Eine weitere Lücke, die die Unternehmen weltweit in der Vergangenheit nutzten, betrifft spezielle Miet- und Mietkaufverträge (Leasing). Die Finanzchefs und Buchhalter mussten bisher in einem komplexen Verfahren prüfen, ob sie ein geleastes Gut in der Bilanz aufführen müssen oder nicht. Grob vereinfacht gesagt, mussten das Leasingobjekt und die mit ihm verbundenen Schulden immer nur dann bilanziert werden, wenn das Unternehmen den größten Teil der wirtschaftlichen Chancen und Risiken aus dem Leasingvertrag trägt. Lagen die Risiken aber beim Leasinggeber, konnten Leasingobjekt und - schulden außerhalb der Bilanz geführt werden. Die absehbare Folge: Die Leasinggesellschaften und Banken konstruierten für die Unternehmen Verträge möglichst so, dass die Schulden daraus nicht in der Bilanz landeten. Bei den größten Unternehmen in Europa tauchen rund 80 Prozent aller Leasingverpflichtungen bisher nicht in der Bilanz auf. Einer Schätzung der Schweizer Bank Credit Suisse zufolge wurden in der Vergangenheit insgesamt 1700 Milliarden Dollar an Schulden bei Konzernen weltweit außerhalb der Bilanzen geführt.
Die Stuttgarter FAS hat exklusiv für die WirtschaftsWoche ausgerechnet, wie stark Unternehmen von der Neuregelung betroffen sein könnten. Das Ergebnis für die 30 Dax-Unternehmen: Knapp 62 Milliarden Euro neue Schulden kommen - berechnet auf den jeweils letzten Jahresbilanzstichtag - ans Tageslicht. Besonders stark betroffen sind Firmen mit vielen gemieteten Immobilien wie etwa die Deutsche Telekom oder die Deutsche Bank. Diese sollen künftig in der Bilanz als Finanzierungsgeschäft, also etwa wie die Aufnahme eines Kredits, erfasst werden.
310 Milliarden schwere Pensionslasten
Wer auf die jährlichen Mitteilungen seiner privaten oder berufsständischen Altersvorsorgeinstitutionen schaut, kennt die Leier seit Jahren: Wegen der niedrigen Zinsen muss leider, leider die erwartete Rendite für das laufende Jahr gesenkt werden, heißt es da. Wo in Privatbilanzen hochgerechnet schnell ein paar Zehntausend Euro zu Rentenbeginn fehlen, geht es bei den Unternehmen, die für die Vorsorge ihrer Mitarbeiter geradestehen, um Milliarden. Genau genommen um 310 Milliarden. So hoch sind derzeit die laufenden und künftigen Pensionsansprüche der Mitarbeiter an die 30 Dax-Unternehmen, wie die Frankfurter Beratungsgesellschaft Mercer ermittelt hat.
Binnen eines Jahres sind die Verpflichtungen um fast 54 Milliarden Euro nach oben geschnellt. Der Grund sind die dramatisch gefallenen Zinsen für sichere Anlagen. Denn Maßstab für die Berechnung einer Pensionslast sind die Renditen von Unternehmensanleihen mit einem sehr guten Rating. Mit dieser Rendite werden die künftigen Pensionsansprüche der Mitarbeiter auf den Stichtag der Bilanz abgezinst. Je niedriger die Zinsen, desto höher der Betrag, den die Unternehmen bereithalten müssen. Die Finanzchefs haben dabei noch Glück: Sie müssen nicht den gerade aktuellen, sondern einen über die Jahre geglätteten Zins ansetzen. Per Ende 2012 lag dieser bei 3,5 Prozent, Ende 2011 laut Mercer noch bei 4,8 Prozent - zu beiden Zeitpunkten deutlich höher als die echten Marktrenditen von Top-Unternehmenspapieren mit langer Laufzeit. So liegt etwa die Rendite einer Anleihe des französischen Ölkonzerns Total bis zum Jahr 2022, die zu den wenigen Top-Papieren zählt, aktuell bei gerade mal noch 2,2 Prozent.