BörsenWoche und Bastei Lübbe Gefahr erkannt, Aktie gebannt

Bastei-Lübbe-Logo Quelle: imago images

Nach unseren Recherchen verflüchtigten sich nicht nur Gewinne, sondern auch Aufsichtsrat und Vorstand von Bastei Lübbe nahmen ihren Hut. Und das war nicht die einzige Aktie, vor der die BörsenWoche warnte.

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Rund drei Jahre, kurz nach dem Start unseren Börsenbriefes BörsenWoche, ist es nun her, dass wir die Aktie des Kölner Verlags Bastei Lübbe (Dan Brown) in unser spekulatives Depot aufgenommen hatten. Der Kauf zählt zweifellos zu unseren gründlichsten Fehleinschätzungen, die uns binnen dreier Jahre und innerhalb von 153 Ausgaben der BörsenWoche unterlaufen sind. Doch wie sich zeigen sollte, waren wir nicht nur in der Lage, diesen Fehler mit einem rechtzeitigen Verkauf der Aktie aus dem Musterdepot zu korrigieren, sondern auch noch Wirtschaftsprüfer und Vorstand dazu zu bringen, gleich zwei Jahresabschlüsse zu korrigieren.

Vermeintlich lukrative Digitalisierungsstrategie

Doch der Reihe nach. Hereingefallen sind wir seinerzeit zunächst auf eine hübsche Digitalisierungsgeschichte des damaligen Chefs Thomas Schierack. Er wollte das Buchgeschäft in die Neuzeit retten, indem er digital ausgerichtete Töchter gründete und kaufte. Doch die neuen Unternehmungen waren schlecht geplant und mit völlig überzogenen Erwartungen überfrachtet.

von Christof Schürmann, Georg Buschmann

Um Anleger darüber hinwegzutäuschen, schloss der Verlag zwielichtige Geschäfte mit einer britischen Briefkastenfirma ab. Sie kaufte Anteile an den Digitaltöchtern. So stiegen auf wundersame Weise die Buchwerte in der Bilanz, obwohl es operativ hinten und vorne klemmte.  Dies deckten wir im Juli 2016 auf.

Der damalige Chef Schierack wollte von all dem nichts wissen („die Vorwürfe sind aus unserer Sicht haltlos)", die aufgeschreckten Wirtschaftsprüfer von KPMG jedoch gingen gleich mal ans Werk, um zu schauen, unter was für ein Zahlenwerk denn sie so ihr uneingeschränktes Testat gemacht hatten. 

Allianz und KPMG blamiert

Über Jahre hatte niemand erkannt, dass das Zahlenwerk der Kölner - vorsichtig formuliert - voller Fehler steckte. Als wir im Sommer 2016 über die Praktiken berichteten, platzte die Bilanzblase.

Nur sieben Wochen später trat der komplette Aufsichtsrat von Bastei zurück. Blamiert war auch der damals größte Nicht-Familienaktionär, die Allianz, die satte 9,8 Prozent am Verlag hielt. Denn Bastei Lübbe musste zwei Jahresabschlüsse korrigieren, der Nettogewinn der Geschäftsjahre 2014/15 und 2015/16 schrumpfte von 18 auf 3 Millionen Euro.

von Christof Schürmann, Georg Buschmann

Weil wir die Aktie frühzeitig verkauft hatten, kamen wir mit einem Minikursverlust aus der Aktie heraus. Eine enge Begleitung unserer Depotwerte hat sich im Fall Bastei also voll ausgezahlt: Nicht, weil wir einen dicken Gewinn einfuhren, sondern weil wir einen großen Verlust vermeiden konnte.

Der Kurs hat sich binnen drei Jahren inzwischen fast gedrittelt und notiert aktuell nur wenige Cent über seinem Allzeittief vom März – das tut weh. Um auf den damaligen Einstand zu kommen, müsste das Papier also um annährend 200 Prozent zulegen. Kaum vorstellbar, dass das bald drin sein sollte.

Dicke Verluste im laufenden Geschäftsjahr

Zwar hat Schierack-Nachfolger Carel Halff damit begonnen, die bilanziellen Altlasten abzuschreiben und Schieracks Digitalstrategie zu beerdigen. Er macht damit aber auch sichtbar, wie schwer die vorangegangene Misswirtschaft das Unternehmen trifft. Vor allem ist das Vertrauen dahin. Die Aufräumarbeiten führten allein in den ersten neun Monaten des gerade abgelaufenen Geschäftsjahres (für das noch keine Bilanz vorliegt) zu einem Verlust vor Zinsen und Steuern von 8,7 Millionen Euro bei 112,7 Millionen Euro Umsatz. Am 28. März stieß Bastei seine 51-Prozent-Beteiligung an dem Buchgroßhandelsunternehmen BuchPartner ab. Über die Höhe des Kaufpreises wurde Stillschweigen vereinbart. Allerdings deutet der Verkauf so kurz vor dem Bilanzstichtag (31. März) daraufhin, dass es sich hierbei um Window-Dressing für die noch vorzulegende Bilanz handeln könnte.

Auch vor RIB Software hatten wir gewarnt

Die für das alles eigentlich Verantwortlichen sind weg: Nach dem Aufsichtsrat nahm auch Schierack seinen Hut, allerdings erst im September 2017. Noch da sind Aktionäre, die sich wie wir haben täuschen lassen, das Vorgehen der Bastei-Macher aber nie infrage gestellt haben, was sie Geld und Ärger gekostet hat. Das war vermeidbar, denn es ist keinesfalls so, dass Bastei seine Täuschungen besonders geschickt versteckt hätte und Aktionäre auf Insider angewiesen gewesen wären, um sie zu durchblicken. Alle wesentlichen Informationen für unsere Berichterstattung fanden wir in öffentlichen Quellen, vor allem in den Geschäftsberichten. Die genau zu lesen und zu hinterfragen kann sich also lohnen.

Ob es uns immer gelingen wird? Immer sicher nicht, aber hoffentlich weiter häufig genug. Bastei ist nur einer von einigen Werten, von denen wir rechtzeitig abrieten, so zum Beispiel auch vom TecDax-Wert RIB Software, der sich gerade dieses Jahr binnen zweier Wochen im Kurs halbiert hat.

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