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Chartgespräch "Der Dax wird auf die alten Tiefs zurückfallen"

Das stete Auf und Ab an den Märkten lässt die Zuversicht der Anleger sinken. Ein neuer Börsenaufschwung kann bei dieser Stimmung nicht entstehen, so Sentix-Mitbegründer Patrick Hussy im Chartgespräch. Was Anlegern droht.

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Die Bronzeskulptur des Bären, Symbol für die Abwärtsbewegung an den Börsen: Zuletzt dominierten bei Anlegerbefragungen die Pessimisten. Quelle: dpa

Düsseldorf Anlagestrategen sind in diesen Tagen nicht zu beneiden. Da ringt sich der EU-Gipfel scheinbar zu einer großen Lösung in der Griechenlandkrise durch. Die Märkte feiern. Kurz darauf torpediert Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou die Entscheidung mit seiner beabsichtigten Volksabstimmung. Die Märkte brechen ein, um kurz darauf aber schon wieder zu feiern, als der Staatsmann seine Ankündigung zurücknimmt.

Die Hochphase der Quartalssaison mit exzellenten Gewinnen und meist zuversichtlichen Ausblicken interessiert die Anleger dagegen nicht. Ebenso wenig die Einschätzung der Anlagestrategen zu den Ertragsaussichten der Unternehmen.

„In Phasen wie jetzt suchen Anleger nach alternativen Wegen, um die Märkte besser begreifen zu können“, sagt Patrick Hussy von der Frankfurter Sentix GmbH. Eine Möglichkeit ist, die Märkte über Stimmungen zu erfassen, um so die Börsen beurteilen und letztlich prognostizieren zu können. Diesen Weg beschreitet Sentix, Europas größter unabhängiger Anbieter von Stimmungsindizes und verhaltensorientierten Daten, seit mehr als zehn Jahren. Dafür werden wöchentlich rund 3.000 private und professionelle Anleger nach ihren Anlagepräferenzen befragt.

Aktuell kommt Sentix-Mitbegründer Patrick Hussy zu dem Ergebnis, dass Woche für Woche die Zuversicht der Anleger sinkt, wenn man sie - mit Blick auf die Börsen und die Konjunktur - nach ihren Perspektiven für die nächsten sechs Monate befragt. Zuletzt war die Differenz aus Optimisten und Pessimisten auf minus 8,7 Prozent gefallen – also ein Überhang an „Bären“. Das ist der niedrigste Wert seit einem Jahr. Im Januar lag der Wert bei 43 Prozent.

„Die Erfahrungen aus den großen Talfahrten 2003 und 2009 lehren, dass sich bei so geringer Zuversicht kein neuer Börsenaufschwung entwickeln kann“, urteilt Hussy. Richtig sei zwar, dass nach der starken Rally in den vergangenen Wochen, die dem Dax über 1 000 Punkte bescherte, die Anleger auf kurzfristige Sicht wieder optimistischer nach vorne blickten.


Gefährlich: Kaufen, ohne Überzeugung

Doch gerade in dieser Kluft aus kurzfristiger Zuversicht und längerfristigem Pessimismus sieht der Experte eine große Gefahr. „Wenn die Kurse steigen, die Anleger dabei kurzfristig optimistischer, im weiteren Blick nach vorn aber gleichzeitig immer pessimistischer werden, dann steht die Rally auf sehr tönernen Füßen.“

Der Grund: Die Anleger kauften nur deshalb Aktien, weil sie der Rally nicht tatenlos zusehen wollten – doch überzeugt von ihren Käufen seien sie nicht. Das spiegele die große Skepsis auf Sicht von sechs Monaten wider. Die Folge: Bei der nächsten Hiobsbotschaft drohen die Kurse zusammenzubrechen – eben weil Anleger der steigenden Börse nicht trauen.

Exakte Kursprognosen, wie Anleger sie lieben und herkömmliche Analysten sie gerne liefern, lassen sich aus solchen Erkenntnissen leider nicht ableiten. Immerhin aber die Prognose, dass es sich bei der im Oktober begonnenen Rally mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine tückische „Bärenmarkt-Rally“ handelt.

Nach dieser Deutung wäre es nur eine Erholung innerhalb der übergeordneten Talfahrt. Ähnliche Rallys erlebten Anleger in jeder großen Talfahrt, so zuletzt zwischen 2000 und 2003 sowie 2008. Dabei stieg der Dax oftmals um 20 und mehr Prozent, um am Ende seine Talfahrt wieder aufzunehmen.

Hussy rechnet in den nächsten Monaten mit einem Rückfall auf die alten September-Tiefstände. Damals notierte der Dax knapp unter 5 000 Punkten. Gemessen am Wochenschluss beträgt das Abwärtspotenzial demnach knapp 20 Prozent. Wer den Einstieg in den letzten Wochen verpasst oder sich nicht getraut hat, dürfte also laut dieser Einschätzung noch zu günstigeren Einstiegskursen kommen.

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