"Dark Pools" Wie alternative Plattformen den Aktienhandel bedrohen

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Dark Pools verlangen geringere Gebühren

Anleger misstrauen Bankberatern
Eigenständigkeit erwünscht: 86 Prozent der Deutschen wollen ihr Geld möglichst ohne fremde Hilfe anlegen. Nur 14 Prozent wünschen sich eine persönliche Beratung durch eine Bank. Das geht aus einer aktuellen Umfrage des Finanzportals Financescout24 unter 1500 Nutzern hervor. Quelle: dpa
Hohes Maß an Selbstständigkeit: Bereits jetzt treffen 57 Prozent ihre Finanzentscheidungen größtenteils allein. Nur jeweils zwölf Prozent der Befragten suchen das Gespräch mit ihrer Bank oder einem unabhängigen Anlageberater. Nur gut ein Fünftel der Befragten hält überhaupt einen persönlichen Ansprechpartner für notwendig. Quelle: dpa
Bessere Vergleichbarkeit von Finanzprodukten: Die Anleger wünschen sich bessere Informationen für ihre Entscheidungen. An erster Stelle nennen sie mit 76 Prozent übersichtliche Vergleiche von Anlageformen, gefolgt von verständlichen Inhalten (66 Prozent) sowie individuellen, auf das persönliche Profil zugeschnittene Informationen (40 Prozent). Quelle: dpa
Mehr Durchblick: Um die besten Informations- und Beratungsquellen zu finden, legen Anleger Wert auf unabhängige, kompetente Beratung (65 Prozent). An zweiter Stelle kommt das Vertrauen in die Quelle (62 Prozent) sowie leicht verständliche Informationen (56 Prozent). Quelle: dpa
Geldanlage ist Vertrauenssache: Um ihr Geld eigenständig anzulegen, benötigen die Befragten vor allem Sicherheit, dass ihr Geld gut aufgehoben ist (72 Prozent). Auch hilfreiche Tools und Services (46 Prozent) stehen in der Gunst der Anleger ganz oben.
Online ist in: Das Internet ist das Medium der Wahl für Informationen zur Geldanlage. So nutzen 70 Prozent der Befragten Internetportale wie Handelsblatt Online, bevor sie Anlageentscheidungen treffen. Auf Platz 2 folgen Fachzeitschriften (43 Prozent). Platz 3 teilen sich die Verbraucherzeitschriften und Banken mit je 35 Prozent. Quelle: rtr
Der Traum vom entspannten Lebensabend: Als wichtigstes Motiv für die Geldanlage nennen zwei Drittel der Befragten die Altersvorsorge. Dabei schwindet das Vertrauen in die Lebensversicherung. Zwar haben rund 67 Prozent Erfahrungen mit solchen Policen, aber nur für 13 Prozent kommt diese auch künftig als Geldanlage in Frage. Quelle: dpa

Vor sechs Jahren trat in der EU die Finanzmarktrichtlinie Mifid in Kraft, die mehr Wettbewerb an den Finanzmärkten schaffen sollte. Aufgrund ihrer Monopolstellung hatten die amtlichen Börsen bis dahin schamlos bei den Gebühren zugelangt. Seit 2007 gibt es in der EU neben den Börsen drei Gruppen von konkurrierenden Handelsplätzen:

- Systematische Internalisierer (SI), auf denen Banken Aktienaufträge ihrer Kunden gegeneinander ausführen;

- Over-the-Counter-Plattformen (OTC), auf denen früher nur Banken miteinander handelten. Wenn hier jetzt auch Dritte mitmischen dürfen, werden diese Plattformen ebenfalls zu den Dark Pools gerechnet;

- Multilateral Trading Facilities (MTF), privatrechtlich organisierte elektronische Börsen wie Bats Chi-X und Turquoise.

SI- und OTC-Systeme werden zusammen als Dark Pools bezeichnet. Die verschiedenen Plattformen unterscheiden sich stark im Grad der Transparenz und Regulierung.

Von AGI über die Dekabank bis zu Union Investment sind nahezu alle großen Fondsgesellschaften Stammkunden der Schattenbörsen. „Dark Pools verlangen im Allgemeinen geringere Gebühren als die regulierten Börsen“, sagt AGI-Chefhändler Mast. Zudem bieten Schattenbörsen die Möglichkeit, diskret Block Trades abzuwickeln, also große Aktienpakete zu kaufen oder zu verkaufen. Genau dies geschieht oft bei großen Investmentfonds: Deren Händler verkaufen dann auf einen Schlag so viele Aktien eines Unternehmens, wie sonst an einem ganzen Tag an der Börse gehandelt werden. „Würde eine solche Order an den transparenten offiziellen Börsen ausgeführt, wären unvermeidlich Marktverwerfungen die Folge“, sagt Mast – der Fonds würde sich selbst seine Verkaufskurse drücken.

Kuriose Börsenpannen

Bei den Dax-Unternehmen wird heute im Schnitt nur noch jede zweite Aktie auf Xetra gehandelt. Rund 25 Prozent des Börsenumsatzes sind an Multilateral Trading Facilities abgeflossen, wie die Deutsche Börse ermittelt hat. Ein weiteres Viertel entfällt auf Dark Pools, also Systematische Internalisierer und OTC-Handel.

Bei vielen Börsengesellschaften spielt Xetra nur noch die zweite Geige. Beispielhaft zeigt dies der Autozulieferer Continental, wo pro Tag im Schnitt 1,6 Millionen Aktien den Besitzer wechseln. Hiervon entfallen nur noch 40 Prozent auf Xetra und andere amtliche Börsen. Noch ärger betroffen ist die Deutsche Post. „Der Handel mit unseren Aktien findet schätzungsweise nur noch zu einem Drittel auf Xetra statt“, sagt Martin Ziegenbalg, Leiter der Investor Relations (IR) des Logistikkonzerns.

Der Kaliproduzent K+S aus Kassel, die Marktforschungsfirma GfK aus Nürnberg und der Autozulieferer Norma aus dem hessischen Maintal – sie alle berichten, dass nur noch rund die Hälfte ihrer Aktien im amtlichen Handel umgeschlagen wird. Beim Duftstoffhersteller Symrise, in Holzminden an der Weser ansässig, ist die Xetra-Quote sogar auf rund ein Drittel gesunken. Rund ein Viertel des Handels wird über MTF abgewickelt. Den größten Anteil aber haben Dark Pools mit 40 Prozent.

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