
Heute sei „die Länge der Kabelverbindung zum Börsenserver für den Erfolg eines Investors oft entscheidender als seine Fähigkeit in der Unternehmensbewertung“, so Nagel, der im Bundesbankvorstand die Ressorts Informationstechnologie und Märkte verantwortet. Rund 40 Prozent des Handelsumsatzes der Deutschen Börse hängen Schätzungen zufolge inzwischen von algorithmischen Strategien ab. Besonders benachteiligt sieht Bundesbanker Nagel dabei Anteilseigner von Aktienfonds. Anleger könnten „finanzielle Einbußen erleiden“, weil Fonds durch Hochfrequenzhändler Nachteile hätten – etwa dann, wenn diese teurer kaufen, weil Algorithmen ihre Orders entdeckt und vor ihnen gekauft haben.
Algorithmen führen zu Kursschwankungen
Zudem häufen sich unerklärliche Börsenabstürze, bei denen als Ursache Hochfrequenz-Algorithmen unter Verdacht stehen. Laut Nagel hat die US-Aufsicht SEC in den USA seit Mitte 2010 mehr als 100 solcher Fälle registriert. Auch in Deutschland gebe es Fälle von plötzlichen heftigen Kursschwankungen, die ohne offensichtliche fundamentale Gründe erfolgten, so Nagel. So hielt die Deutsche Börse am 3. August insgesamt 313 Mal ihre Rechner an, weil der Dax an einem Tag fast 260 Punkte zulegte.
Bundesbanker Nagel hatte schon Anfang Juli in einer Rede zugegeben, dass es Regulierer „lange Zeit versäumt“ hätten, sich mit den Fortschritten der Branche zu befassen: „Während Hochfrequenzhändler bereits die Schwelle vom Millisekunden- zum Mikrosekundenbereich unterschritten, diskutierten Behörden und Kommissionen noch um eine juristische Definition.“
Inzwischen hat die Bundesregierung reagiert und stufte blitzschnelle Computer-Trader jetzt erstmals öffentlich als Bedrohung ein, die es zu regulieren gilt. Sie hat einen Gesetzentwurf „zur Vermeidung von Gefahren und Missbräuchen im Hochfrequenzhandel“ veröffentlicht, der am Mittwoch kommender Woche vom Bundeskabinett verabschiedet werden soll.