Ein Selbstläufer sind die Geschäfte dennoch nicht. 2008, als Europas Wirtschaft nach Ausbruch der Finanzkrise in die Rezession rutschte, brachen die Preise kräftig ein. Der anhaltende Preisverfall dürfte vielen Spekulanten hohe Verluste beschert haben. Doch die Händler von Mercuria oder Vitol haben im Rohstoffgeschäft gelernt, mit Turbulenzen zu leben. "Trader können an einem Preisverfall ebenso gut verdienen wie an steigenden Kursen", sagt Stefan Dohler, Mitglied der Geschäftsleitung des Stromkonzerns Vattenfall.
Aktuell wittern alle, die Zertifikate bunkern oder an Börsen auf steigende Preise setzen, wieder Morgenluft - dank der Pläne von EU-Kommissarin Hedegaard. Auch Teile der Industrie haben nichts gegen teurere Zertifikate: "Bei vier bis fünf Euro pro Tonne Kohlendioxid bestehen für die Energieversorger keine Anreize, in emissionsarme Kraftwerke zu investieren", sagt Dohler von Vattenfall. Schmutzige Kohle, die beim Verheizen besonders viel CO2 freisetzt, ist derzeit sehr billig. Für das emissionsarme Erdgas werden hingegen Höchstpreise verlangt. "Die Preisdifferenz ist derzeit so groß, dass Emissionsrechte deutlich über 20 Euro pro Tonne kosten müssten, damit sich der Bau von Gaskraftwerken lohnt", sagt Dohler. Die Pläne der EU gehen dem Strom-Manager sogar nicht weit genug: "Unserer Ansicht nach sollten die 900 Millionen Tonnen vollkommen aus dem Handel herausgenommen und nicht bloß um einige Jahre verschoben werden."
Obendrein nutzen Industriekonzerne und Versorger die niedrigen Preise, um in großem Stil CO2-Zertifikate zu bunkern. "Vattenfall deckt sich derzeit mit Emissionsrechten für die kommenden Jahre ein", bestätigt Manager Dohler. Viele Unternehmen, so scheint es, haben jetzt mehr CO2-Zertifikate, als sie in den nächsten Jahren benötigen. Ihre Finanzchefs setzen darauf, dass sie diese irgendwann versilbern können - mit Gewinn, versteht sich.