Dax-Ausblick Börsianer in Alarmbereitschaft

Der Countdown läuft. Vor der US-Wahl am Dienstag werden die Investoren nervöser. Ein Wahlsieger Trump würde an den Märkten für enorme Turbulenzen sorgen – gerade auch im Dax.

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Auch Investoren an der Börse sind alarmiert. Quelle: Imago

Frankfurt Je näher die US-Präsidentschaftswahlen am 8. November rücken, desto nervöser werden die Investoren. In der vergangenen Woche schloss der Dax an keinem einzigen Tag im Plus und verlor unter dem Strich rund vier Prozent, der höchste Verlust seit einem Dreivierteljähr. Mit 10.212 Punkten erreichte das wichtigste deutsche Börsenbarometer dabei am Freitag zeitweise den niedrigsten Stand seit fünf Wochen – und erholte sich später leicht. Noch könne von Angst oder gar Panik keine Rede sein, meint Elmar Völkel, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg. Doch das könnte sich schnell ändern, wenn der Donald Trump tatsächlich der 45. Präsident der Vereinigten Staaten werden würde.

Trumps Aussichten hatten sich zuletzt wieder verbessert. Führende US-Ökonomen bezeichnen den Republikaner als „gefährlich und destruktiv“. Trump gilt als unberechenbar, seine politischen und wirtschaftlichen Pläne sind schwer zu durchschauen. „Ein Wahlsieg Donald Trumps würde den Dax wohl ähnlich stark belasten wie das Brexit-Votum im Juni“, meint Andreas Hürkamp, Aktienstratege bei der Commerzbank. Am Tag nach dem Votum der Briten gegen die Europäische Union war der Dax am 24. Juni gleich zur Eröffnung um rund zehn Prozent eingebrochen, danach ging es noch einige Tage holprig weiter bis der Dax schließlich ab dem 6. Juli zur Erholung ansetzte.

Noch hätten die Märkte keinen Trump-Sieg eingepreist, meint auch Mark Burgess, Aktienchef beim Fondshaus Columbia Threadneedle. Dies hält er für ein Risiko, falls „das Unerwartete doch eintritt". Auch Manfred Bucher, Aktienstratege bei der BayernLB, rechnet zumindest kurzfristig mit erhöhter Risikofurcht und entsprechend schwächeren Aktienmärkten, falls Trump sich gegen seine demokratische Rivalin Hillary Clinton durchsetzen sollte. Dabei dürften laut Bucher der Dax als sehr konjunktursensitiver Index und der von der globalen Risikostimmung abhängige japanische Nikkei 225 Index sogar stärker leiden als der breite US-Aktienmarkt gemessen am S&P 500. Das würde sich dadurch verstärken, dass der Dollar bei einem Trump-Sieg gegenüber dem Euro und dem Yen abwerten dürfte. Genau dies würde zusätzlichen Druck auf den Dax und den Nikkei 225 ausüben.

Doch was ist, wenn sich Clinton durchsetzt? Besser für die Börse wäre es, doch viele Strategen glauben dann zwar an zunächst steigende Kurse, aber nicht an die ganz große Erleichterungsrally. „Problematisch wäre zudem ein sehr knappes Ergebnis, dass dann gegebenenfalls vom Trump-Lager angegriffen wird und zu einer Phase der Unsicherheit führt“, meint Bucher. Und auch für Columbia Threadneedle wird selbst der beste Ausgang für die Börsen - eine Präsidentin Clinton bei gleichzeitiger Mehrheit der Republikaner im Repräsentantenhaus – an den Börsen lediglich „neutral bis leicht positiv aufgenommen“. Der beste Ausgang wäre dieses Ergebnis für die Börsen laut Threadneedle, weil zum einen die von Clinton als Präsidentin zu erwartenden schärferen Regulierungen nur in abgeschwächter Form durchsetzbar wären.


Wetzt die Fed die Zinsmesser?

Vom Ausgang der US-Wahl hängt für Börsianer auch noch ein weiteres wichtiges Thema ab: Die nächste US-Zinserhöhung. Ökonomen sind sich nicht einig, wie es damit weitergeht. „Wenn Clinton die Wahl gewinnt wird die US-Notenbank die Zinsmesser wetzen“, meint Thomas Gitzel, Chefökonom bei der VP Bank in Liechtenstein. Wenn sie sich dagegen Trump durchsetzt, glaubt er, dass die US-Notenbank nicht agieren wird. Bernd Krampen von der NordLB ist ebenfalls skeptisch: Zwar könnte die Federal Reserve sowohl mit Clinton als auch mit Trump weiter zu einer Zinsanhebung neigen, dies dürfte aber wohl nur gelten, wenn es nicht zu größeren Marktturbulenzen in den nächsten Wochen kommt. Im Falle von Marktverwerfungen schließt Krampen dagegen ein weiteres Abwarten der Notenbank nicht aus. Bei ihrer Sitzung in der vergangenen Woche hatten sich nach Ansicht der Fed die Argumente für eine Zinserhöhung verstärkt.

Für Völker von der LBBW dürfte die Fed dagegen unabhängig vom Wahlausgang auf Zinserhöhungskurs bleiben – zumal der am Freitag veröffentlichte US-Arbeitsmarktbericht sich weiter robust zeigte. Die Zahl der neugeschaffenen Stellen im Oktober fiel zwar mit 161.000 etwas geringer aus als erwartet, doch dafür sank die Arbeitslosenquote auf 4,9 Prozent und der Anstieg der Stundenlöhne von 2,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr lag über den Erwartungen. Hürden für eine Zinserhöhung der Fed im Dezember bot der Arbeitsmarkt für Ralf Umlauf, Analyst bei der Helaba, nicht.

Vor dem Hintergrund der US-Zinspolitik dürften Investoren deshalb in der nächsten Woche zumindest am Rande auch auf den am Freitag anstehenden nationalen Konsumklimaindex der Universität Michigan schauen. Im Oktober hatte sich die Kauflaune der US-Konsumenten überraschend eingetrübt und war auf den niedrigsten Wert seit September 2015 gefallen. Sonderlich marktbewegende Konjunkturdaten aus Deutschland stehen in der kommenden Woche nicht an.

Dafür hagelt es Quartalszahlen. Besonders gespannt achten Investoren auf die Jahresabschlusszahlen – der Konzern hat ein gebrochenes Geschäftsjahr – von Siemens am Donnerstag. Vorstandschef Joe Kaeser hat seine Gewinnprognose im Jahresverlauf bereits zweimal erhöht. Investoren hoffen, dass der dank Zukäufe zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder die Umsatzmarke von 80 Milliarden Euro knacken konnte. Ebenfalls am Donnerstag präsentieren Continental und Deutsche Telekom Quartalszahlen. Am Freitag folgt die Allianz. Zuvor berichten am Dienstag Deutsche Post und Henkel und am Mittwoch Munich Re, Eon und Heidelberg Cement.

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