Börsenregel Die Angst vor der Börsenflaute geht um

"Sell in May and go away" lautet eine Regel. Denn die Sommermonate an der Börse gelten als schwach. Was an der Börsenweisheit stimmt und welche Strategie besser ist.

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Die letzten Apriltage dürften die Anleger versöhnt haben. Nach deutlichen Kursverlusten hat die Börse in Frankfurt zum Monatsabschluss nochmal nach oben gedreht und sich allmählich wieder auf das Niveau vom Monatsbeginn gekämpft – wo der Aktienindex Dax auch schon zum Jahresbeginn lag. Unter dem Strich haben Anleger, die seit Jahresbeginn dabeigeblieben sind, also vergeblich auf Kursgewinne gehofft. Es sei denn, sie haben die starken Kursschwankungen im Dax für Käufe und Verkäufe genutzt und von Gewinnmitnahmen profitiert.

Jetzt steht der Mai vor der Tür und so mancher Anleger dürfte die Nase rümpfen. Denn vielen Börsianern gilt der Wonnemonat Mai als Beginn einer flauen Sommerperiode an den Börsen, die bis Ende September oder sogar Oktober andauern kann. Das ist kein alter Aberglaube, sondern von Wissenschaftlern und Analysten in vielen statistischen Untersuchungen zu den Aktienmärkten mit Zahlen untermauert worden. Das Problem: Es ist eine statistische Auffälligkeit, deren Ursache nicht klar auszumachen ist oder aber deren Begründung an den modernen Aktienmärkten nicht mehr so zutreffend sind, wie in den Jahrzehnten, die die Statistik geprägt haben. Anders gesagt: Dass die Sommermonate an der Börse eher schwach sind, ist statistisch wahrscheinlicher als eine Börsenrally im Sommer, dennoch kann es auch ganz anders kommen. Die entscheidende Frage lautet daher: Trifft die Regel „Sell in May“ im laufenden Jahr wieder oder sogar in besonderem Maße zu?

Die nutzlosesten Börsenweisheiten
"The Trend is your friend""Der Trend ist dein Freund" gehört wohl in die Kategorie der irreführenden Börsenweisheiten. Denn es animiert Anleger dazu, einem Aufwärts- oder Abwärtstrend durch Käufe oder Verkäufe von Wertpapieren zu folgen, blendet dabei aber aus, das Trends endlich sind und auch jäh kippen können. Das Problem: Die Gefahr ist hoch, dass der Anleger zu spät auf den fahrenden Zug aufspringt und er bis zu der Erkenntnis, dass sich der Freund "Trend" von einem abgewendet hat, hohe Verluste eingefahren hat. Gerade in turbulenten Börsenzeiten wie in den vergangenen Jahren wechseln Trends sehr häufig und sehr schnell.Quelle: "Sell in May and go away - Was die Börsenweisheiten von Kostolany, Buffett und Co. heute noch taugen", von Jessica Schwarzer (Handelsblatt), erschienen im Börsenbuchverlag im Dezember 2013 , sowie eigene Recherchen. Quelle: dpa
"Sell in may and go away"Eine weit verbreitete Börsenweisheit, die die Entscheidung zu kaufen oder zu verkaufen anhand des Kalenders propagiert. Doch leider hält sich die Kursentwicklung an der Börse nicht an Termine. Zwar nimmt der Handel in den Sommermonaten oftmals ab und im Herbst wieder zu, doch gibt es in der Historie auch reichlich Gegenbeispiele. Etwa den Mai 2013, als der deutsche Hauptindex Dax seine Rekordjagd begann und nur in diesem einen Monat um sechs Prozent zulegte. Letzten Endes ist es nicht das Datum, sondern die erwartete Wirtschaftslage, die über Auf und Ab an der Börse entscheidet. Quelle: Fotolia
"Timing ist alles"Jeder möchte Aktien gerne kaufen, wenn die Kurse auf dem Tiefpunkt sind, und verkaufen, wenn sie ihren Zenit erreichen. Das Problem: Wann Hoch- oder Tiefpunkt erreicht wurden, wissen Anleger erst im Nachhinein. Denn leider klingelt kein Wecker, wenn die Kauf- und Verkaufskurse optimal sind. Nicht einmal Profis gelingt das perfekte Timing ohne eine große Portion Glück - aber sie erkennen, wann eine Aktie günstig bewertet oder schon zu teuer ist und verfolgen meist eine langfristige Strategie. Wer aber versucht, immer in die Kurstäler und -spitzen zu handeln, generiert hohe Handelsgebühren, die viel von der Rendite aufzehren. Hier gilt eher der Börsenspruch: "Durch eine verpasste Gelegenheit ist noch niemand arm geworden." Gleiches gilt für Gewinnmitnahmen bevor der Kurs seinen Gipfel erklommen hat. Quelle: dpa
"Beim Denken ans Vermögen, leidet oft das Denkvermögen"Diesen Spruch gibt es auch in vereinfachter Form: Gier frisst Hirn. Zwar neigt die Psyche des Menschen dazu, sich die eigenen Fehler schönzureden und wer allzu gierig ist, schlägt leicht über die Stränge oder geht allzu vollmundigen Versprechen oder gar Betrügern auf den Leim. Aber im Grunde ist diese Erkenntnis nutzlos, denn schließlich kann sich kein Anleger seiner Psyche entziehen. Der einzige Rat der daraus folgt, sollte für Anleger an der Börse eigentlich eine banale Selbstverständlichkeit sein: Bewerten Sie die Fakten so objektiv wie möglich und verlassen Sie sich nicht einfach auf ihr Bauchgefühl. Das weiß aber jeder Anleger, der schon einmal zulange an einem Wertpapier festgehalten und dadurch schmerzliche Verluste gemacht hat. Quelle: dpa
"Buy on bad news, sell on good news"Grundsätzlich ist es ja richtig: Gibt es zu einer Aktie schlechte Nachrichten, fällt in der Regel der Kurs, und das Papier kann billig gekauft werden. Aber häufig sind bei Unternehmen in Schwierigkeiten ganze Serien schlechter Nachrichten zu beobachten, so dass die Kurse immer noch tiefer fallen. Woher sollen Anleger auch wissen, ob es nicht noch schlimmer kommt? Umgekehrt gilt das ebenso: Es gibt Unternehmen, die regelmäßig mit ihren Ergebnissen die Markterwartungen übertreffen. Wer gleich bei der ersten positiven Überraschung verkauft, verpasst womöglich das Beste. Beispiele dafür waren in der Vergangenheit etwa Werte wie Apple oder Google. Was die Zukunft aber bringt, kann kein Anleger wissen. Quelle: AP
Hermann Josef Abs und Josef Fischer Quelle: Picture-Alliance/dpa
"Ein Spekulant der auf fallende Kurse setzt, gräbt eine Grube, in die andere hineinfallen."Hintergrund ist, dass zum Beispiel Hedgefonds Aktien verkaufen können, die sie gar nicht besitzen. Geschieht das in großer Menge, fallen die Kurse und der Spekulant kann die Aktien günstiger kaufen, um seine Verkaufsposition auszugleichen - und erzielt so einen Spekulationsgewinn auf Kosten der anderen Aktionäre. Die Erkenntnis hilft einem Privatanleger jedoch wenig, denn mit seinen kleinen Handelspositionen ist er dem Auf und Ab durch derlei Kursmanipulationen zunächst ausgeliefert. Ist der Kurssturz jedoch nicht durch fundamentale Daten wie Umsatz, Gewinn oder Cash-Flow eines Unternehmens untermauert, dürfte sich eine so heruntergeprügelte Aktie in der Folge wieder erholen. Anleger können die Schwächephase also aussitzen. Quelle: dpa

Unklare Ursache für schwachen Börsensommer

„Es gibt umfangreiche empirische Untersuchungen, die zeigen, dass sich die Monate Mai bis Oktober an den Aktienbörsen durchschnittlich schwächer entwickeln als die Monate November bis April“, sagt etwa Allan Valentiner, Leiter Portfolio Management bei AMF Capital. „Dennoch sei die Behauptung aufgeworfen, dass es sich bei dieser Börsenregel um eine 'self-fulfilling prophecy' der letzten Jahrzehnte handelt: Je mehr Investoren sich an einer vermeintlichen Börsenregel orientieren, desto mehr entwickelt sie eine Eigendynamik und erfüllt sich letztlich selbst.“

Der Blick auf die statistischen Erkenntnisse lässt Anleger weitgehend ratlos. Unabhängig davon, ob die Börsen von New York, London oder Frankfurt unter die Lupe genommen wurden: Im statistischen Mittel sind die Monate von Mai bis September eher schwächer. Ben Jacobsen, Finanzprofessor an der Massey University in Neuseeland, hat das zum Beispiel bei einer Untersuchung des US-Börsenindizes Dow Jones bestätigt. In seiner Analyse der Börsenentwicklung seit 1896 waren die Sommermonate von Mai bis Oktober mit einem durchschnittlichen Gewinn von zwei Prozent deutlich schwächer als die Wintermonate mit einem Plus von 5,4 Prozent. Der Renditeunterschied zwischen Sommer und Winter, so Jacobsen gegenüber dem US-Anlegermagazin Barron’s, sei in den vergangenen Jahrzehnten sogar noch größer geworden.

Ausnahmen von der Regel

Tipps fürs Börsenjahr 2014
Blick in die GlaskugelSelten waren Analysten bei ihrem jährlichen Blick in die Börsen-Glaskugel so optimistisch wie in diesem Jahr. Im Schnitt erwarten die Banken, dass der deutsche Leitindex Dax am Ende des Jahres bei rund 10.120 Punkten steht. Die größten Optimisten, in diesem Jahr die Analysten von Barclays, erwarten sogar einen Sprung auf 11.000 Punkte. Es gibt aber auch skeptische Stimmen. Die Helaba und die National Bank aus Essen rechnen damit, dass der Schlussstand 2014 etwas unter dem von 2013 liegen wird. "Das war eine ziemlich unglaubliche Rally und irgendwann werden wir eine Korrektur sehen müssen, wenn voraussichtlich auch noch nicht im Januar", prognostizierte Aktienstratege Peter Garnry von der Saxo Bank. Quelle: dpa
Geldpolitischer KurstreiberGrund zur Skepsis gibt es. Denn es sind weniger die fundamentalen Daten, die die Kurse in die Höhe schießen lassen, als die Handlungen der Notenbanker. Mit ihrer ultra-expansiven Geldpolitik haben EZB-Chef Mario Draghi und Fed-Chef Ben Bernanke den Grundstein für die Börsen-Rally 2013 gelegt. Bernanke kündigte kurz vor Weihnachten an, die Wertpapierkäufe der Fed langsam um 10 Milliarden Euro zurückzufahren. Damit sorgte er für ein Jahresend-Feuerwerk an den Börsen, der Dax kletterte auf über 9600 Punkte und damit auf den höchsten Stand aller Zeiten. Auch 2014 wird vieles an den Börsen von Draghi und Co. abhängen. Zieht die Fed ihr Tapering durch? Schafft auch die EZB die Kehrtwende? Oder senkt Draghi die Zinsen noch weiter? Genug Unruhepotenzial gibt es auf jeden Fall. Quelle: dpa
Einstieg verpasst?Um rund 25 Prozent hat der Dax im vergangenen Jahr zugelegt. Das Problem: Viele Privatanleger in Deutschland konnten davon nicht profitieren. Die Furcht vor Blasen am Aktienmarkt ist noch so präsent wie nach dem Zusammenbruch des Neuen Marktes. Nur langsam kehren Anleger an die Börse zurück, an den globalen Aktienmärkten war 2013 das erste Jahr seit 2006 mit einem Nettozufluss. Laut dem deutschen Fondsverband BVI wurden zwischen Januar und Oktober sogar über sechs Milliarden Euro aus Aktienfonds abgezogen. Dabei gibt es auch für sicherheitsbewusste Anleger passende Aktieninvestments. Quelle: AP
Für SicherheitsfansAuch sicherheitsbewusste Anleger müssen nicht auf Aktien verzichten. Allerdings birgt die Auswahl einzelner Aktien höhere Risiken, gewisse Marktkenntnisse sind erforderlich. Einfacher haben es Anleger mit Indexzertifikaten. Deren Entwicklung ist nicht an einzelne Papiere, sondern an jeweils einen ganzen Index wie beispielsweise den Dax geknüpft. Steigt der Leitindex, ist auch das Zertifikat mehr wert. Zwar ist mit einer Mischung aus Einzelaktien im Zweifel eine noch höhere Rendite drin, dafür ist das Risiko bei Indexzertifikaten aufgrund der Mischung vergleichsweise gering. Hinzu kommt, dass die Papiere im Vergleich zu aktiv gemanagten Fonds günstig sind. Quelle: AP
Überschaubares RisikoWer dennoch Geld für einen aktiv gemanagten Fonds investieren will und Wert legt auf ein überschaubares Risiko, setzt am besten auf Mischfonds. Hier wird nicht nur in Aktien, sondern auch in festverzinsliche Papiere wie Anleihen investiert. Bekannt für ausgewogene Mischfonds ist der Kölner Vermögensverwalter Flossbach von Storch von Bert Flossbach und Kurt von Storch. Ihr Fonds Multiple Opportunities R investiert neben Aktien und Anleihen auch in Edelmetalle. Die Manager haben dabei keine Beschränkungen, was den Anteil von Aktien oder Anleihen angeht. Was zählt, ist die positive absolute Rendite. Auch DWS-Fondsmanager Klaus Kaldemorgen ist für seinen ausgewogenen Mischfonds bekannt. Quelle: dpa
DividendenjagdWer als sicherheitsverliebter Anleger auf Aktien setzen will, stürzt sich mit Vorliebe auf dividendenstarke Titel. Grundsätzlich kann die Strategie zum Erfolg führen. Allerdings ist auch da Vorsicht geboten. Denn nicht immer bedeutet eine hohe Dividende gleichzeitig ein florierendes Geschäftsmodell. Wird die Dividende aus der Substanz gezahlt statt aus erwirtschafteten Gewinnen, ist das kein gutes Zeichen. Dennoch gibt es einige Papiere, die sich auch aufgrund ihrer stabilen Ausschüttungen lohnen. Im Dax gehört dazu die Allianz. Die Versicherung ist für eine stetige Ausschüttungspolitik bekannt, außerdem ist die Aktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von weniger als dem zehnfachen des Jahresgewinns vergleichsweise günstig. Ähnlich sieht es beim Rückversicherer Munich Re aus. Wem die Auswahl einzelner Aktien zu kompliziert ist, kann auch hier auf einen Fonds setzen. Einige investieren gezielt in Papiere mit hoher Dividendenrendite, etwa der DWS Top Dividende oder der M&G Global Dividend A. Quelle: dpa/dpaweb
Mittleres RisikoWer mit Zukäufen ins neue Jahr starten will und etwas risikofreudiger ist, kann auf einzelne Aktien setzen. Dabei muss immer auf den Preis geachtet werden. Gerade lukrative Papiere im MDax, der zweiten Börsenliga, sind oft schon sehr teuer - Anleger zahlen ein Vielfaches des Jahresgewinns für eine Aktie. Es gibt aber auch noch Aktien großer Dax-Konzerne, die erschwinglich sind. Dazu zählt unter anderem die VW-Aktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von unter zehn. Sollte die globale Konjunktur 2014 wie erwartet weiter anziehen, dürften die Wolfsburger davon profitieren. Insbesondere die Entwicklung in China ist entscheidend. Auch Vorzugsaktien von BMW punkten bei Privatanlegern mit einem niedrigen KGV bei gleichzeitig attraktiver Dividendenrendite. Wem die Rendite bei Mischfonds zu niedrig ausfällt, der kann auch auf spezialisierte Fonds setzen, die beispielsweise gezielt in deutsche, europäische oder US-Aktien investieren. Quelle: dpa

Wie das Deutsche Aktieninstitut im vergangenen Jahr ausgerechnet hat, sind im Frankfurter Leitindex Dax vor allem der Mai und der September verlustträchtig. Als einzige Monate bescheren sie Anlegern im Durchschnitt seit 1948 ein Minus: der Mai -0,1 Prozent, der September sogar -0,6 Prozent. Legt man wie die hessische Landesbank einen Durchschnitt seit 1965 zugrunde, sind es der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zufolge sogar drei Verlustmonate: im Mai durchschnittlich -0,3 Prozent, im August -0,4 Prozent und im September sogar -1,7 Prozent.

Eine Strategie, bei der die Aktienbestände im Mai verkauft, das Geld fest verzinst geparkt und erst im September oder Oktober neu investiert werden, kann sich also lohnen – allerdings nur sehr langfristig. Denn einzelne Jahre weichen durchaus stark von den Durchschnittsrenditen ab. In der Untersuchung vom Deutschen Aktieninstitut gab es durchaus einzelne Jahre mit Kurssprüngen zwischen 15 und 22 Prozent in einzelnen Sommermonaten. Allerdings ging es manchmal auch gleich um zehn bis 25 Prozent abwärts.

Schon das vergangene Jahr war eine deutliche Ausnahme von der Regel: Nach einem verhaltenen Jahresauftakt waren die Kurse allein im Mai und im September um jeweils rund sechs Prozent in die Höhe geklettert. Am Ende bescherte das Börsenjahr 2013 den Dax-Anlegern ein Plus von etwa 25 Prozent. Auch 2012 war der Dax zwischen Mai und September um 25 Prozent gestiegen. Anleger, die sich in den Sommermonaten wegen der alten Saisonregel vom Aktienmarkt zurückgezogen hatten, dürften sich über die entgangenen Gewinne geärgert haben.

Kritiker bemängeln daher an den statistischen Belegen für die „Sell in May“-Regel, dass das Ergebnis wesentlich dadurch beeinflusst wird, über wie viele Jahre und welchen konkreten Zeitraum die saisonalen Börseneffekte untersucht werden. Die alte Börsenregel ist damit keine, auf die sich Anleger verlassen können.

Was für einen schwachen Börsensommer spricht

Dass diese saisonalen Effekte statistisch auftreten, begründen Börsenkenner gern mit dem Verhalten der professionellen Investoren, etwa von Fondsmanagern und Vermögensverwaltern von Pensionsfonds oder Versicherungen. Zum einen sind die Sommermonate traditionell von schwachem Handel geprägt, die Risiken durch größere Kursschwankungen nehmen zu. Daher würden viele Investoren ihr Portfolio bereinigen und schwankungsanfällige Aktien verkaufen. In den Wintermonaten hingegen würden sie wieder aktiv handeln, um zum Jahresabschluss zu zeigen, dass sie auf die richtigen Aktien gesetzt haben – Börsianer sprechen hier von „Window Dressing“. Auch im ersten Quartal sind diese Profis sehr aktiv, um sich am Markt richtig zu positionieren. Daher hätten die Wintermonate an der Börse besonders viel Schwung.

Andererseits ist kaum nachvollziehbar, dass die Börsen im Sommer nur träge vor sich hin dümpeln sollen, weil viele Investoren in den Ferien sind und sich nicht mit der Börsenentwicklung beschäftigen. Im Zeitalter von Internet, Smartphone und Tablet-Computer sind Börseninformationen und Börsenhandel bequem, jederzeit und überall zu bewerkstelligen.

Sonderfaktoren überdecken Saisoneffekte

Die Investment-Lieblinge der Deutschen
Platz 20: SAPEuropas größter Softwarehersteller SAP befindet sich gerade in einer Umbauphase. Cloudcomputing und die Smartphone-Ära zwingen den Konzern ihre Programme an die neuen Rahmenbedingungen anzupassen. So eine Restrukturierung ist natürlich nicht umsonst. Das erkennt man auch am Aktienkurs. SAP musste in den vergangenen zwölf Monaten ein Minus von knapp neun Prozent verkraften. Insgesamt kommen die gehandelten Zertifikate mit dem Basiswert SAP im Februar im Hinblick auf das Gesamtvolumen der Kundenorder mit einem Handelsvolumen von 11,5 Millionen Euro auf den 20. Platz. Bei den derivativen Produkten überwogen dabei die Discount-Papiere.Lesen Sie in unserem Ratgeber alles Wichtige rund ums Thema Geldanlage: Wie viel Risiko sollte ich gehen? Welche Chancen habe ich? Wann lohnt ein Kauf? Und wann steige ich besser aus? 111 Seiten mit Tipps und Tricks, erhältlich als eBook im Kaufhaus der Weltwirtschaft. Quelle: rtr
Platz 19: SilberDer Überhitzung des Silbermarktes liegt nun knapp drei Jahre zurück. Damals schoss der Silberpreis auf über 45 Dollar. Danach beruhigte sich die Lage wieder, die Kursschwankungen nahmen ab. Gemessen am gesamten Handelsvolumen derivativer Produkte wurden im Februar Kundenorder im Wert von 12,4 Millionen Euro getätigt. Es lohnt sich allerdings auch ein Blick auf die spekulativen Produkte. Silber-Hebelpapiere kamen im vergangenen Monat auf ein ähnliches Volumen. Rund 12,2 Millionen Euro flossen durch Optionsscheine und Knock-Out-Papiere. Letztere, riskantere, Anlagemöglichkeit machte im spekulativen Bereich sogar den Löwenanteil aus. Quelle: dpa
Platz 18: BMWDer Münchener Autokonzern hatte jüngst zuversichtlich stimmende Bilanzen vorgelegt. Im Premiumbereich gehört BMW zu den führenden Marken. Auf dem Genfer Autosalon präsentierte man sich selbstbewusst. Ein Blick auf den Chart der BMW-Aktie rechtfertigt dieses Selbstbewusstsein. Der Kurs konnte in der wirtschaftlich schwierigen Zeit innerhalb der vergangenen zwölf Monaten über 15 Prozent zulegen. Im Februar machten vor allem Discount-Papiere einen Großteil der getätigten Kundenorder aus. Insgesamt wurden im vergangenen Monat derivative Anlageprodukte in Höhe von 13,1 Millionen Euro ge- und verkauft. Quelle: dpa
Platz 17: Münchener RückHagel in Deutschland, Kälteeinbruch in den USA und Überschwemmung in Osteuropa – auch wenn sich die Liste endlos lang weiterführen ließe. 2013 kam die Münchener Rück vergleichsweise glimpflich davon. Die Naturkatastrophen schlugen sich nicht so stark wie erwartet in den Bilanzen wider. Die Aktionäre zeigten sich erleichtert. Der Rückversicherer gehört im Dax zu den eher weniger volatilen Papiere. Deswegen verwundert es auch nicht, dass Anleger im Februar kaum Hebelprodukte der Münchener Rück investiert haben. Zu den beliebtesten Anlageprodukten gehörte das Discount-Papier. Insgesamt wurden im Februar Kundenorder im Volumen von 13,7 Millionen Euro getätigt. Quelle: dpa
Platz 16: BayerDie Aktien des Chemiekonzerns hinken im laufenden Jahr etwas hinterher. Bayer büßte seit Jahresanfang knapp zwei Prozent seines Wertes ein. Insgesamt haben die Anleger an der Börse Stuttgart im Februar Zertifikate auf den Basiswert im Volumen von über 14 Millionen Euro umgesetzt. Neben Discount-Papieren waren Aktienanleihen von Bayer besonders beliebt bei den Aktionären. Quelle: dpa
Platz 15: AdidasDer deutsche Sportartikelhersteller setzt auf Bewährtes. Zuletzt wurde der Vertrag mit dem jetzigen Adidas-Vorstand Herbert Hainer bis 2017 verlängert. Der 59-jährige ist schon jetzt mit seinen 13 Jahren bei Adidas der am längsten amtierende Vorstand eines Dax-Konzerns. Der Erfolg gibt ihm recht. Langfristig befindet sich der Sportkonzern auf der Gewinnstraße. In Stuttgart wurden im Februar überwiegend Discount-Zertifikate gehandelt. Insgesamt betrug das Handelsvolumen 14,9 Millionen Euro. Quelle: dpa
Platz 14: SiemensDie Korruptionsaffäre hat am Image des Unternehmensriesen Siemens genagt. Zwar spricht der Vorstand bereits schon von einem Kulturwandel, doch dass dieser innerhalb von nicht einmal einem Jahr abgeschlossen sein soll, ist mehr als zu bezweifeln. In Stuttgart wurden im Februar Siemens-Papiere im Wert von insgesamt 15,3 Millionen Euro gehandelt. Besonders beliebt waren Discount-Papiere, gefolgt von Anleihen und Bonus-Zertifikaten. Quelle: REUTERS

Zumal es schon seit Jahren vor allem Sonderfaktoren sind, die für die großen Kurzsprünge oder –stürze an der Börse gesorgt haben. So wären Anleger etwa im Jahr 2011 mit der Mai-Regel sehr gut gefahren. Allerdings lag die Ursache für die massiven Verluste im August und September nicht in der normalen Sommerflaute, sondern in der Zuspitzung der Schuldenkrise begründet. "Im aktuellen Börsenumfeld halte ich die Suche nach solchen saisonalen Mustern für noch verwegener als sonst", sagt Tobias Basse, Aktienstratege bei der NordLB. Das liege vor allem an den zahlreichen Sonderfaktoren, die den Markt derzeit beeinflussen, erläutert Basse.

Tatsächlich profitieren die Aktienmärkte schon seit Jahren von der ultralockeren Geldpolitik der Notenbanken zur Bekämpfung der Schuldenkrise in Südeuropa, während es Anleihen aufgrund der niedrigen Zinsen schwerer haben. Die Börsenentwicklung ist daher oft derart politisch getrieben, dass die Entwicklung der Unternehmensgewinne in den Hintergrund tritt.

In diesem Jahr kommen etwa die politischen Spannungen zwischen der Ukraine, Russland und dem Westen erschwerend hinzu – mit unklarem Ausgang für die Börsen. "Das schwierige geopolitische Umfeld führt zwar kurzfristig zu volatilen Kursen, mittel- bis langfristig dürfte sich die Lage aber wieder beruhigen - und der Einfluss auf die Märkte entsprechend abklingen", sagt Basse. Für den Aktienstrategen haben stützende Faktoren perspektivisch die Oberhand, beispielsweise das Wirtschaftswachstum in den USA. Zwar könne auch die Politik der US-Notenbank Fed ebenfalls immer wieder für Kursrückschläge sorgen, indem sie die Anleihekäufe weiter kontinuierlich reduziert.

Was gegen schwache Sommermonate spricht

Positiv für die Sommermonate stimmt hingegen die wirtschaftliche Stimmung. Zuletzt hatte die Quartalszahlen in den USA und Deutschland der hiesigen Börse Auftrieb verliehen. "Am Ende ist ein robustes Wirtschaftswachstum eine gesündere Stütze für den Markt als das billige Geld", erklärt Basse.

Grundsätzlich bessert sich die wirtschaftliche Lage in den USA und Europa, vor allem in Deutschland. „Die Gewinnsituation der Unternehmen verbessert sich und scheint in den USA bereits vergleichsweise kräftig zu wachsen“, sagt etwa Valentiner von AMF. „Es könnte also sein, dass die traditionell schwächeren Börsenmonate im Jahr 2014 nicht so stark nachgeben, wie es das Bonmot glauben macht.“

Welche Anlagestrategie vielversprechender ist

Wo Anleger auf der Hut sein sollten
Mit der Krisenampel frühzeitig gewappnet sein Die Krisenampel ist ein Frühwarnsystem, um negative Auswirkungen auf die Kapitalanlage zu prognostizieren. Entwickelt wurde das Warnsystem von der Quirin Bank und dem Analysehaus Future Value Group. Rot signalisiert dabei eine akute Krise, grün hingegen steht für eine aktuell entspannte Situation. Gelb zeigt eine möglicheerweise drohende Krise an und sollte als Alarm verstanden werden. Quelle: Handelsblatt Online
Negative RealzinsenDie Zentralbanken halten durch Ihre zwar rückläufigen aber nach wie vor erheblichen Interventionen das Zinsumfeld weiter künstlich niedrig. Gegenüber ihren zwischenzeitlichen Höchstständen zum Jahreswechsel 2013 / 2014 haben sich so die Renditen für Staatsanleihen tendenziell wieder reduziert (so liegt die Rendite z. B. zehnjähriger deutscher Staatsanleihen aktuell nur noch bei 1,66 %, die des US-Pendants weiter deutlich höher aber ebenfalls rückläufig bei 2,74 %). Die Gefahr eines plötzlich stark steigenden Realzinses (also der nominalen Zinsen nach Abzug der Inflation) ergibt sich somit auch weiterhin nicht. Auch die Inflationsraten haben sich stabilisiert (im Februar lag die Inflation in Deutschland fast unverändert bei 1,2 %), so dass auch von dieser Seite kein sprunghafter Anstieg des Realzinsniveaus droht.Ampel: Grün, seit 31.05.2013 Quelle: dpa
WährungskriseDer Kurs des Euro gegenüber dem US-Dollar bleibt weiter überaus fest. Aktuell überschreitet er mit einer Notierung von gut 1,3840 selbst die zwischenzeitlichen Höchststände vom Jahreswechsel. Trotz der nach wie vor ungelösten Euro-Problematik scheint der Kurs der Gemeinschaftswährung nach wie vor deutlich von den Beruhigungstendenzen im gemeinsamen Währungsraum zu profitieren. Selbst Kapitalmarktturbulenzen, wie sie im Februar in Bezug auf die Schwellenländer auftraten, die üblicherweise mit einer US-Dollar-Stärke einhergehen, konnten bislang an dieser trendmäßigen Entwicklung wenig ändern.Ampel: Grün, seit 31.05.2013 Quelle: dpa
StaatsschuldenkriseEin weiteres Mal hat die Wirtschaftspolitik in den USA die sicherlich schmerzhafte Diskussion um eine Absenkung der enormen Staatsverschuldung umgangen und die Schuldenobergrenze für den Bundeshaushalt erneut erhöht. Die in den vergangenen Jahren bereits mehrfach geführte Diskussion um Sparmaßnahmen und Ausgabenkürzungen wird so mindestens bis ins nächste Frühjahr verschoben. Der Stand der US-amerikanischen Staatsverschuldung lag im letzten Jahr den Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) gemäß bei fast 106 % gemessen an der jährlichen Wirtschaftsleistung (BIP). Für die Euro-Zone insgesamt betrug diese Quote im gleichen Zeitraum knapp 96 %.Ampel: Gelb, seit 31.05.2013 Quelle: dpa
BankenkriseAufgrund der vielfältigen sonstigen wirtschaftspolitischen und auch außenpolitischen Themen – etwa in der Ukraine – richtet sich derzeit kaum Aufmerksamkeit auf den bevorstehenden Banken-Stresstest in Europa. Die EZB beteuert kontinuierlich, in jedem Fall stützend in den europäischen Bankensektor eingreifen zu können. Dies unterstreicht auch, dass die EZB mögliche Verwerfungen nach schlechten Ergebnissen befürchtet. Eine Entwarnung kann deshalb noch nicht gegeben werden. Die Bond-Spread-Indikatoren als Basis für die Krisenampel-Schaltung verharren derzeit weiter im „gelben“ Bereich.Ampel: Gelb, seit 31.05.2013 Quelle: dpa
Versorgungs- und RohstoffpreiseTrotz der fortwährenden Verschärfung der Krim-Krise und ihrer möglichen Implikationen für die Versorgung großer Teile Europas mit Energierohstoffen (s. dazu auch unter „Transport- und Handelskrise“), zeigen sich die entsprechenden Preise an den Spot-Märkten derzeit weitgehend unbeeindruckt. So notierte Rohöl der europäischen Sorte Brent zuletzt mit knapp 108 US-Dollar je Barrel noch deutlich unter den Ständen zum Jahreswechsel (die US-Sorte WTI hat sich hingegen – vermutlich wegen teils enttäuschter Hoffnungen auf die Preiseffekte des sogenannten „Fracking“ – auf zwischenzeitlich fast 105 US-Dollar verteuert).Ampel: Grün, seit 20.12.2013 Quelle: dpa-dpaweb
Verbraucherpreis-InflationDie Nominal- und Reallohnentwicklung in Deutschland ist weiter unterdurchschnittlich. So teilte das Statistische Bundesamt Ende Februar mit, dass die Nominallöhne im Jahr 2013 durchschnittlich um lediglich 1,3 % gestiegen sind. Angesichts einer jahresdurchschnittlichen Inflationsrate von 1,5 % in 2013 sind damit die Reallöhne in Deutschland im Jahr 2013 erstmals seit 2009 wieder gefallen. Eine Nachfrageinflationskrise zeichnet sich daher momentan immer weniger ab.Ampel: Grün, seit 31.05.2013 Quelle: dpa

Gleichzeitig nimmt das hohe Kursniveau vieles von der positiven Erwartung vorweg, die im Markt steckt. Die derzeit präsentierten Zahlen für das erste Quartal 2013 werden erst noch zeigen, ob die Mehrheit der Unternehmen von einer Konjunkturerholung eben profitieren. „Und diese bieten in diesem Jahr Enttäuschungspotenzial“, sagt Anja Welz, Vorstand der Laureus AG Privat Finanz. „Letztlich sollten Anleger auch einmal einen Blick auf die enorme Dauer der derzeitigen Bullenphase werfen. Im März wurde in den USA das fünfte Jahr mit steigenden Kursen beschlossen. Der historische Durchschnitt liegt bei 4,5 Jahren“, argumentiert Welz. „Insofern deutet auch die Statistik an, dass die Gefahr von Rückschlägen durchaus real ist.“

Wer die Börsenregel in seiner Anlagestrategie berücksichtigen will, hat verschiedene Möglichkeiten. Am einfachsten geht das mit börsengehandelten Fonds, die auf die großen Indizes und damit den Gesamtmarkt setzen und noch am ehesten die statischischen Saisoneffekte auffangen. Allerdings müssen Anleger dann Jahre, in denen die Börsenregel „Sell in May and go away“ nicht greift oder sich sogar ins Gegenteil verkehrt, auch aushalten.

Die zehn wichtigsten Aktien-Regeln

Die Variante, alle Aktien im Mai zu verkaufen und im Oktober wieder gezielt einzusteigen, ist sicher die radikalste, aufwendigste und riskanteste Methode, dem Börsenbonmot zu folgen. Wer das nicht über Jahre hinweg durchzieht und so die Ausreißerjahre ausgleichen kann, wird eher zufällig Erfolg damit haben – oder schmerzhafte Erfahrungen machen. Besser ist sicher ein selektives Vorgehen: Anleger können sich vor den Sommermonaten von besonders schwankungsanfälligen Aktien trennen und stabilere, saisonal unempfindlichere Papiere behalten. Vor allem Konsum- und Freizeitwerte bieten sich an, ebenso Handel und Versorger-Titel.

Zudem gibt es spezialisierte Fonds oder Zertifikate, die auf die saisonalen Effekte setzen und sich mitunter als Depot-Beimischung eignen. Damit lassen sich unter Umständen auch Kursverluste mit Aktien teilweise wieder wettmachen.

Dabei sollten Anleger allerdings nicht vergessen, dass alle Handelsaktivitäten Kosten verursachen, die durch die mögliche Extraperformance erst einmal verdient werden wollen. Wer also seine Aktien gewissenhaft auswählt und selektiv anpasst, kommt günstiger davon, als mit der Tabula-rasa-Methode.

Für 2014 ist kaum absehbar, wohin die Reise geht. Aber einiges spricht dagegen, dass es typischer Börsensommer wird. "Ich bin verhalten optimistisch - eine ausgeprägte Seitwärtsbewegung mit leichtem Drift nach oben", erwartet Aktienstratege Basse. Bei den Zukäufen sollten Anleger aber wählerisch sein. "Einige Papiere haben höhere Bewertungen und sind entsprechend teurer geworden".

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