Dax-Ausblick „Eine Korrektur wäre keine Überraschung“

Die neue Börsenwoche steht auch in Deutschland ganz im Zeichen des neuen US-Präsidenten. Dabei haben die Börsen zuletzt schon viel Gutes vorweggenommen. Worauf es jetzt ankommt.

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Die Börsen haben den neuen US-Präsidenten mit viel Vorschusslorbeeren bedacht. Kippt jetzt die Stimmung? Quelle: Imago

Frankfurt Der Dax ist fremdbestimmt. In der kommenden Woche werden die Investoren weniger auf die Entwicklung der deutschen Unternehmen schauen als vielmehr in die USA. Dort wurde am Freitagabend Donald Trump als 45. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt. Die US-Börsen reagierten auf seine Antrittsrede mit leichten Kursgewinnen. Dabei war zuletzt von der lange Zeit herrschenden Euphorie am US-Aktienmarkt nichts mehr zu spüren gewesen.Der Dow-Jones-Index hatte vor der Amtseinführung Trumps fünf Tage in Folge verloren. Dem Dax ging es ähnlich.

„Anleger sind unsicher, ob der neue Präsident die hochgesteckten Erwartungen tatsächlich erfüllen kann“, meint Wolfgang Albrecht, Investment-Analyst der Landesbank Baden-Württemberg. Die Ankündigungen des als unberechenbar geltenden Trump, der regelmäßig mit Kurznachrichten über Twitter für Verwirrung sorgt, hatte Steuersenkungen, Deregulierungen und Infrastrukturprogramme angekündigt. Investoren reagierten darauf überraschend euphorisch.

Seit Trumps-Wahl Anfang November hat der Dow Jones Index knapp neun Prozent zugelegt und dabei mehrere Rekorde markiert – auch wenn er an der Marke von 20.000 Punkten scheiterte. Der Dax gewann seit Anfang November sogar elf Prozent, bleibt aber weiter deutlich unter seinem im April 2015 markierten Allzeithoch von 12.391 Punkten. Zuletzt notierte Deutschlands wichtigstes Börsenbarometer bei 11.630Zählern. „Eine moderate Korrektur wäre keine Überraschung“, meint Frank Wohlgemuth, Analyst bei der DZ Bank.

Dabei mehren sich auch bei Investoren die warnenden Stimmen. „Die negativen Auswirkungen der „America First“-Strategie des neuen US-Präsidenten auf die Produktivität und die Gewinnmargen sind von den Märkten noch nicht eingepreist“, meint zum Beispiel Jeremy Lawson, Chefvolkswirt bei Standard Life Investments. Anleger würden den von Trump propagierten Protektionismus und dessen Folgen ausblenden, sagt auch Uwe Rathausky, Vorstand bei der Gané Aktiengesellschaft.

Wohlgemuth sieht das ähnlich: „America first“ sei in der in einer stark globalisierten Welt zwar leicht propagiert, die Umsetzung gehe aber mit sehr spürbaren realen Auswirkungen einher. Auch Bernd Weidensteiner von der Commerzbank warnt: „Einen nachhaltigen Erfolg verspricht Trumps Politik nicht, auch wenn anziehende Löhne seine Präsidentschaft zunächst in ein günstiges Licht rücken dürften.“ Dabei böten die versprochenen Deregulierungen noch das größte Aufwärtspotenzial für die Wirtschaft, meint Weidensteiner. Allerdings würden die Deregulierungen durch Trumps Protektionismus konterkariert. Das ist allerdings gar nicht so schlecht, denn die Deregulierung erhöht auch das Risiko neuer Blasen an den Finanzmärkten.


Die Briten und ihr Brexit

Libby Cantrill vom Fondshaus Pimco, bringt es so auf den Punkt „Unter dem Strich ist es einfacher eine Kampagne zu führen als zu regieren.“ Dabei seien viele der Punkte, die Trump angehen wolle – unter anderem die Steuerreform und ein Infrastruktur-Programm — sehr komplex und zeitaufwendig umzusetzen – selbst mit der republikanischen Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses. Von daher könnte ein Teil von Trumps Agenda auch erst 2018 konkret werden. Ganz skeptisch zeigte sich der legendäre Investor George Soros auf dem Wirtschaftsforum in Davos. Er rechnet fest mit einem baldigen Ende des jüngsten durch Trump angetriebenen Aktienmarktaufschwungs: „Derzeit ist die Unsicherheit auf einem Höchststand. Und Unsicherheit ist der Feind von langfristigen Investments.“

Aber es sind nicht nur die USA, die auch deutsche Investoren in der neuen Woche beschäftigen werden. Am Dienstag werden sich die Blicke nach Großbritannien richten, wo der Supreme Court entscheidet, ob und in welchem Umfang die Regierung für die Artikel 50-Auslösung und damit den Abschied der Briten aus der Europäischen Union die Zustimmung des Parlaments benötigt. Nach den in der vergangenen Woche vorgestellten Plänen Großbritanniens Premier Theresa May gilt der Brexit aber als sicher. Einen Rückzug von den Ausstiegsplänen dürfte es nicht geben, sind zum Beispiel die Experten der Helaba sicher.

Die Aktienmärkte hatte dabei das Brexit Thema in der vergangenen Woche ohnehin kalt gelassen. Das Pfund, das seit der Brexit- Entscheidung am 23. Juni gegenüber dem Euro fast zwölf Prozent abgewertet hatte, legte dagegen zu. „Die jüngste Aufwertung des Pfunds ist aber wohl kaum nachhaltig“, meint Antje Praefke, Devisenanalystin bei der Commerzbank: „ Wenn die ersten negativen Effekte des geplanten Ausstiegs aus der EU sichtbar werden– etwa weil ausländische Firmen Investitionen in Großbritannien zurückfahren oder sich die Konjunkturdaten abschwächen – und damit die Unsicherheit wieder steigt, wird das Pfund wieder schnell unter Druck kommen.“

Der Dollar dagegen dürfte noch etwas weiter zulegen. Trump hatte vergangene Woche in einem Interview mit dem Wall Street Journal behauptet, der starke Dollar bringe die USA noch um. US-Notenbankchefin Janet Yellen betonte kurze Zeit später, dass die Zinsen weiter steigen werden. „Dabei wird wohl die Fed die Oberhand behalten und der Dollar weiter zulegen“, sagt Praefke. Patrick Harms, Analyst bei der HSH Nordbank, stimmt zu. „Welche Mittel der Präsident überhaupt hätte die Währung im Zweifelsfall zu schwächen ist unklar, sodass seiner Bemerkung wohl kaum weitere Maßnahmen folgen dürften.“

Neben der Politik gibt es aber natürlich auch in der kommenden Woche Konjunkturdaten, die zumindest kurzfristig die Märkte etwas bewegen könnten. Dabei sind vor allem die Stimmungsindikatoren wichtig. Gleich am Montag gibt es das Verbrauchervertrauen in der Euro-Zone, bei dem Ökonomen etwas bessere Werte als zuletzt erwarten. Am Dienstag gibt es deutsche und europäische Einkaufsmanagerindizes, die mehr oder weniger stagnieren dürften. Am Mittwoch steht der Ifo-Index auf der Agenda, der der die Stimmung in den deutschen Chef-Etagen widerspiegelt und laut Ökonomen leicht gestiegen sein dürfte. Den Abschluss bildet der GfK Konsumklimaindex am Donnerstag, bei dem ein zumindest leichter Anstieg erwartet wird.

Dazu kommen aus Großbritannien am Donnerstag erste Zahlen zum Wirtschaftswachstum im vierten Quartal, wo mit einer Steigerung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gegenüber dem Vorquartal von 0,5 nach 0,6 Prozent gerechnet wird. In den USA dürfte das BIP im vierten Quartal dagegen gegen dem Vorquartal nur noch um 2,1 Prozent gewachsen sein, nach 3,5 Prozent im Vorquartal. Die US-BIP-Zahlen kommen am Freitag.


Auf diese Unternehmensergebnisse achten Anleger

Bei den Unternehmen gibt es aus den USA — anders als bei der Konjunktur – mehr Zahlen aus den USA als aus Europa. Dabei dürften Investoren vor dem Hintergrund der neuen US-Regierung bei den anstehenden Firmenergebnisse wohl noch mehr als üblich auf die Ausblicke achten. Am Montag berichtet Mc Donald’s, am Dienstag der Mischkonzern 3M, Aluminiumriese Alcoa, Du Pont, Johnson & Johnson, Texas Instruments und Verizon. Am Mittwoch öffnen unter anderem AT &T, Boeing, Ebay, Procter & Gamble und United Technologies ihre Bücher, am Donnerstag folgen die Google-Mutter Alphabet, Caterpillar, Dow Chemical, Ford Motor, Microsoft und der K+S-Konkurrent Potash.. Am Freitag hat unter den großen US-Konzern der Ölkonzern Chevron Zahlen angekündigt.

In Europa beginnt die Bilanzsaison dagegen erst allmählich. Im Dax gibt SAP den Auftakt. Dabei erwarten Analysten von der Softwareschmiede gute vorläufige Zahlen für das Schlussquartal. Sie schätzen, dass vor allem das Geschäft mit Cloud-Dienstleistungen gut gelaufen ist. Die Analysten von Goldman Sachs haben schon vor der Vorlage der Zahlen ihr Kursziel um zehn auf 110 Euro angehoben. Das entspricht einem Aufwärtspotenzial von mehr als 30 Prozent gegenüber dem aktuellen Kurs.

Spannend für europäische Anleger werden zudem die Zahlen von Easyjet und Philips am Dienstag, von Banco Santander und Novartis am Mittwoch und von Unilever am Donnerstag. Am Freitag schauen Anlege zudem gespannt auf die Jahresbilanz der schweizerischen Großbank UBS und auf die Hauptversammlung von Thyssen-Krupp. Trotz all dieser Daten bleibt aber der neue US-Präsident noch für längere Zeit ein besonders wichtiges Thema – auch für die europäischen Aktienmärkte. Michael Beck, Leiter des Asset Managements beim Bankhaus Ellwanger & Geiger drückt das so aus: „Es bleibt nur zu hoffen, dass der politische US-Elefant nicht so viel Porzellan zerschlägt, dass sich die für sich guten Rahmenbedingungen für die Aktienmärkte in Luft auflösen.“

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