Das Hundert-Milliarden-Risiko Dax-Unternehmen gaukeln Aktionären heile Welt vor

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Neue Schulden aus Leasing

Welche Börsen an ihren Hochs kratzen
Dax, DeutschlandDer Deutsche Leitindex erreichte seinen Höchststand von 8.151,57 Punkten im Handelsverlauf am 13. Juli 2007. Obwohl sich die Krise am US-Immobilienmarkt bereits abzeichnete, schaffte der Dax 2007 ein Jahresplus von 23 Prozent. Momentan ist der Index ein gutes Stück vom Rekord entfernt – es fehlen über 450 Punkte. Beim Dax handelt es sich im Gegensatz zu den anderen großen Indizes wie dem Dow Jones um einen Performance-Index – in diesen werden die Dividenden der enthaltenen Unternehmen mit eingerechnet. Der Dow-Jones als Kursindex dagegen bildet nur die Kursentwicklung der Einzelwerte ab. Quelle: dapd
Dow Jones, USADas wichtigste Börsenbarometer der Welt ist an der New York Stock Exchange gelistet. Die Marktkapitalisierung aller im Dow Jones gelisteten Aktien beträgt mehr als drei Billionen Euro. Zum Vergleich: Im Dax beträgt die Marktkapitalisierung aller Aktien fast 880 Milliarden Euro. Der Dow Jones hat seinen Höchststand von 14.716,46 Punkten auf Verlaufsbasis am 09. April 2013 erreicht. Vor allem das billige Geld der Notenbanken treibe Anleger in Aktien, urteilen Analysten. Doch erste Anzeichen für ein baldiges Ende der lockeren Geldpolitik könnten den Dow Jones schnell wieder fallen lassen. Momentan notiert der Dow knapp unter seinem Hoch. Quelle: REUTERS
Nikkei 225, JapanAm 29. Dezember 1989 erreichte der Nikkei mit 38.957,44 Punkten im Handelsverlauf seinen Allzeithöchststand. Im April 2003 erreichte der wichtigste japanische Index den Tiefststand von 7.607 Punkten. Innerhalb von etwa viereinhalb Jahren hatte der Nikkei damit mehr als 80 Prozent eingebüßt. Schuld war unter anderem auch das Platzen der Spekulationsblase im Technologiesektor (Dotcom-Blase). Die Grenze von 30.000 Punkten fiel zum ersten Mal am 7. Dezember 1988 – davon ist trotz eines guten Kurses derzeit nicht einmal die Hälfte erreicht. Genauso wie der Dow-Jones-Index ist der Nikkei 225 kein Performance-Index, sondern ein preisgewichteter Kursindex. Quelle: dpa
Nasdaq 100, USADas amerikanische Pendant zum TecDax ist der Nasdaq 100, der die 100 größten Technologieunternehmen der Nasdaq enthält. Der Index listet unter anderem Börsenschwergewichte wie Apple, Google und Amazon. Seit Mai 2012 auch Facebook. Das Allzeithoch von 4.816,35 Punkten erreichte der Nasdaq 100 im Handelsverlauf des 24. März 2000. Dies verwundert wenig, da Technologieaktien um 2000 herum deutlich überbewertet waren, die sogenannte Dotcom-Blase. Deshalb notiert der Nasdaq in der vergangenen Zeit auch um rund 2000 Punkte niedriger. Quelle: REUTERS
S&P 500, USADer dritte wichtige Index aus den USA ist der S&P 500. Der von Standard & Poor's zusammengestellte Index umfasst die 500 größten US-Unternehmen und gehört damit zu den meistbeachtesten Indizes der Welt. Der klassische S&P, der auch in den Medien die meiste Beachtung findet, ist ein Kursindex. Er erreichte sein Allzeithoch von 1.576,09 Punkten im Handelsverlauf des 11. Oktober 2007. Momentan ist der Index nur wenige Punkte von seinem Rekord entfernt. Möchte man den Dax mit dem S&P vergleichen, so kann man auf den S&P 500 Total Return zurückgreifen, der wie der Dax ein Performance-Index ist. Seit dem 1. Januar 2000 hat sich der S&P 500 TR mit einer durchschnittlichen Jahresrendite von 9,7 Prozent besser entwickelt als der Dax (8,5 Prozent). Quelle: REUTERS
Euro Stoxx 50, EuropaDer wohl wichtigste Index für Europa ist der noch recht junge Euro Stoxx 50, der die größten Unternehmen aus der Euro-Zone listet. Der erst 1998 eingeführte Index erreichte sein Handelsallzeithoch von 5.495,18 Punkten am 6. März 2000. Nach dem Platzen der Dotcom-Blase ging es für den Euro Stoxx 50 deutlich nach unten. Nachdem er sich wieder aufgerappelt hatte, belastete ab 2007 die weltweite Finanzkrise und das Schuldenchaos in Europa den Kurs. Zurzeit notiert der Euro Stoxx in der Nähe von 2600 Punkten. Quelle: dapd
FTSE 100, GroßbritannienDer „Footsie“, wie er umgangssprachlich genannt wird, repräsentiert 80 Prozent der Marktkapitalisierung aller Aktien, die an der Börse in London gelistet sind. Sein Allzeithoch von 6.950,60 Punkten erreicht der Index am 30. Dezember 1999 – also wenige Monate vor dem Platzen der Dotcom-Blase. Erst acht Jahre später sollte der Kurs in ähnliche Höhen kommen, dann brach die Finanzkrise aus. Aktuell fehlen zum Höchststand etwa 500 Punkte. Quelle: AP

Eine weitere Lücke, die die Unternehmen weltweit in der Vergangenheit nutzten, betrifft spezielle Miet- und Mietkaufverträge (Leasing). Die Finanzchefs und Buchhalter mussten bisher in einem komplexen Verfahren prüfen, ob sie ein geleastes Gut in der Bilanz aufführen müssen oder nicht. Grob vereinfacht gesagt, mussten das Leasingobjekt und die mit ihm verbundenen Schulden immer nur dann bilanziert werden, wenn das Unternehmen den größten Teil der wirtschaftlichen Chancen und Risiken aus dem Leasingvertrag trägt. Lagen die Risiken aber beim Leasinggeber, konnten Leasingobjekt und - schulden außerhalb der Bilanz geführt werden.  Die absehbare Folge: Die Leasinggesellschaften und Banken konstruierten für die Unternehmen Verträge möglichst so, dass die Schulden daraus nicht in der Bilanz landeten. Bei den größten Unternehmen in Europa tauchen rund 80 Prozent aller Leasingverpflichtungen bisher nicht in der Bilanz auf. Einer Schätzung der Schweizer Bank Credit Suisse zufolge wurden in der Vergangenheit insgesamt 1700 Milliarden Dollar an Schulden bei Konzernen weltweit außerhalb der Bilanzen geführt.



Der große Bilanzcheck

Die Stuttgarter FAS hat exklusiv für die WirtschaftsWoche ausgerechnet, wie stark Unternehmen von der Neuregelung betroffen sein könnten. Das Ergebnis für die 30 Dax-Unternehmen: Knapp 62 Milliarden Euro neue Schulden kommen - berechnet auf den jeweils letzten Jahresbilanzstichtag - ans Tageslicht. Besonders stark betroffen sind Firmen mit vielen gemieteten Immobilien wie etwa die Deutsche Telekom oder die Deutsche Bank. Diese sollen künftig in der Bilanz als Finanzierungsgeschäft, also etwa wie die Aufnahme eines Kredits, erfasst werden.

310 Milliarden schwere Pensionslasten

Wer auf die jährlichen Mitteilungen seiner privaten oder berufsständischen Altersvorsorgeinstitutionen schaut, kennt die Leier seit Jahren: Wegen der niedrigen Zinsen muss leider, leider die erwartete Rendite für das laufende Jahr gesenkt werden, heißt es da. Wo in Privatbilanzen hochgerechnet schnell ein paar Zehntausend Euro zu Rentenbeginn fehlen, geht es bei den Unternehmen, die für die Vorsorge ihrer Mitarbeiter geradestehen, um Milliarden. Genau genommen um 310 Milliarden. So hoch sind derzeit die laufenden und künftigen Pensionsansprüche der Mitarbeiter an die 30 Dax-Unternehmen, wie die Frankfurter Beratungsgesellschaft Mercer ermittelt hat.

Binnen eines Jahres sind die Verpflichtungen um fast 54 Milliarden Euro nach oben geschnellt. Der Grund sind die dramatisch gefallenen Zinsen für sichere Anlagen. Denn Maßstab für die Berechnung einer Pensionslast sind die Renditen von Unternehmensanleihen mit einem sehr guten Rating. Mit dieser Rendite werden die künftigen Pensionsansprüche der Mitarbeiter auf den Stichtag der Bilanz abgezinst. Je niedriger die Zinsen, desto höher der Betrag, den die Unternehmen bereithalten müssen. Die Finanzchefs haben dabei noch Glück: Sie müssen nicht den gerade aktuellen, sondern einen über die Jahre geglätteten Zins ansetzen. Per Ende 2012 lag dieser bei 3,5 Prozent, Ende 2011 laut Mercer noch bei 4,8 Prozent - zu beiden Zeitpunkten deutlich höher als die echten Marktrenditen von Top-Unternehmenspapieren mit langer Laufzeit. So liegt etwa die Rendite einer Anleihe des französischen Ölkonzerns Total bis zum Jahr 2022, die zu den wenigen Top-Papieren zählt, aktuell bei gerade mal noch 2,2 Prozent.

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