Chaschukdschi-Verschwinden Saudi-Arabiens Börse unter Druck, Ölpreis steigt

Tadawul-Index Quelle: AP

Der Fall des verschwundenen Journalisten Dschamal Chaschukdschi belastet jetzt auch die Wirtschaft: Am Sonntagabend verzeichnete die Börse in Riad herbe Verluste – und Öl wird teurer.

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Nach Einschätzung von Marktbeobachtern hat der Streit zwischen den USA und dem führenden Opec-Land Saudi-Arabien um die mutmaßliche Ermordung des Journalisten Dschamal Chaschukdschi den Ölpreis am Morgen in die Höhe getrieben. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent (Lieferung im Dezember) kostete zuletzt 81,18 US-Dollar. Das waren 75 Cent mehr als am Freitag. Der Preis für amerikanisches Rohöl der Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur November-Lieferung stieg um 52 Cent auf 71,86 Dollar. Steigende Ölpreise wirken in den Industrieländern wie eine Konjunkturbremse.

Am Wochenende war Saudi-Arabien im Streit um die mutmaßliche Ermordung eines Journalisten auf offene Konfrontation zu den Vereinigten Staaten gegangen. Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump Saudi-Arabien mit einer „schweren Bestrafung“ gedroht, wenn der Journalist – der im Exil in den USA lebte – von einem saudischen Kommando in Istanbul getötet worden sein sollte. Trump kündigte im Sender CBS an, Chaschukdschis Familie zu treffen. Die USA, so der Präsident, würden der Sache auf den Grund gehen.

Nach den Trump-Äußerungen ging es am saudi-arabischen Aktienmarkt zeitweise deutlich abwärts. Der Tadawul-Index der Börse in Riad verlor bis zu sieben Prozent, erholte sich dann aber etwas. Am Ende waren es mehr als vier Prozent Minus. 179 der 188 gehandelten Unternehmensaktien schlossen im Minus. Das Staatsfernsehen von Saudi-Arabien sendete zu den Kursstürzen an der Börse ein Interview, in dem ein Analyst fallende Aktienkurse in den USA für die Entwicklung verantwortlich machte.

Trump droht mit einer „harten Bestrafung“, sollte sich die Ermordungs-Vorwürfe im Fall Chaschoggis bewahrheiten. Saudi-Arabien droht mit noch stärkerer Vergeltung. Die saudischen Börsenkurse brechen ein.

Auch die Aktien des japanischen Telekomkonzerns und Technologieinvestors Softbank gingen wegen der amerikanisch-arabischen Spannungen auf Talfahrt. Das Papier fiel am Montag nahezu acht Prozent. Rund die Hälfte des fast 100 Milliarden Dollar schweren Vision Fund von Softbank wird mit Geldern aus Saudi-Arabien finanziert. Darüber hinaus sollen die Japaner bei dem gigantischen Infrastrukturprojekt NEOM am Roten Meer eine führende Rolle spielen.
Saudi-Arabien hat den USA und anderen Staaten mit Vergeltung gedroht, sollten diese Wirtschaftssanktionen gegen das Königreich verhängen. Zuletzt haben viele Firmenchefs von weltweiten Konzernen ihre Teilnahme an einer saudischen Investorenkonferenz abgesagt, die unter dem Namen „Davos in der Wüste“ bekannt ist. Unter anderen erklärte Uber-Chef Dara Khosrowshahi, er werde nicht dabei sein. Softbank ist der größte Anteilseigner bei dem US-Mitfahrdienst. Auch der Chef der US-Großbank JPMorgan, Jamie Dimon, ist von einer früheren Zusage zurückgetreten und wird an dem Treffen nicht teilnehmen. Dagegen wird US-Finanzminister Steven Mnuchin weiterhin auf dem hochrangigen Treffen erwartet.

Einen Stopp von US-Waffengeschäften mit dem Königreich lehnte Trump jedoch ab. „Wir würden uns selbst bestrafen“, sagte er. Der Verkauf sei ein „gewaltiger Auftrag für unsere Unternehmen“. Wenn Saudi-Arabien seine Waffen nicht von den USA kaufe, werde sie diese von Russland ordern.

Seit seinem Besuch in der saudischen Botschaft in Istanbul gilt der Regime-Kritiker Dschamal Chaschoggi als vermisst. Die Türkei geht von einem Mord aus. Nun reagiert die Wirtschaft.

Andere westliche Staaten nahmen Saudi-Arabien ebenfalls ins Visier. Die Außenminister von Deutschland, Frankreich und Großbritannien forderten gemeinsam eine Untersuchung zum Verschwinden Chaschukdschis. Heiko Maas, Jean-Yves Le Drian und Jeremy Hunt schrieben an Saudi-Arabien, dass sie eine detaillierte und umfassende Antwort vonseiten der saudi-arabischen Regierung erwarteten. Es bedürfe glaubhafter Ermittlungen.
Saudi-Arabien erklärte, es weise politischen Druck, Wirtschaftssanktionen und „wiederholte falsche Anschuldigungen“ zurück. Die staatliche saudische Nachrichtenagentur Spa berichtete am Sonntag unter Berufung auf nicht näher genannte offizielle Quellen, dass jede Handlung gegen das Land „mit einer größeren Handlung“ beantwortet werde.

Chaschukdschi, auch unter seinem westlichen Autorennamen Jamal Khashoggi bekannt, wird seit Anfang Oktober vermisst. Zuletzt war er auf Videoaufnahmen beim Betreten des saudi-arabischen Konsulats in Istanbul gesehen worden. Türkische Behörden befürchten, dass saudi-arabische Agenten den Journalisten getötet hätten. Riad hat das als unbegründete Behauptung zurückgewiesen.

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