Aktionäre haben es derzeit nicht leicht. Ständig vermelden die Nachrichtenticker einen weiteren Kursrutsch. Nachdem in den Monaten zuvor ein Rekordhoch nach dem nächsten vermeldet wurde, greift jetzt bereits die Panik um sich, wenn der Dax „nur noch“ bei 9000 Punkten liegt.
Dabei ändert sich die Nachrichtenlage von Tag zu Tag. Während der Montag noch von Kursgewinnen geprägt war und Börsen rund um den Globus Erholungsanzeichen vermeldeten, war die gute Stimmung am Dienstag schon wieder dahin. In Deutschland drückte der überraschend deutliche Rückgang des ZEW-Konjunkturbarometers auf die Kauflaune der Anleger. Der Index sank um 18,5 auf nur noch 8,6 Punkte ab.
Gleichzeitig musste mit dem Konsumgüterhersteller Henkel ein weiteres Unternehmen einräumen, unter den Krisen in der Ukraine und im Nahen Osten zu leiden. Das Gewinnwachstum könne sich im zweiten Halbjahr verlangsamen, räumte Henkel-Chef Kasper Rorsted ein. Anleger zeigten sich enttäuscht, die Aktie verlor zwischenzeitlich mehr als fünf Prozent.
Verkaufen oder durchhalten?
Auch der Volatilitätsindex VDax-New, der die erwartete Schwankungsbreite anzeigt, ist zuletzt deutlich auf über 18 Zähler gestiegen. Vieles deutet also darauf hin, dass das Hin und Her an den Börsen noch lange nicht vorbei ist.
Gerade bei schwankungsanfälligen, politischen Börsen stellt sich Anlegern ständig nur eine Frage: verkaufen oder durchhalten? Es ist eine Art inneres Pokerspiel, das der Aktionär mit sich selbst ausficht. Der Ausgang hängt maßgeblich vom eigenen Risikoempfinden ab. Noch schwieriger wird der Balanceakt im Urlaub – nicht jeder möchte unter Palmen stündlich per Smartphone die Börsenkurse abrufen, nur um dann dem Bankberater per Telefon zu erklären, wie er das Depot umschichten soll.
Wie lässt sich das Depot also am besten krisenfest absichern und was ist bei längeren Abwesenheiten zu beachten?
Es gibt diverse Strategien, das Depot gegen Verluste abzusichern – auch während des Urlaubs. Grundsätzlich gilt dabei: in der langen Frist führt weiterhin kaum ein Weg an Aktien vorbei. Aufgrund der Niedrigzinsphase ist auf Sparkonten oder im Anleihebereich zumindest bei vertretbarem Risiko wenig Rendite zu holen.
Wachstumsprognosen für Deutschland 2014
Die EU traut der deutschen Wirtschaft für das kommende Jahr ein eher schwaches Wirtschaftswachstum zu: Die heimische Konjunktur dürfte laut EU-Herbstgutachten 2013 um 0,5 Prozent anziehen, 2014 auf 1,7 Prozent beschleunigen und erreicht dann 2015 ein Wachstum von 1,9 Prozent.
Auch die Bundesregierung sagt Deutschland für 2014 einen Aufschwung voraus. Sie rechnet für das Bruttoinlandsprodukt mit einem Wachstumsplus von 0,4 Prozent und ist damit weniger optimistisch als die EU. Die Arbeitslosenzahlen fallen laut Gutachten positiv aus: Sie sollen im kommenden Jahr von 6,9 auf 6,8 Prozent sinken. Die Zahl der Erwerbstätigen dürfte damit um 235.000 zunehmen und klettert damit auf ein Rekordhoch von 41,8 Millionen Beschäftigten. Der private Konsum soll noch in diesem Jahr um 0,9 und 2014 dann um 1,4 Prozent zulegen.
Laut dem Münchener Ifo-Institut kann sich Deutschland als Wachstumsmotor im Euroraum bezeichnen. Es sagt Deutschland für 2014 die besten Konjunktur-Aussichten seit drei Jahren voraus und rechnet mit einer deutlichen Belebung. Das Barometer der Forscher für das vierte Quartal lag mit 114,7 Punkten erstmals seit Ende 2011 über seinem langfristigen Durchschnitt.
Auch die Gesellschaft für Konsum prognostiziert Deutschland eine minimale Konjunktursteigerung von 0,4 Prozent auf 1,8 Prozent. Der Konsumklima-Index stieg zudem im Oktober um 0,1 Punkte auf jetzt 7,1 Zähler.
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer rechnet für 2014 mit einem Zuwachs von rund 250.000 Arbeitsplätzen, also mit rund 115.000 mehr als die Bundesregierung. Vor allem der steigende privat Konsum schaffe Arbeitsplätze. Auch das Wirtschaftswachstum sieht die DIHK positiv: es soll im kommenden Jahr bei 1,7 Prozent liegen. Beim Außenhandelsumsatz wird ein Anstieg von über vier Prozent erwartet.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung sagt für das kommende Jahr einen klaren Aufwärtstrend voraus. Die Konjunktur werde 2014 um 1,6 Prozent zulegen und 2015 um zwei Prozent.
Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung hat seine Wachstumsprognose für 2014 nach unten korrigiert. Im kommenden Jahr werde nur noch ein Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 1,5 Prozent erwartet. Im September waren die Wirtschaftsforscher noch von einem Plus von 1,9 Prozent ausgegangen.
Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle rechnet 2014 mit einem geringeren Wirtschaftswachstum in Deutschland als ursprünglich angenommen. Das Bruttoinlandsprodukt werde um 1,8 Prozent zulegen. Im September waren die Experten noch von einem Wachstum von 2,0 Prozent ausgegangen.
Gold ist krisenresistent
Zunächst einmal gilt es, eine Bestandsaufnahme zu machen. Wer sehr skeptisch ist, reduziert seine Aktienquote im Depot und investiert stattdessen lieber in krisenresistentere Anlagen wie beispielsweise Gold. Andere sollten je nach Aktie entscheiden. Zykliker beispielsweise benötigen gerade bei politischen Börsen mehr Aufmerksamkeit. Auch bei Konsumgüterherstellern oder Automobilproduzenten lohnt es sich zu überprüfen, wie stark das jeweilige Unternehmen in den Krisenregionen engagiert ist. Die Beispiele von Henkel und Adidas haben das gezeigt.
In den einzelnen Fällen helfen Stoppkurse, deren Unterschreiten zum automatischen Verkauf des Papiers führt. Experten warnen allerdings davor, zu rigoros zu verkaufen - insbesondere bei Aktien, die vor 2009 gekauft wurden. Deren Kursgewinne sind nämlich steuerfrei, während seitdem die Abgeltungsteuer von 25 Prozent gilt. Zudem gilt es als weniger wahrscheinlich, dass die verkauften Papiere in erfolgreicheren Zeiten erneut im Depot landen. Das wusste auch der 1999 verstorbene Börsenexperte André Kostolany: „Wer Aktien nicht hat, wenn sie fallen, der hat sie auch nicht, wenn sie steigen“.
Wer sich an etwas kompliziertere Produkte wagt, kann verschiedene Derivate zur Kursabsicherung nutzen. „Anleger, die mit einer weiter fallenden Kursentwicklung zum Beispiel beim Dax rechnen, können mit sogenannten Short-ETFs auf den Dax profitieren“, erklärt Ingo Theismann vom unabhängigen Vermögensverwalter Consulting Team.
Zertifikat oder Put-Option?
Grundsätzlich steht Short für Wetten auf fallende Kurse, ist also in Krisenzeiten der Schlüssel zum Erfolg. „Der Short-ETF bewegt sich entgegengesetzt zur Kursentwicklung des Dax“, sagt Theismann. Gerade für Privatanleger hat das große Vorteile: „Die Kursentwicklung eines Short-ETFs auf den Dax ist klar nachzuvollziehen“, sagt Stefan Eberhardt von der Vermögensverwaltung Unikat. Falle der Dax um zwei Prozent, steige das Short-ETF um zwei Prozent und umgekehrt. Hinzu kommt, dass die Produkte vergleichsweise günstig sind.
Erhältlich ist so ein Short-ETF beispielsweise von db x-trackers (WKN DBX1DS). Angesichts der Marktlage ist der Preis des Papiers zuletzt deutlich auf fast 35 Euro gestiegen. Für die Ewigkeit sind die Short-ETFs allerdings nicht gedacht: „Short-ETFs sollten nur für einen überschaubaren Zeitraum gehalten werden“, rät Theismann. Schließlich dreht sich die Entwicklung irgendwann um. Es sollten also auch für das Short-Papier Stoppkurse gesetzt werden.
Für Anleger mit etwas mehr Hang zum Nervenkitzel sind Short-Zertifikate eine Absicherungsmöglichkeit. Sie setzen wie Short-ETFs auf fallende Kurse. Allerdings haben sie zusätzlich eine Hebelwirkung eingebaut. Das heißt, sie steigen nicht wie die ETFs im Verhältnis 1:1, sondern prozentual deutlich stärker als der jeweilige Index.
Banken bieten diese Faktor-Shortzertifikate normalerweise für verschiedene Indizes mit unterschiedlichen Hebelfaktoren an. Bei der Commerzbank beispielsweise können Kunden im Short-Bereich zwischen sechs verschiedenen Hebeln vom zweifachen bis zum achtfachen wählen. Michael Dutz von der Vermögensverwaltung Adlatus AG rät – auch im Urlaubsfall – zu einem solchen Zertifikat mit fünffachem Hebel (WKN CZ35ET). Der Vorteil sei, so Dutz, dass der Anleger im Gegensatz zum Optionsschein weniger Fachwissen brauche. Außerdem haben die Zertifikate im Gegensatz zu den Optionen keine feste Laufzeitgrenze.
DAX knallt unter 9.000er Marke
Zu Optionsscheinen raten die meisten Experten eher den erfahrenen Anlegern. Für fallende Kurse empfiehlt sich eine Put-Option, also das Recht, ein bestimmtes Papier innerhalb eines festgelegten Zeitraums zu einem festen Preis zu verkaufen. Der Optionsschein wirkt also wie eine Art Versicherung. Allerdings gilt er als sehr spekulativ – tritt das entsprechende Ereignis nicht ein, ist am Ende der Laufzeit das eingesetzte Kapital futsch.
Grundsätzlich müssen Anleger allerdings genau prüfen, was sie absichern und ob sich das überhaupt lohnt. Vermögensverwalter Dutz warnt: „Bei kleinen Depots bis 10.000 Euro macht eine Absicherung gegebenenfalls wegen der Transaktionskosten weniger Sinn.“ Zudem würde oft der Fehler gemacht, die gesamte Aktienquote als Maßstab zu nehmen, obwohl nur ein kleiner Teil im Dax investiert ist.
Vor dem Kauf eines Short-Papiers auf den Dax muss also ermittelt werden, wie viel Volumen tatsächlich dort investiert ist. Angenommen, es sind 50.000 Euro. Bei einem fünffachen Hebel müssen folglich 10.000 Euro investiert werden, um den Depotanteil abzusichern. Gleiches gilt für andere Indizes.
Dennoch lohnt es, sich über eine mögliche Absicherung auch während des Urlaubs rechtzeitig Gedanken zu machen. Das hat die Vergangenheit bereits mehrfach gezeigt. Auch die Finanzkrise 2008 wurde in den Herbstferien so richtig turbulent.