Dauerkrise bei Disney Disney-Aktie: Zauberland ist abgebrannt

Aktienanalyse Disney Quelle: imago images

Die Rückkehr des langjährigen Chefs Bob Iger an die Spitze des Medien- und Unterhaltungsriesen Walt Disney ist keine Garantie für eine Börsen-Trendwende zum Guten.

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Die Erwartungen an die Fortsetzung des Disney-Hits „Avatar“ waren hoch. Inzwischen ist klar: James Camerons Epos „Avatar 2: The Way of Water“, gestartet Mitte Dezember, kommt an der Kinokasse gut an. Mit einem Einspielergebnis von mehr als 1,7 Milliarden Dollar hat der Film seine Produktionskosten von angeblich rund 250 Millionen Dollar längst eingespielt. Das war nicht selbstverständlich. Denn die einstige Erfolgsmaschine Disney läuft nicht mehr rund.

Wieder richten soll das Bob Iger. Der langjährige Disney-Chef kehrte im Dezember zurück an die Spitze von Walt Disney – befristet auf zwei Jahre. Iger hatte sich im Februar 2020, gerade noch rechtzeitig vor dem Ausbruch der Pandemie, vom Unterhaltungs- und Medienriesen verabschiedet. In seiner 15-jährigen Amtszeit hatte sich Iger nicht gescheut, umwälzende Entscheidungen zu treffen. Er baute Disney um zu einem Medienkonglomerat, etwa durch Zukäufe von Pixar, Marvel Entertainment, Lucasfilm und 21st Century Fox. Ende 2019, also kurz vor seinem Abschied, brachte er noch die Streaming-Plattform Disney+ an den Start.

200 Milliarden Dollar futsch

Die Börse quittierte die Nachricht über Igers Rückkehr mit einem Freudensprung – in der Spitze stieg der Kurs um fast zehn Prozent. Das war aber zunächst nur eine reflexartige Gegenbewegung nach dem dramatischen Kursverfall der Aktie. Gemessen am Rekordhoch vom 2021 verlor der Aktienkurs von Disney in der Spitze fast 60 Prozent. Knapp 200 Milliarden Dollar Marktwert gingen den Bach runter.

Das hatte sich Igers Nachfolger und Vorgänger Bob Chapek anders vorgestellt. Das Unternehmen sollte eigentlich von der Umstellung auf Streaming-Angebote und der Wiedereröffnung seiner Parks nach der Pandemie profitieren.

Die Vorlage der Zahlen zum vierten Quartal (per 1. Oktober) am 8. November aber brachte das Fass zum Überlaufen. Die Gewinnerwartungen wurden verfehlt, die Prognosen enttäuschten. Der Aktienkurs brach um 13 Prozent ein. Es war der größte prozentuale Tagesverlust seit 2001. Die Aktie landete auf dem tiefsten Schlusskurs seit März 2020. Chapek, dessen Vertrag ursprünglich bis Februar 2023 laufen sollte, aber vor fünf Monaten vorzeitig verlängert wurde, nahm kurz darauf seinen Hut.

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In Disneys Direct-to-Consumer-Segment, zu dem auch die Streaming-Plattform Disney+ gehört, übersteigen die Ausgaben für Inhalte weiter das Umsatzwachstum. Unter Chapek steigerte Disney seine Ausgaben für Inhalte im vergangenen Geschäftsjahr auf rund 30 Milliarden Dollar, verlangte von den Abonnenten aber weit weniger Geld als Konkurrenten wie Netflix, HBO Max oder Warner Bros. Discovery. Das lockt zwar Kunden an – Disney+ hat Netflix überholt bei der Abonnentenzahl –, bringt aber noch keine Gewinne. Im Gegenteil. Disneys Streaming-Sparte fuhr im Schlussquartal 1,47 Milliarden Dollar Verlust ein.

Die Sparte Disney Parks & Experiences hat sich von ihrem pandemischen Tiefpunkt zwar erholt. Der Umsatz des Segments, zu dem auch Kreuzfahrten und Verbraucherprodukte gehören, stieg um 73 Prozent auf 7,4 Milliarden Dollar. Das operative Ergebnis blieb mit 1,5 Milliarden Dollar aber weit hinter den Erwartungen zurück. Analysten hatten im Vorfeld mit 1,9 Milliarden Dollar gerechnet. Vor allem die hohe Inflation setzt hier die Margen unter Druck.

Größere Umbauten kommen

Iger übernimmt das Ruder in einer schwierigen Zeit für Disney. Die allgemeine Konsumzurückhaltung aufgrund der hohen Inflation trifft die gesamte Unterhaltungsindustrie. Die Inflationssorgen könnten im nächsten Jahr zwar nachlassen, dann aber von Rezessionssorgen abgelöst werden.

Disney selbst warnte vor möglichen Abschreibungen. Das lässt darauf schließen, dass es Iger nicht bei moderaten strategischen Anpassungen belässt, sondern größere Umbauten plant. Igers oberste Priorität wird es sein, das Streaming-Geschäft auf Profitabilität zu trimmen. Rentabilität steht jetzt an erster Stelle, nicht Abonnentenwachstum.

Geld werde nur noch dort ausgegeben, wo es dem Unternehmen einen Mehrwert bringe, sagt Iger, etwa in die Kreativteams des Konzerns. Der Einstellungsstopp, den sein Vorgänger unlängst verhängt hat, bleibe davon unangetastet.

Auf den Tisch kommen könnte allerdings wieder die Ausgliederung des Sportkabelnetzanbieters ESPN. Der aktivistische Investor Third Point des milliardenschweren Hedgefondsmanagers Dan Loeb hatte Disney bereits Anfang des Jahres zum Verkauf von ESPN aufgefordert. Angeblich gebe es eine Reihe von Interessenten an ESPN. Dessen Abonnentenzahl ist zuletzt allerdings gesunken, um zwei Millionen auf 74 Millionen Abonnenten.

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Die Idee eines Komplettverkaufs von Disney, wofür eigentlich nur Apple als Käufer in Frage käme, bezeichnete Iger als „reine Spekulation“, die nicht auf Fakten beruhe. Was aber auch unter Iger bleiben wird: Die Neuverfilmung alter Klassiker wie „Der König der Löwen“. Das waren stets Garanten für klingelnde Kinokassen.

Disney-Aktie wird kein Selbstläufer

Mutige Investoren können auf dem gedrückten Kursniveau ein paar Stücke einsammeln. Mit Blick auf das anspruchsvolle Umfeld wird die Disney-Aktie trotz Rückkehr der Disney-Ikone Iger aber kein Selbstläufer. Die Aktie ist mit einer Gewinnbewertung von 24 für 2023 nicht billig, die Dividendenrendite mit 1,2 Prozent eher mickrig. Rutscht der Aktienkurs unter die langjährige charttechnische Unterstützungszone zwischen 100 und 80 Dollar, könnte es noch eine Etage tiefer gehen. Die nächste Auffangzone wäre dann zwischen 50 und 40 Dollar. 

Hinweis: Dieser Beitrag erschien zuerst am 4.12.2022. Wir haben ihn aktualisiert und neu publiziert.

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