CO2-Zertifikate Das einträgliche Geschäft mit dem Klima

Brüssel will den Klimaschutz verschärfen, das könnte die Preise für Emissionsrechte an den Börsen treiben. Dort dominieren verschwiegene Rohstoffmultis, aber auch Privatanleger können profitieren.

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Rauch ablassen kostet - E.On Kohlekraftwerk Staudinger in Hessen Quelle: dpa

Verglichen mit CO2-Zertifikaten sind italienische oder griechische Aktien eine langweilige Anlage: Ein Zertifikat, das erlaubt, eine Tonne des Treibhausgases CO2 in die Atmosphäre zu blasen, kostete an der Leipziger Energiebörse EEX vor Silvester noch acht Euro. Bis Ende Januar fiel der Preis unter drei Euro, zog dann aber binnen Tagen um rund 80 Prozent an.

CO2-Zertifikate scheinen ein perfektes Instrument im Kampf gegen den Klimawandel. Die Idee: Unternehmen bekommen die Emissionsrechte zugeteilt. Wer mit seinen Zertifikaten nicht auskommt, muss auf dem Markt zukaufen oder eben seine Emissionen senken. Umgekehrt können Betriebe, die weniger CO2 ausstoßen, als es ihre Zertifikate zulassen, nicht benötigte Rechte verkaufen.

Das bittere Fazit aus einem Jahr Energiewende
Kühltürme des Braunkohlekraftwerkes der Vattenfall AG im brandenburgischen Jänschwalde (Spree-Neiße) Quelle: dpa
Freileitungen verlaufen in der Nähe eines Umspannwerkes bei Schwerin über Felder Quelle: dpa
Die Flagge Österreichs weht auf einem Hausdach Quelle: dpa
Ein Strommast steht neben Windkraftanlagen Quelle: AP
Windräder des Windpark BARD Offshore 1 in der Nordsee Quelle: dpa
Eine Photovoltaikanlage der Solartechnikfirma SMA Quelle: dpa
Euroscheine stecken in einem Stromverteile Quelle: dpa

Bisher funktionierte der Markt nur schlecht. Weil die EU mit der Zeit viel zu viele Zertifikate ausgab und weil dank schwacher Konjunktur Fabriken und Kraftwerke nicht auf Hochtouren liefen, verfielen die zuvor stark in die Höhe getriebenen Preise der CO2-Zertifikate von 2008 bis 2012 um mehr als 80 Prozent. Der Anreiz, in Filter oder Energiesparen zu investieren, ging entsprechend zurück. Hinzu kamen Betrugsmanöver: Kriminelle handelten Zertifikate europaweit über Scheinfirmen und ließen sich vom deutschen Fiskus Mehrwertsteuer erstatten, die jedoch nie an ein Finanzamt abgeführt worden war. Laut Europol sind den Steuerzahlern dabei über fünf Milliarden Euro Schaden entstanden. Eine Schaltzentrale des Betrugs war offenbar eine Handelsabteilung der Deutschen Bank in London. Die hat ihren CO2-Handel mittlerweile dichtgemacht.

Boden erreicht? - Kursentwicklung eines Zertifikats auf den CO2-Future an der Terminbörse ICE (entspricht einer Tonne CO2 in Euro). (zum Vergrößern bitte anklicken!)

Aktuell werden die Kurse an den Börsen vor allem von politischem Streit getrieben: EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard will CO2-Zertifikate für 900 Millionen Tonnen vorübergehend aus dem Handel nehmen und in die Jahre 2019 bis 2020 verlagern. Die Zertifikate-Preise sollen dadurch kräftig steigen und Investitionen, etwa in saubere Kraftwerke, sich besser rechnen. Deutschland und Polen wehren sich. In beiden Länder laufen viele Kohlekraftwerke, die enorme Mengen Treibhausgas in die Atmosphäre jagen. Sollte sich Hedegaard durchsetzen und zudem die Konjunktur wieder Tritt fassen, sodass die Industrie wieder mehr produziert, könnten Zertifikate knapp werden. Analysten erwarten, dass die Preise für Emissionsrechte bis 2020 auf 20 bis 25 Euro klettern.

Händler, Hedgefonds und Stromversorger haben längst damit begonnen, in großem Stil CO2-Zertifikate aufzukaufen, solange die noch billig zu haben sind. Eine Schlüsselrolle beim Monopoly um Zertifikate spielen die großen Rohstoffhandelskonzerne, die weltweit die Geschäfte mit Kohle, Öl und Nahrungsmitteln steuern.

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