Brexit Welche Briten-Aktien jetzt lohnen

Nach dem Wahlsieg der Konservativen hatten Londoner Aktienindizes bis zu fünf Prozent hinzugewonnen. Lohnt sich nun ein Einstieg in die Briten-Börse? Quelle: dpa

Die Konservativen erringen bei den britischen Parlamentswahlen einen fulminanten Sieg – der Anlegern Chancen bietet. Fünf vielversprechende Börsen-Briten im Kurz-Porträt.

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Jetzt gibt es also endlich Gewissheit: Die Briten haben ein neues Parlament gewählt – und die Konservativen haben die Wahl gewonnen. Damit ist klar, dass die Briten die Europäische Union (EU) verlassen werden. Das ist zwar ein großer Verlust für die EU, allerdings sorgt der Wahlsieg der Konservativen auch für eine gewisse Stabilität: Ein Austritt der Briten ohne ein Abkommen mit der Europäischen Union erscheint jetzt eher unwahrscheinlich. Die Börse freut deshalb der Erfolg der Konservativen, Londoner Aktienindizes hatten am Freitag in der Spitze bis zu fünf Prozent hinzugewonnen. Die entscheidende Frage für Anleger ist jetzt: Lohnt nun ein Einstieg in die Briten-Börse?

Auf den ersten Blick erscheinen Aktien aus dem Vereinigten Königreich attraktiv, schließlich ist der Markt deutlich günstiger bewertet als andere Börsen – obwohl er seit dem Brexit-Votum im Sommer 2016 immerhin zehn Prozent zugelegt hat. So kommt der Index MSCI United Kingdom derzeit auf ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 13,7, der Aktienindex MSCI Europe dagegen ist mit 16,9 bewertet.

Allerdings hat der britische Aktienmarkt seine Schwächen, was Komplikationen bereiten kann, wenn Anleger über breit streuende ETF-Fonds investieren wollen, die die Londoner Börse nahezu eins zu eins nachbilden. In den populären Aktienindizes des Königreichs finden sich viele Öl-, Finanz- und Einzelhandels-Werte; alles Branchen, die strukturell unter Druck stehen, sei es durch die Digitalisierung, die Niedrigzinsen oder dem Versuch, den weltweiten CO2-Ausstoß zu senken. Tatsächlich gibt es aber einige britische Einzelwerte, mit denen sich Anleger näher beschäftigen sollten.

Compass Group: endlich mal eine gute Kantine

Die Compass Group hat vor allem eine Aufgabe: hungrige Mäuler zu stopfen. Das in dem Städtchen Chertsey westlich von London beheimatete Unternehmen ist der weltgrößte Catering-Konzern – und hat sich auch in Deutschland eine veritable Marktposition erarbeitet: Mehr als die Hälfte aller Dax-Unternehmen setzt auf das Angebot der Briten, pro Tag versorgt die Compass Group allein hierzulande mehr als 200.000 Gäste.

Kein Wunder, dass sich die die Beliebtheit auch im Zahlenwerk widerspiegelt: So lag der Gewinn für das bereits im September abgelaufene Geschäftsjahr 2019 bei 1,1 Milliarden Pfund, während er 2014 noch 860 Millionen Pfund betragen hatte. Entsprechend beliebt ist das Papier an der Börse, die Aktie hat in den vergangenen fünf Jahren fast 75 Prozent hinzugewonnen.

Gleichzeitig bietet das Papier zumindest teilweise einen Schutz gegen weitere mögliche Brexit-Turbulenzen, der Konzern erzielt nur acht Prozent seiner Einnahmen im Vereinigten Königreich. Zudem ist das Papier gerade für Konjunktur-Skeptiker interessant: Kommt die nächste Krise, dürften noch mehr Unternehmen, Schulen und Krankenhäuser ihre Kantinen an Dienstleister auslagern, um Kosten zu sparen.

Diageo: Frust-Trinken gegen den Briten-Austritt

Der Name Diageo dürfte wohl nur Insidern etwas sagen – obwohl die Marken des Unternehmens weltbekannt sind. So produzieren die Briten unter anderem die Biersorte Guinness, den Alcopop Smirnoff und diverse Whiskeys. Und das ist ein ziemlich einträgliches Geschäft.

Hatte der Alkoholhersteller im Geschäftsjahr 2015 noch einen Gewinn von 2,5 Milliarden Pfund gemacht, waren es im bereits im Sommer abgelaufenen Geschäftsjahr 2019 schon 3,3 Milliarden Pfund. Gleichzeitig konnten die Briten auch noch ihre operative Marge steigen: Lag sie 2015 noch bei 26 Prozent, sind es mittlerweile mehr als 31 Prozent.

Gleichzeitig hängt die Lage des Konzerns kaum an der Situation in Großbritannien, Geschäfte macht Diageo weltweit. So stammen 35 Prozent des Umsatzes aus den USA, aber immerhin zwölf Prozent aus Afrika und 21 Prozent aus Asien. Mit dieser guten Positionierung in Staaten wie Indien, Südafrika und Mexiko ist Diageo eine gute Wette auf die Weiterentwicklung der Schwellenländer – und der Hoffnung, dass deren Einwohner mit steigendem Wohlstand mehr Geld für Alkohol übrighaben. Einziger Nachteil: Mit einem erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnis von fast 22 ist das Papier eher teuer.

Ashtead Group: die Margen-Sensation

Das in London logierende Unternehmen ist ein Konzern, der auf den ersten Blick keinerlei Phantasie bei Anlegern entfalten dürfte: Die Ashtead Group vermietet Industriegüter, etwa Stromgeneratoren. In Wahrheit ist das Geschäft aber hochattraktiv, die Aktie des Unternehmens hat in den vergangenen fünf Jahren um mehr als 100 Prozent zugelegt.

Ein Grund dafür sind die hervorragenden Margen der Ashtead Group, in Teilbereichen kommen die Londoner auf fast 50 Prozent. Ein weiterer positiver Aspekt: Trotz des starken Kursanstiegs ist die Aktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis 13,8 tendenziell günstig bewertet. Allerdings müssen sich Anleger bewusst sein: Der Konzern ist vor allem eine Wette auf die US-Konjunktur, dort erzielt das Unternehmen fast 85 Prozent seiner Umsätze über die Tochter Sunbelt.

Schroders: Wette auf niedrige Zinsen

Die Fondsgesellschaft Schroders gehört zu den 35 größten Unternehmen seiner Branche, die Briten verwalten für ihre Kunden fast 500 Milliarden Euro Vermögen. Zwar herrscht auch in der Fondsbranche Margendruck, der das Zeug hat, auch die Einnahmen von Schroders zu drücken. Allerdings haben es die Londoner bislang geschafft, ihr verwaltetes Vermögen in den vergangenen Jahren zu steigern, dem Margendruck damit zu entfliehen – und so ihre Erträge zu steigern. Interessant ist Schroders auch deshalb, weil der Konzern in Asien gut aufgestellt ist – und die Region als Wachstumsmarkt für Vermögensverwalter gilt. So stammen fast 25 Prozent der Kundengelder von dort.

Zwar ist Schroders derzeit mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 19,8 recht teuer, allerdings ist der Vermögensverwalter ein verlässlicher Dividendenzahler, die Londoner haben sie in den vergangenen 25 Jahren nie gekürzt. Diese Historie spricht dafür, dass das Unternehmen wandlungsfähig genug ist, um sich immer wieder neu zu erfinden. Zusätzlich dürfte Schroders von den mittel- bis langfristig weiterhin niedrigen Zinsen profitieren, Anleger werden deshalb vermutlich mehr Geld an der Börse investieren. Davon könnten die Schroders-Fonds profitieren.

Smiths Group: Londoner Langweiler

Das Unternehmen ist ebenfalls keines, mit dem Anleger ihre Freunde auf einer Party begeistern können: Der Konzern lässt sich noch am ehesten als Industriegüter-Konzern beschreiben, so stellen die Londoner etwa Dichtungen her. Daneben existiert eine Sicherheits- und eine Medizintechnik-Sparte. Allerdings hat die Aktie das Zeug, für Stimmung im Depot zu sorgen.

Zwar ist der Kursanstieg mit fast 60 Prozent nicht ganz so stark wie etwa bei der Ashtead Group, allerdings gibt es einige Gründe, die für das Unternehmen sprechen. Wie Schroders ist die Smiths Group ein verlässlicher Dividendenzahler. Zudem hat das Industrieunternehmen seit 2016 seine operative Marge von circa 14 auf 17 Prozent gesteigert. Das belegt, dass die Produkte des Unternehmens gefragt sind. Kein Wunder, dass der Konzern seinen Gewinn im bereits im Juli abgelaufenen Geschäftsjahr 2019 um sieben Prozent steigern konnte. Obendrein macht der Konzern den Großteil seiner Einnahmen außerhalb Europas.

Einziger Nachteil: Mit einem erwarten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 19,3 ist die Smiths Group schon luftiger bewertet. Wem das zu teuer ist, wartet bis Briten-Premier Boris Johnson wieder für ein wenig Hektik an der Londoner Börse sorgt. Das schafft der Blondschopf ja in schöner Regelmäßigkeit.

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