Dax-Ausblick Alle Augen auf der Daimler-Aktie

In der nächsten Woche dürfte der Einstieg von Geely bei Daimler für Bewegung an der Börse sorgen. Quelle: Imago

Der Einstieg des chinesischen Geely-Konzerns bei Daimler sowie anhaltende Zinsängste dürfte in der kommenden Woche auch den Aktienmarkt bestimmen.

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Der Dax wird zu Wochenbeginn ganz im Fokus des Investments des chinesischen Geely-Konzerns beim Stuttgarter Autokonzern Daimler stehen. Denn der Einstieg war am Freitag erst wenige Minuten nach Ende des Xetra-Handels an der Frankfurter Börse bekannt gegeben worden.

Geely-Verwaltungsratschef Li Shufu hat der offiziellen Mitteilung zufolge 9,7 Prozent der Anteile am Mercedes-Hersteller erworben – für etwa 7,5 Milliarden Euro. Für bisherige Daimler-Aktionäre könnte das eine gute Nachricht sein.

Die Daimler-Aktie hatte am Freitag den Xetra-Handel beim Kurs von 70,41 Euro beendet. Nachbörslich zog der Kurs der Aktie deutlich an auf 71,33 Euro – ein Aufschlag von 1,3 Prozent zum Xetra-Schlusskurs. Shufu hat die Anteilsscheine wohl mit Unterstützung der Bank of America auf dem freien Markt gekauft und nicht anderen Großaktionären ihre Pakete abgekauft. Am Samstag teilte Geely mit, den Anteil von 9,7 Prozent an Daimler auf absehbare Zeit nicht ausbauen zu wollen. „Daimler ist ein herausragendes Unternehmen mit einem erstklassigen Management“, wurde Li in der Mitteilung zitiert. Es sei eine Ehre, Konzernchef Dieter Zetsche und dessen Team zu unterstützen.

„Es ist nicht klar, was Geely möchte“, so Bernsetin-Research-Analyst Max Warburton. „Aber wir sehen das als Teil eines größeren chinesischen Vorstoßes, mehr auf die europäische Autoindustrie einwirken zu können.“ Noch ist unklar, ob Shufu einen Sitz im Aufsichtsrat erhalten wird – doch als größter Einzelaktionär dürfte er sich dieses Privileg kaum entgehen lassen. Analyst Arndt Ellinghorst von Evercore ISI vermutet, dass der Kauf des Aktienpakets vor allem einen Hintergrund hat: Volvo. „Geely braucht mittelfristig einen Partner für Volvo“, sagte er in einer ersten Einschätzung. „Mercedes könnte Volvo mit Technologie unterstützen oder die Marke gar ganz übernehmen. Ohne industrielle Ambitionen investiert niemand soviel Geld in Daimler.“

An der Berechnung des Dax hat die Daimler-Aktie einen Anteil von 6,6 Prozent und ist damit der derzeit sechstwichtigste Wert des Index. Somit würde eine deutliche Kursbewegung sich auch auf den Leitindex auswirken.

Doch nicht nur Daimler dürfte in der kommenden Handelswoche die Stimmung an den Aktienmärkten maßgeblich prägen. Auch die Furcht vor ansteigenden Zinsen dürfte deutlich anziehenden Notierungen entgegenstehen. Zinssorgen waren bereits der Auslöser für das Kursbeben, das die Börsen in der ersten Februarhälfte weltweit erschüttert hat und die Aktienkurse in Europa und den USA im Schnitt um ein Zehntel einbrechen ließ. Investoren treibt weiterhin um, dass die Leitzinsen in den USA schneller steigen könnten als lange Zeit angenommen worden ist. Denn die weltweit größte Volkswirtschaft brummt, die Arbeitslosigkeit ist so niedrig wie lange nicht und die Stundenlöhne sind zuletzt unerwartet stark gestiegen. Dies alles könnte die Inflation deutlich klettern und die Notenbank zum Gegensteuern zwingen, in dem sie ihren Ausstieg aus der bisher wirtschaftsstimulierenden Geldpolitik beschleunigt.

Deswegen markierte vergangene Woche die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen zeitweise ein Vier-Jahres-Hoch bei nur noch knapp unter drei Prozent. Steigende Zinsen am weltweit taktgebenden Kapitalmarkt belasten nicht nur US-Aktien, sondern auch Dax & Co. aus mehreren Gründen: Sie lassen Anleihen attraktiver erscheinen im Vergleich zu Aktien, weil die Zinserträge im Verhältnis zu Dividendenrenditen steigen. Gleichzeitig belasten sie die langfristige Ertragsentwicklung der Unternehmen wegen der steigenden Refinanzierungsaufwendungen.

„Für die Aktienmärkte sind dies keine guten Nachrichten“

Neue Hinweise auf die weiteren geldpolitischen Aussichten erhoffen sich Anleger zunächst am Dienstag, wenn der neue Vorsitzende der US-Zentralbank Jerome Powell im Kongress auftritt. Hier könnte der Fed-Chef erstmals andeuten, welchen Kurs die Notenbank unter seiner Führung forcieren wird. Experten der Commerzbank gehen nach dem jüngst veröffentlichten Januar-Protokoll der Fed davon aus, dass die Wahrungshüter in den USA die Leitzinsen bereits im März weiter erhöhen werden und es 2018 insgesamt vier Schritte geben wird. „Dies wäre eine stärkere Anhebung als die Fed im Dezember in ihren letzten Projektionen in Aussicht gestellt hatte, als sie von drei Schritten ausging“, gibt Commerzbank-Ökonom Christoph Balz zu bedenken.

Ob die Zinsängste der Investoren für die Eurozone im Einklang stehen mit der Inflationsentwicklung könnten die Verbraucherpreis-Daten für Februar deutlich machen, die am Mittwoch veröffentlicht werden. Marktanalyst Jochen Stanzl vom Brokerhaus CMC Markets warnt davor, dass die Zentralbanken einen Drahtseilakt vor sich haben: „Sie müssen das Undenkbare schaffen: Dem Markt das Ende der Medikamente verkaufen, ohne dass die Entzugserscheinungen allzu großen Schaden anrichten."

Für wachsende Skepsis an den Börsen sogt zudem, dass die Konjunkturdaten inzwischen nicht mehr ganz so regelmäßig die Erwartungen der Volkswirte übertreffen. Ende vergangener Woche war etwa mit dem Ifo-Geschäftsklimaindex der wichtigste Frühindikator für die deutsche Volkswirtschaft enttäuschend ausgefallen.

„Für die Aktienmärkte sind dies keine guten Nachrichten. Lässt das konjunkturelle Momentum nach, drückt dies auf die Gewinnschätzungen der Unternehmen, was in den nächsten Monaten für anhaltenden Gegenwind an den Börsen spricht“, urteilt Daniel Hartmann, Chefvolkswirt beim Vermögensverwalter Bantleon. Daher werden Marktbeobachter in den kommenden Tagen auch Stimmungsindikatoren in Europa und auf der anderen Seite des Atlantiks genau unter die Lupe nehmen: Zunächst rückt das Wirtschaftsvertrauen für die Eurozone in den Fokus, das am Dienstag veröffentlicht wird. Einen Tag später konzentrieren sich hierzulande die Blicke auf die Verbraucherseite mit dem deutschen GfK-Konsumklima. Schließlich stehen in den USA am Freitag Daten zum dortigen Konsumentenvertrauen für Februar an.

In Deckung bleiben dürften viele Börsianer zudem, weil am kommenden Wochenende wichtige politische Weichenstellungen anstehen: Die SPD will am Sonntag das Ergebnis ihrer Mitgliederbefragung zur geplanten Großen Koalition bekanntgeben, zugleich wird in Italien ein neues Parlament gewählt. Damit befinden zwei wichtige Länder der Eurozone gleichzeitig darüber, ob jeweils eine stabile Regierung gebildet werden kann.

Zwar dürfte Experten zufolge eine Ablehnung des Koalitionsvertrages durch die SPD-Mitglieder die Börsen nicht sonderlich erschüttern. „Die Wirtschaft läuft auch ohne Regierung gut“, sagt etwa Folker Hellmeyer, Chef-Analyst des Vermögensverwalters Solvecon-Invest. Der Dax werde einen möglichen Rücksetzer sicher binnen weniger Stunden wettmachen können. Einflussreicher für die Aktienmärkte sei allerdings, ob eine funktionsfähige Regierung in Rom zustande kommt. Experten befürchten einen deutlichen Erfolg für die Euro-skeptischen Parteien Italiens und langwierigen Koalitionsgespräche.

Anleiheinvestoren machte die Ungewissheit über den Ausgang des Urnengangs im Stiefelstaat bereits in den vergangenen Handelstagen zu schaffen: Die Kurse der zehnjährigen italienischen Titel fielen, im Gegenzug kletterte die Rendite in der abgelaufenen Woche um zehn Basispunkte und steuerte damit auf den größten Wochenanstieg in diesem Jahr zu. Am Freitag lag die Rendite zeitweise bei 2,103 Prozent. Deutsche Staatsanleihen mit zehnjähriger Restlaufzeit und andere Anleihen aus dem Kern der Eurozone rentierten dagegen zum Wochenschluss niedriger. Der Abstand zu Peripheriebonds, der als Signal für steigende politische Risiken innerhalb der Eurozone gilt, weitete sich dadurch aus.

Mit der auslaufenden Bilanzsaison geht ein Kurstreiber verloren

Die Nervosität vor der Wahl spiegelt sich inzwischen auch in den Kursen für sogenannte Credit Default Swaps wider: Die Kosten zur Absicherung eines Pakets italienischer Anleihen im Volumen von zehn Millionen Euro verteuerte sich um am Freitag 1000 auf 105.000 Euro, teilte der Branchendienst Markit mit.

Am Aktienmarkt kamen die Notierungen auf Wochensicht kaum vom Fleck. Der Dax verharrte unter dem Strich bei knapp 12.500 Punkten. Seit Monatsbeginn hat das hierzulande meistbeachtete Börsenbarometer 5,5 Prozent an Wert eingebüßt.

Bei den Einzelwerten standen Ende vergangener Woche europaweit vor allem zahlreichen Unternehmen im Fokus, die Geschäftszahlen vorgelegt hatten. Die Folge: Telekomwerte bildeten den stärksten Teilindex des marktbreiten Stoxx Europe 600, angeführt von Anteilsscheinen der BT Group und der Deutsche Telekom, die positiv aufgenommene Ergebnisse vorgelegt hatten.

Automobilwerte entwickelten sich derweil schwächer als der Gesamtmarkt. Hier belastete der Ausblick des französischen Autozulieferers Valeo, der von Analysten als enttäuschend bezeichnet wurde. Auch der Dax-Konzern Volkswagen konnte die Anleger mit den Zahlen für das vergangene Geschäftsjahr nicht überzeugen.

In der kommenden Handelswoche neigt sich die Bilanzwelle im Ausland dem Ende zu, in Deutschland legen noch einige bedeutende Konzerne ihre Geschäftsdaten offen. Dazu zählen etwa Fresenius, Fresenius Medical Care und BASF, die ihre Zahlenwerke am Dienstag präsentieren. Bayer, Salzgitter und die Aareal Bank folgen am Mittwoch. Am Donnerstag berichten unter anderem Beiersdorf, Rheinmetall und Zalando über ihre jüngsten Ergebnisse.

Mit Material von Reuters

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