DAB Depot Contest Verschnaufpause zur rechten Zeit

Anleger mit europäischen Aktien können sich freuen: In diesem Jahr gab es kaum Schwankungen. Vor allem die guten Unternehmenszahlen haben dazu beigetragen. Das kann sich aber schnell wieder ändern, wissen Experten.

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Die europäischen Aktienindizes haben zuletzt geschwächelt. Doch für Experten ist das kein Grund zur Sorge. Quelle: dpa

Köln Die europäischen Aktienmärkte haben zuletzt etwas geschwächelt. Der Leitindex Euro Stoxx 50 etwa liegt aktuell rund 3,5 Prozent unter seinem letzten Hoch bei 3700 Punkten. Die leichte Formkrise ist für Experten kein Grund zur Sorge. Im Gegenteil: Vermögensverwalter freuen sich über die leichte Schwäche, weil diese einen stärkeren Absturz nach sehr guten Jahren unwahrscheinlicher macht. Zugleich schafft sie willkommene Gelegenheiten für Zukäufe.

„Grundsätzlich sind die Unternehmens- und Wirtschaftsdaten global gesehen sehr gut, so dass wir von keiner nachhaltigen Korrektur ausgehen, sondern lediglich von einem kurzfristigen Ereignis“, sagt Marc Cavatoni, Direktor der Vermögensverwaltung Nowinta aus Aalen in Baden-Württemberg. „Dies ist nach den jüngsten Kursanstiegen ohne zwischenzeitliche Korrektur und mit äußerst geringer Volatilität übrigens auch durchaus gut.“ Denn ohne solche Phasen entstehe an den Märkten die Gefahr einer übertriebenen Hochstimmung mit entsprechend deutlich stärkeren Rückschlägen. Dieses Risiko sei nun vorerst gebannt.

Der Vermögensverwalter nimmt am jährlichen Depot-Contest des Onlinebrokers DAB BNP Paribas teil, über den das Handelsblatt regelmäßig berichtet. Er war auf zwischenzeitige Rückschläge vorbereitet: Er hält in seinem Musterdepot derzeit einen Europa-Aktienfonds mit reduzierter Volatilität. In schwächelnden Marktphasen habe man mit dieser schwankungsreduzierten Strategie in der Vergangenheit nur 60 bis 70 Prozent der Kursverluste am Aktienmarkt erlitten, in Aufwärtsphasen 80 bis 90 Prozent der Kursanstiege des Gesamtmarktes erzielt und damit langfristig das Risiko-Renditeprofil verbessert.

„Wir haben in diesem Jahr zwar kaum Schwankungen an den Aktienmärkten gesehen, aber das wird sich auch wieder ändern“, ist Cavatoni überzeugt. Unterm Strich sind Anleger mit europäischen Aktien in diesem Jahr bislang ohnehin gut gefahren. Nicht nur, dass die Volatilität überschaubar war und die Nerven der Anleger geschont hat. Vor allem stimmte die Performance: Der Leitindex Euro Stoxx 50 lag in der Spitze rund zwölf Prozent im Plus, nach der jüngsten Korrektur stehen immer noch rund 8,5 Prozent auf der Haben-Seite. Die Hausse war auch nicht nur auf die großen Titel beschränkt. Der breitere Euro Stoxx 600 liegt trotz der jüngsten Korrektur aktuell ebenfalls deutlich im Plus, mit rund sechs Prozent.

Zu den wichtigsten Kurstreibern zählten in diesem Jahr gute Unternehmenzahlen: Analysten verzeichnen steigende Gewinne, ein starkes Wirtschaftswachstum, die stärkste Entwicklung der Auftragseingänge seit sechs Jahren und einen Zuwachs an neuen Jobs, der europaweit so stark ausfiel wie seit zehn Jahren nicht mehr. Depot-Contest-Teilnehmer Andreas Teichmann von der Münchener Vermögensverwaltung Plückthun Asset Management sieht ein ganze Reihe von Gründen, warum es an den Börsen des alten Kontinents derzeit rund läuft: „Für europäische Aktien sprechen die deutlich verbesserte Wirtschaftslage und auch positive Wirtschaftsaussichten, das weiterhin niedrige Zinsniveau und die im Vergleich zu den USA noch immer moderaten Bewertungen.“


Regierungsbildung in Deutschland hemmt nur kurzfristig.

Teichmann hat rund die Hälfte seines Musterdepots in europäische Aktienfonds investiert. In den kommenden ein bis drei Jahren sieht der Vermögensverwalter mögliche zusätzliche Wachstumsimpulse, etwa wenn die europäische Wirtschaftspolitik bei der Förderung und bei Infrastrukturprojekten stärker zusammenarbeitet. „Zudem könnte eine positive Entwicklung bei den Brexit-Verhandlungen die Märkte überraschen“, sagt Teichmann. Die Hängepartie bei der Regierungsbildung in Deutschland sieht er allenfalls kurzfristig als Hemmschuh für die Börse – aber nicht als Problem für die allgemein gute Wirtschaftsentwicklung.

Als größte Gefahr für die europäischen Aktienmärkte betrachten Beobachter einen anderen politischen Akteur: Die EZB, die früher oder später die Zinswende einleiten und aus der ultra-lockeren Geldpolitik aussteigen dürfte. EZB-Chef Mario Draghi hat bereits angekündigt, sein Anleihekaufprogramm Anfang 2018 von 60 Milliarden Euro auf 30 Milliarden Euro pro Monat zu halbieren.

Für Vermögensverwalter Teichmann überwiegt allerdings die Botschaft, dass die EZB damit noch länger als bislang angekündigt Anleihen kaufen wird. Ursprünglich sollte das Kaufprogramm nur bis Ende 2017 laufen. In ihrer jüngsten Sitzung hatte die EZB nun angekündigt, bis Ende September 2018 oder gar „erforderlichenfalls darüber hinaus“ Anleihen zu kaufen. „Von daher hat sie ihr Kaufprogramm sogar ausgeweitet“, sagt Teichmann.

Nowinta-Vermögensverwalter Cavatoni gibt angesichts der aktuellen Strategie der EZB und der Verlängerung des Kaufprogramms vorläufig Entwarnung für die Märkte: „Der Ausstieg wird dadurch verlängert und schonender vonstattengehen, was den Aufwärtsdruck auf die Zinsen etwas nehmen wird.“ Eine Leitzinserhöhung der EZB hält der Vermögensexperte auf absehbare Zeit für ausgeschlossen, weil einzelne Staaten unter einer höheren Zinslast zusammenbrechen könnten und Schuldenschnitte unausweichlich würden. „Das möchte kein Beteiligter haben“, sagt Cavatoni. „Zudem besteht von der Inflationsseite ja aktuell auch kein Druck, die Zinsen stark anheben zu müssen.“ Derzeit liegt der Leitzins bei null Prozent. Wenn Banken Geld bei der EZB parken, müssen sie dafür einen Minus-Zins von 0,4 Prozent zahlen. Das billige Geld dürfte die Aktienmärkte also weiter beflügeln.

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