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Brasilien Konsumaktien zeigen Stärke

Brasiliens Konsumbranche ist stärker geworden. Grund sind die steigenden Einkommen der Bevölkerung. Auch die schwache Börsenentwicklung kann die Aktien der Konzerne nicht stoppen.

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Die Aufregung um den Fusionsversuch von Pão de Açucar demonstriert den harten Kampf um Brasiliens Konsummarkt. Quelle: Reuters

São Paulo Als vor kurzem die größte brasilianische Supermarktkette Pão de Açucar einen Fusionsversuch mit der französischen Carrefour machte, reagierte der Konkurrent Casino empört: Als „versuchte Enteignung“ bezeichnete deren CEO Jean-Charles Naouri das Vorgehen der Brasilianer. Immerhin ist Casino bei Pão de Açucar der größte Aktionär. Die Aufregung zeigt: Der brasilianische Konsummarkt ist hart umkämpft.

Grund dafür sind die robusten Wachstumsperspektiven, der harte Real und die Marktgröße: Das Pro-Kopf-Einkommen der 190 Millionen Brasilianer ist mit rund 13000 Dollar pro Jahr deutlich höher als etwa in China (4500 Dollar) oder Indien (1200 Dollar). Damit zählt Brasilien für Multis wie Unilever, Procter & Gamble, Nestlé, Wal-Mart oder Carrefour zu den wichtigsten Märkten weltweit – die Gewinne dort tragen meist auch überdurchschnittlich zum Konzernergebnis bei.

Doch das könnte sich ändern: In den letzten Jahren sind in Brasilien überraschend starke lokale Konzerne entstanden. „Zwar werden die ausländischen Multis weiterhin in Brasilien wachsen – doch sie müssen mit einer neuen Garde lokaler Rivalen kämpfen“, schreiben Francisco Chevez und Manisha Chaudry von HSBC.

An der Börse zeigten die 35 Unternehmen des Konsumindex (Icon) eine beeindruckende Stärke im aktuellen Börsenchaos: Während der Bovespa-Index in diesem Jahr rund 23 Prozent verloren hat, hielten die Aktien der Konsumkonzerne ihren Wert. Der starke Real, die wachsende Inflation und Zweifel, ob der Wirtschaftsboom in China bald schwächer ausfallen könnte, bremsen die brasilianischen Blue Chips. In diesem Jahr hat sich daher der Bovespa-Index erstmals schlechter entwickelt als der MSCI-Weltindex.

Vorreiter der Konsumgüterhersteller ist der Kosmetikkonzern Natura, der über einen Direktvertrieb über eine Million unabhängige Verkäuferinnen hat. Vorbild ist der US-Konkurrent Avon. Doch der brasilianische Konzern ist weitaus effektiver: Inzwischen erzielt er allein in Brasilien einen ähnlich hohen Gewinn wie Avon weltweit – bei einem nur halb so großen Umsatz (etwa vier Milliarden Dollar 2010).

Ähnlich geschickt bauen andere Konsumgüterhersteller ihre Marken, Vertrieb und Marketing auf. Der Textilhersteller CIA Hering war jahrelang ein verschlafener Familienkonzern aus dem Süden, bekannt für die gute Qualität seiner T-Shirts. Jetzt hat der Konzern erkannt, dass sich dieser Ruf als Marke für eine landesweite Kette nutzen lässt. Seine Aktie zählt zu den besten Performern an der Börse dieses Jahr (plus 15 Prozent).


Kein Konsens unter Analysten

Interessant sind auch Aufstieg und Fall von Hypermarcas. Das Unternehmen hat in den letzten fünf Jahren 18 Firmen mit Marken von Medikamenten, Kosmetik und Hygieneartikeln im Low-Income-Segment aufgekauft. Der Konzern will eine brasilianische Version von Unilever werden. „Gut möglich, dass wir irgendwann selbst ein Multi werden“, sagt CEO Claudio Bergamo. Doch bis dahin ist der Weg noch lang: Die Aktie gehört nach einem enttäuschenden zweiten Quartal mit 48 Prozent Verlust zu den Verlierern der Bovespa. Doch inzwischen empfehlen sie mehrere Investmentbanken wie etwa die Credit Suisse.

In einer anderen Liga spielen die großen Lebensmittelkonzerne Brasiliens: BR Foods, als weltgrößter Hühnerfleischproduzent, oder der Lebensmittelgigant JBS. Diese agrarisch orientierten Firmen haben in den letzten Jahren weltweit in Fabriken, Marken und Vertriebskanäle investiert. Das belastet jetzt jedoch die Gewinnaussichten, vor allem die schwache Nachfrage in den USA. Außerdem können sie mit den in Real gestiegenen Produktionskosten immer weniger wettbewerbsfähig aus Brasilien exportieren.

Unter Analysten der Branche besteht daher zurzeit kein Konsens: Viele empfehlen die Aktien der Konzerne, deren Management sich in den letzten Jahren als krisenerfahren erwiesen hat, wie der Kosmetikhersteller Natura. Die Newcomer unter den Konsumartikelherstellern – Lojas Renner, Hypermarcas, CIA Hering und Alpargatas – werden von vielen lokalen Investmentbanken empfohlen. In Europa sind die Papiere aber zum Teil schwer zugänglich, weil Banken sich wegen des bürokratischen Aufwands weigern, nur in Brasilien notierte Aktien für Privatanleger zu kaufen.

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