Börsenregel Die Angst vor der Börsenflaute geht um

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Ausnahmen von der Regel

Tipps fürs Börsenjahr 2014
Blick in die GlaskugelSelten waren Analysten bei ihrem jährlichen Blick in die Börsen-Glaskugel so optimistisch wie in diesem Jahr. Im Schnitt erwarten die Banken, dass der deutsche Leitindex Dax am Ende des Jahres bei rund 10.120 Punkten steht. Die größten Optimisten, in diesem Jahr die Analysten von Barclays, erwarten sogar einen Sprung auf 11.000 Punkte. Es gibt aber auch skeptische Stimmen. Die Helaba und die National Bank aus Essen rechnen damit, dass der Schlussstand 2014 etwas unter dem von 2013 liegen wird. "Das war eine ziemlich unglaubliche Rally und irgendwann werden wir eine Korrektur sehen müssen, wenn voraussichtlich auch noch nicht im Januar", prognostizierte Aktienstratege Peter Garnry von der Saxo Bank. Quelle: dpa
Geldpolitischer KurstreiberGrund zur Skepsis gibt es. Denn es sind weniger die fundamentalen Daten, die die Kurse in die Höhe schießen lassen, als die Handlungen der Notenbanker. Mit ihrer ultra-expansiven Geldpolitik haben EZB-Chef Mario Draghi und Fed-Chef Ben Bernanke den Grundstein für die Börsen-Rally 2013 gelegt. Bernanke kündigte kurz vor Weihnachten an, die Wertpapierkäufe der Fed langsam um 10 Milliarden Euro zurückzufahren. Damit sorgte er für ein Jahresend-Feuerwerk an den Börsen, der Dax kletterte auf über 9600 Punkte und damit auf den höchsten Stand aller Zeiten. Auch 2014 wird vieles an den Börsen von Draghi und Co. abhängen. Zieht die Fed ihr Tapering durch? Schafft auch die EZB die Kehrtwende? Oder senkt Draghi die Zinsen noch weiter? Genug Unruhepotenzial gibt es auf jeden Fall. Quelle: dpa
Einstieg verpasst?Um rund 25 Prozent hat der Dax im vergangenen Jahr zugelegt. Das Problem: Viele Privatanleger in Deutschland konnten davon nicht profitieren. Die Furcht vor Blasen am Aktienmarkt ist noch so präsent wie nach dem Zusammenbruch des Neuen Marktes. Nur langsam kehren Anleger an die Börse zurück, an den globalen Aktienmärkten war 2013 das erste Jahr seit 2006 mit einem Nettozufluss. Laut dem deutschen Fondsverband BVI wurden zwischen Januar und Oktober sogar über sechs Milliarden Euro aus Aktienfonds abgezogen. Dabei gibt es auch für sicherheitsbewusste Anleger passende Aktieninvestments. Quelle: AP
Für SicherheitsfansAuch sicherheitsbewusste Anleger müssen nicht auf Aktien verzichten. Allerdings birgt die Auswahl einzelner Aktien höhere Risiken, gewisse Marktkenntnisse sind erforderlich. Einfacher haben es Anleger mit Indexzertifikaten. Deren Entwicklung ist nicht an einzelne Papiere, sondern an jeweils einen ganzen Index wie beispielsweise den Dax geknüpft. Steigt der Leitindex, ist auch das Zertifikat mehr wert. Zwar ist mit einer Mischung aus Einzelaktien im Zweifel eine noch höhere Rendite drin, dafür ist das Risiko bei Indexzertifikaten aufgrund der Mischung vergleichsweise gering. Hinzu kommt, dass die Papiere im Vergleich zu aktiv gemanagten Fonds günstig sind. Quelle: AP
Überschaubares RisikoWer dennoch Geld für einen aktiv gemanagten Fonds investieren will und Wert legt auf ein überschaubares Risiko, setzt am besten auf Mischfonds. Hier wird nicht nur in Aktien, sondern auch in festverzinsliche Papiere wie Anleihen investiert. Bekannt für ausgewogene Mischfonds ist der Kölner Vermögensverwalter Flossbach von Storch von Bert Flossbach und Kurt von Storch. Ihr Fonds Multiple Opportunities R investiert neben Aktien und Anleihen auch in Edelmetalle. Die Manager haben dabei keine Beschränkungen, was den Anteil von Aktien oder Anleihen angeht. Was zählt, ist die positive absolute Rendite. Auch DWS-Fondsmanager Klaus Kaldemorgen ist für seinen ausgewogenen Mischfonds bekannt. Quelle: dpa
DividendenjagdWer als sicherheitsverliebter Anleger auf Aktien setzen will, stürzt sich mit Vorliebe auf dividendenstarke Titel. Grundsätzlich kann die Strategie zum Erfolg führen. Allerdings ist auch da Vorsicht geboten. Denn nicht immer bedeutet eine hohe Dividende gleichzeitig ein florierendes Geschäftsmodell. Wird die Dividende aus der Substanz gezahlt statt aus erwirtschafteten Gewinnen, ist das kein gutes Zeichen. Dennoch gibt es einige Papiere, die sich auch aufgrund ihrer stabilen Ausschüttungen lohnen. Im Dax gehört dazu die Allianz. Die Versicherung ist für eine stetige Ausschüttungspolitik bekannt, außerdem ist die Aktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von weniger als dem zehnfachen des Jahresgewinns vergleichsweise günstig. Ähnlich sieht es beim Rückversicherer Munich Re aus. Wem die Auswahl einzelner Aktien zu kompliziert ist, kann auch hier auf einen Fonds setzen. Einige investieren gezielt in Papiere mit hoher Dividendenrendite, etwa der DWS Top Dividende oder der M&G Global Dividend A. Quelle: dpa/dpaweb
Mittleres RisikoWer mit Zukäufen ins neue Jahr starten will und etwas risikofreudiger ist, kann auf einzelne Aktien setzen. Dabei muss immer auf den Preis geachtet werden. Gerade lukrative Papiere im MDax, der zweiten Börsenliga, sind oft schon sehr teuer - Anleger zahlen ein Vielfaches des Jahresgewinns für eine Aktie. Es gibt aber auch noch Aktien großer Dax-Konzerne, die erschwinglich sind. Dazu zählt unter anderem die VW-Aktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von unter zehn. Sollte die globale Konjunktur 2014 wie erwartet weiter anziehen, dürften die Wolfsburger davon profitieren. Insbesondere die Entwicklung in China ist entscheidend. Auch Vorzugsaktien von BMW punkten bei Privatanlegern mit einem niedrigen KGV bei gleichzeitig attraktiver Dividendenrendite. Wem die Rendite bei Mischfonds zu niedrig ausfällt, der kann auch auf spezialisierte Fonds setzen, die beispielsweise gezielt in deutsche, europäische oder US-Aktien investieren. Quelle: dpa

Wie das Deutsche Aktieninstitut im vergangenen Jahr ausgerechnet hat, sind im Frankfurter Leitindex Dax vor allem der Mai und der September verlustträchtig. Als einzige Monate bescheren sie Anlegern im Durchschnitt seit 1948 ein Minus: der Mai -0,1 Prozent, der September sogar -0,6 Prozent. Legt man wie die hessische Landesbank einen Durchschnitt seit 1965 zugrunde, sind es der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zufolge sogar drei Verlustmonate: im Mai durchschnittlich -0,3 Prozent, im August -0,4 Prozent und im September sogar -1,7 Prozent.

Eine Strategie, bei der die Aktienbestände im Mai verkauft, das Geld fest verzinst geparkt und erst im September oder Oktober neu investiert werden, kann sich also lohnen – allerdings nur sehr langfristig. Denn einzelne Jahre weichen durchaus stark von den Durchschnittsrenditen ab. In der Untersuchung vom Deutschen Aktieninstitut gab es durchaus einzelne Jahre mit Kurssprüngen zwischen 15 und 22 Prozent in einzelnen Sommermonaten. Allerdings ging es manchmal auch gleich um zehn bis 25 Prozent abwärts.

Schon das vergangene Jahr war eine deutliche Ausnahme von der Regel: Nach einem verhaltenen Jahresauftakt waren die Kurse allein im Mai und im September um jeweils rund sechs Prozent in die Höhe geklettert. Am Ende bescherte das Börsenjahr 2013 den Dax-Anlegern ein Plus von etwa 25 Prozent. Auch 2012 war der Dax zwischen Mai und September um 25 Prozent gestiegen. Anleger, die sich in den Sommermonaten wegen der alten Saisonregel vom Aktienmarkt zurückgezogen hatten, dürften sich über die entgangenen Gewinne geärgert haben.

Kritiker bemängeln daher an den statistischen Belegen für die „Sell in May“-Regel, dass das Ergebnis wesentlich dadurch beeinflusst wird, über wie viele Jahre und welchen konkreten Zeitraum die saisonalen Börseneffekte untersucht werden. Die alte Börsenregel ist damit keine, auf die sich Anleger verlassen können.

Was für einen schwachen Börsensommer spricht

Dass diese saisonalen Effekte statistisch auftreten, begründen Börsenkenner gern mit dem Verhalten der professionellen Investoren, etwa von Fondsmanagern und Vermögensverwaltern von Pensionsfonds oder Versicherungen. Zum einen sind die Sommermonate traditionell von schwachem Handel geprägt, die Risiken durch größere Kursschwankungen nehmen zu. Daher würden viele Investoren ihr Portfolio bereinigen und schwankungsanfällige Aktien verkaufen. In den Wintermonaten hingegen würden sie wieder aktiv handeln, um zum Jahresabschluss zu zeigen, dass sie auf die richtigen Aktien gesetzt haben – Börsianer sprechen hier von „Window Dressing“. Auch im ersten Quartal sind diese Profis sehr aktiv, um sich am Markt richtig zu positionieren. Daher hätten die Wintermonate an der Börse besonders viel Schwung.

Andererseits ist kaum nachvollziehbar, dass die Börsen im Sommer nur träge vor sich hin dümpeln sollen, weil viele Investoren in den Ferien sind und sich nicht mit der Börsenentwicklung beschäftigen. Im Zeitalter von Internet, Smartphone und Tablet-Computer sind Börseninformationen und Börsenhandel bequem, jederzeit und überall zu bewerkstelligen.

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