. Während einige Experten die mehr als 10-jährige Goldrally für beendet erklären, halten andere an ihrem Investment in Gold fest. Egal wie man die weiteren Aussichten für Gold bewertet, 2013 war es kein gutes Investment. Quelle: dpa
Namibische Aktien75.850 EuroNamibias Wirtschaft besteht zu 20 Prozent aus Bergbau. Neben Diamanten und Gold werden auch Industriemetalle wie Kupfer gefördert. Zwar gehört Namibia zu den reicheren Ländern Afrikas, hat aber eine sehr hohe Arbeitslosigkeit. Die sinkende Nachfrage von Rohstoffen belastet auch Namibias Unternehmen. Namibische Aktien haben im ersten Halbjahr somit aus 100.000 Euro 75.850 Euro gemacht. Quelle: dpa
Russische Aktien83.690 EuroHätte man sein Geld in russische Aktien an der Micex investiert, wäre man nicht gut gefahren. Nicht nur die Proteste gegen die Regierung, sondern auch die stotternde Wirtschaft belasten das Land. Russland ist der größte Energieproduzent der Welt. Doch außer der Energiesparte kann das Land wenig vorweisen. Russische Aktien gelten bei Investoren als unattraktiv, weil das Land mit zu vielen politischen Unsicherheiten belastet ist. Quelle: AP
Südafrikanische Aktien84.720 EuroBei der berühmten BRICS-Strategie steht das S für Südafrika. Investoren steckten viel Hoffnung in das aufstrebende Land. 2013 enttäuschte der Aktienmarkt jedoch. Während die Indizes der Industrieländer kletterten, ging es für die meisten Emerging Markets abwärts. Quelle: dpa
Kupfer85.940 EuroAnleger kündigen Rohstoffen die Treue. Das gilt auch für Kupfer. Das Industriemetall wird vor allem von China, dem rohstoffhungrigsten Land, nachgefragt. Jede Meldung über ein langsameres Wirtschaftswachstum Chinas belastete damit den Kupferpreis. Quelle: dpa

Andererseits fürchten Anleger offenbar, die US-Notenbank könnte den Geldhahn – Stichwort Tapering – langsam zudrehen. Das hat schon für Kursverluste an den Börsen gesorgt. Ist das nicht widersprüchlich?

Das ist eine große Verunsicherung, weil es weder für die derzeitige Geld-Sintflut und erst recht für deren wie auch immer geartete Normalisierung keine historische Blaupause gibt. Grundsätzlich ist diese Tapering-Debatte nur eine Scheindebatte. Denn selbst wenn Tapering dafür sorgt, dass im kommenden Jahr nicht ein Cent zusätzliche Liquidität in den Markt gepumpt wird, hält die US-Geldpolitik immer noch wichtige Trümpfe für einen wirtschaftlichen Aufschwung in der Hand.

Welche sehen Sie denn?

Erstens: Die Überschussreserven der Geschäftsbanken bei der US-Notenbank Fed von fast einer Billion Dollar. Die reichen mühelos aus, um die gesamte Volkswirtschaft der USA mehrfach zu refinanzieren. Uns droht also keine Liquiditätswüste. Wir sind nach wie vor im Regenwald der Liquidität. Zweitens: Der Notenbankzins wird ja auf absehbare Zeit unten bleiben. Außerdem hat die EZB noch gar nicht angefangen, ihre geldpolitische Munition zu verschießen. Drittens: Die japanische Notenbank entwickelt sich immer mehr zur globalen Gelddruckmaschine. Bei schwacher Währung, niedrigem Zins und viel Geld in Japan, kann man sich auch dort verschulden und das Geld rund um den Globus transferieren. Wir brauchen Bernankes Geldschwemme daher nicht mehr so.

Das müsste doch den meisten Börsianern ohnehin klar sein. Warum reagieren die Märkte dann auf jedes Räuspern von US-Notenbankchef Ben Bernanke so nervös?

Die Frage ist berechtigt. In den USA sind die Zinsen teilweise schon dramatisch gestiegen, obwohl Tapering noch gar nicht begonnen hat und die Fed weiter monatlich 85 Milliarden Dollar in den Anleihemarkt pumpt. In den Schwellenländern steigen die Zinsen so schnell, dass man dabei zuschauen kann. Dort werden massiv Investorengelder abgezogen. So, als wollten die Amerikaner den Chinesen mal zeigen, wer das Sagen in der Finanzwelt wirklich hat. Was die Märkte stört, ist die Verunsicherung, wann und wie das Tapering kommt. Das Warten macht die Finanzmärkte nervös.

Die Kapitalmärkte müssen aber weiter einen Schwenk zu einer restriktiven Notenbankpolitik fürchten.

Wenn die Katze aus dem Sack ist, werden sich die Märkte beruhigen und merken: Mehr Wasser im Schwimmbad als bis zur Oberkante Beckenrand bringt nichts. Der Rest läuft nur über und kann gar nicht genutzt werden. Die Investoren werden also erkennen, dass die Liquidität nicht abnimmt, sondern nur der Zuwachs an Liquidität gebremst wird. Bernanke will in seinen letzten Wochen im Amt mit seinem Tapering verhindern, dass Aktienmärkte, Rohstoffmärkte, Gold- und Immobilienpreise im Turmbau zu Babel münden. Er möchte verbal seine Liquiditätspolitik normalisieren, was in der Realität aber nicht passiert, denn dann müsste er Geld aus dem System abziehen.

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