Bridgewater Weltgrößter Hedgefonds reduziert Wettsumme gegen Dax-Titel um mehr als drei Milliarden Euro

Innerhalb von weniger als einem Monat hat Bridgewater seine Spekulationen gegen Dax-Titel massiv reduziert. Das könnte sich auf den Aktienmarkt auswirken.

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Bridgewater reduziert Wettsumme gegen Dax-Titel massiv Quelle: Reuters

Frankfurt Zieht sich der weltgrößte Hedgefonds Bridgewater von seinen Spekulationen auf fallende Kurse bei Dax-Titeln zurück? Ein Blick auf die Statistik lässt das zumindest vermuten.

Laut den aktuellsten Werten im Bundesanzeiger setzt Bridgewater nur noch 3,8 Milliarden Euro auf fallende Kurse bei 14 Papieren aus dem deutschen Leitindex. Anfang April war diese Summe mit 7,1 Milliarden Euro noch fast doppelt so hoch und soll am 30. März den Rekordwert von 8,2 Milliarden Euro erreicht haben.

Sollte der Hedgefonds seine Spekulation weiter verringern, wird es die Öffentlichkeit vermutlich aber nicht mehr erfahren. Meldepflichtig gegenüber der Finanzaufsicht Bafin sind Leerverkäufe bei Aktien zwar ab einem Umfang von 0,2 Prozent des ausgegebenen Aktienkapitals, für eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger muss dieser Anteil aber bei mindestens 0,5 Prozent betragen.

Doch laut den aktuellen, am gestrigen Donnerstag veröffentlichten Zahlen, liegt der Anteil der Leerverkäufe von Bridgewater bei allen 14 Dax-Werten nur noch zwischen 0,49 und 0,44 Prozent.

Was sind Leerverkäufe?

Bei Leerverkäufen leihen sich die Investoren Aktien von Unternehmen, bei denen sie mit Kursverlusten rechnen. Diese Papiere verkaufen sie und hoffen darauf, dass die Notierungen fallen. Dann können sie die Aktien später günstiger zurückkaufen und an den Verleiher zurückgeben.

Auf fallende Kurse zu spekulieren ist für einen Hedgefonds allerdings nichts Ungewöhnliches. „Die öffentliche Wahrnehmung unserer Wetten ist extrem irreführend“, beklagte sich Karen Karniol-Tambour, Leiterin der Bridgewater-Research-Abteilung, in einem Interview mit der US-Nachrichtenagentur Bloomberg Mitte März. Viele würden unverständlicherweise nur auf die einzelnen Positionen schauen, die nicht das gesamte Bild zeigten.

Und das große Bild zeigt: Der Fonds, gegründet von Ray Dalio, verwaltet nach eigenen Angaben ein Vermögen in Höhe 160 Milliarden US-Dollar. Und laut Datenbank der US-Technologiebörse Nasdaq hatte der Fonds Ende 2017 zu 90 Prozent in Finanzwerte investiert. Das meiste Geld steckt dabei in börsengehandelten Indexfonds (ETFs), mit denen das Unternehmen auf steigende Kurse spekuliert.

Die ersten Leerverkäufe veröffentlichte Bridgewater Ende Januar dieses Jahres. Am 26. Januar lagen die Shortspekulationen bei Munic Re, BASF, Bayer, Siemens, Eon und Allianz mit 0,51 sowie 0,52 Prozent knapp oberhalb der Meldeschwelle, bei der eine Veröffentlichung erfolgen muss. In den Tagen darauf folgten weitere sieben Werte, Ende März kam die Shortspekulation bei BMW hinzu, ebenfalls knapp oberhalb der meldepflichtigen 0,5 Prozent.

Bei seiner Spekulation auf fallende Kurse ging Bridgewater systematisch vor: Im Fokus standen die Schwergewichte, Werte mit hoher Marktkapitalisierung. Lediglich die Volkswagen-Aktie, die auf Rang drei dieser Liste steht, blieb außen vor.

Das Volumen der Shortspekulation betrug anfangs dem von rund zwei Handelstagen – was sehr hoch ist. Zum einen wird Bridgewater deswegen eine Mitschuld an dem Dax-Crash Ende Januar/Anfang Februar gegeben. In diesem Zeitraum rutschte das deutsche Börsenbarometer um rund zehn Prozent ab. Denn der erste Teil eines Leerverkaufs besteht aus dem Verkauf der geliehenen Aktien.

Doch es gibt noch einen zweiten Teil: Den anschließenden Rückkauf der geliehenen Aktien, möglichst natürlich zu einem niedrigeren Preis als beim Verkauf.

Ein Blick auf die Wertentwicklung der einzelnen Werte zeigt ein gemischtes Bild. Auch wenn die jeweiligen Kaufpreise nicht zu ermitteln sind, lässt sich zumindest behaupten: Die Chance, dass Bridgewater mit dem Leerverkauf des Bayer-Aktien Geld bislang verdient hat, ist sehr unwahrscheinlich.

Denn das Papier des Pharmakonzerns lag seit Beginn der veröffentlichungspflichtigen Leerverkaufsmeldung nur wenige Tage leicht im Minus und ist seitdem sogar um mehr als zehn Prozent gestiegen. Und am vergangenen Mittwoch besaß der Fonds noch 0,43 Prozent aller verfügbaren Bayer-Aktien.

Ein komplett anderes Bild zeigt die Deutsche Bank: Hier hat die Spekulation auf fallenden Kurse bislang bestens funktioniert. Das Wertpapier von Deutschlands größtem Geldhaus ist seit Ende Januar 2018 um rund 25 Prozent gefallen und hat im Verlauf niemals den Startwert wieder erreicht. Aber das ist nur ein ganz kleiner Blick auf das Verhalten des Hedgefonds, der in größeren Dimensionen denkt.

Die Frage stellt sich natürlich: Wann trennt sich Bridgewater von seinen Leerverkäufen in Höhe von noch mehr als drei Milliarden? Sollten die Kurse bald fallen, wäre das kein Problem.

Doch sollte der deutsche Leitindex wieder Fahrt aufnehmen, dürfte das den Hedgefonds unter Druck setzen. Eventuell könnten Verkäufe dann sogar den Aufwärtstrend weiter befeuern.

Dass Bridgewater derzeit Einfluss auf die Kurse am deutschen Aktienmarkt hat, legt ein einfacher Kurs nahe: Anfang April hat der Hedgefonds begonnen, seine Leerverkaufspositionen zu reduzieren. Und seitdem ist der Dax um mehr als vier Prozent gestiegen.

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