Wie das Deutsche Aktieninstitut im vergangenen Jahr ausgerechnet hat, sind im Frankfurter Leitindex Dax vor allem der Mai und der September verlustträchtig. Als einzige Monate bescheren sie Anlegern im Durchschnitt seit 1948 ein Minus: der Mai -0,1 Prozent, der September sogar -0,6 Prozent. Legt man wie die hessische Landesbank einen Durchschnitt seit 1965 zugrunde, sind es der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zufolge sogar drei Verlustmonate: im Mai durchschnittlich -0,3 Prozent, im August -0,4 Prozent und im September sogar -1,7 Prozent.
Eine Strategie, bei der die Aktienbestände im Mai verkauft, das Geld fest verzinst geparkt und erst im September oder Oktober neu investiert werden, kann sich also lohnen – allerdings nur sehr langfristig. Denn einzelne Jahre weichen durchaus stark von den Durchschnittsrenditen ab. In der Untersuchung vom Deutschen Aktieninstitut gab es durchaus einzelne Jahre mit Kurssprüngen zwischen 15 und 22 Prozent in einzelnen Sommermonaten. Allerdings ging es manchmal auch gleich um zehn bis 25 Prozent abwärts.
Schon das vergangene Jahr war eine deutliche Ausnahme von der Regel: Nach einem verhaltenen Jahresauftakt waren die Kurse allein im Mai und im September um jeweils rund sechs Prozent in die Höhe geklettert. Am Ende bescherte das Börsenjahr 2013 den Dax-Anlegern ein Plus von etwa 25 Prozent. Auch 2012 war der Dax zwischen Mai und September um 25 Prozent gestiegen. Anleger, die sich in den Sommermonaten wegen der alten Saisonregel vom Aktienmarkt zurückgezogen hatten, dürften sich über die entgangenen Gewinne geärgert haben.
Kritiker bemängeln daher an den statistischen Belegen für die „Sell in May“-Regel, dass das Ergebnis wesentlich dadurch beeinflusst wird, über wie viele Jahre und welchen konkreten Zeitraum die saisonalen Börseneffekte untersucht werden. Die alte Börsenregel ist damit keine, auf die sich Anleger verlassen können.
Was für einen schwachen Börsensommer spricht
Dass diese saisonalen Effekte statistisch auftreten, begründen Börsenkenner gern mit dem Verhalten der professionellen Investoren, etwa von Fondsmanagern und Vermögensverwaltern von Pensionsfonds oder Versicherungen. Zum einen sind die Sommermonate traditionell von schwachem Handel geprägt, die Risiken durch größere Kursschwankungen nehmen zu. Daher würden viele Investoren ihr Portfolio bereinigen und schwankungsanfällige Aktien verkaufen. In den Wintermonaten hingegen würden sie wieder aktiv handeln, um zum Jahresabschluss zu zeigen, dass sie auf die richtigen Aktien gesetzt haben – Börsianer sprechen hier von „Window Dressing“. Auch im ersten Quartal sind diese Profis sehr aktiv, um sich am Markt richtig zu positionieren. Daher hätten die Wintermonate an der Börse besonders viel Schwung.
Andererseits ist kaum nachvollziehbar, dass die Börsen im Sommer nur träge vor sich hin dümpeln sollen, weil viele Investoren in den Ferien sind und sich nicht mit der Börsenentwicklung beschäftigen. Im Zeitalter von Internet, Smartphone und Tablet-Computer sind Börseninformationen und Börsenhandel bequem, jederzeit und überall zu bewerkstelligen.