Dax-Ausblick Nachhaltige Korrektur? Fehlanzeige!

Der Dax ist von seinem Rekordhoch schnell wieder abgeprallt. Die Korrektur könnte noch diese Woche weitergehen – doch das wird laut Analysten nicht der Fall sein. Überraschungen könnte besonders der Dienstag parat haben.

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Der Dax ist von seinem Rekordhoch wieder abgeprallt Quelle: Imago

Frankfurt So schnell kann es gehen. Am Dienstag hat der Dax mit knapp 13.526 Punkten noch ein Allzeithoch markiert, seither fiel er im Tief am Freitag auf bis zu 13.111 Punkte und damit um knapp drei Prozent. Das macht Investoren nervös, die angesichts der hohen Bewertungen an den Börsen ohnehin vorsichtiger werden. Immerhin hat das wichtigste deutsche Börsenbarometer seit Januar unter dem Strich fast 15 Prozent zugelegt und damit alle Erwartungen vom Jahresanfang massiv übertroffen. Dabei sind sowohl die Kurs-Buchwert als auch die Kurs-Gewinnverhältnisse der meisten Aktien deutlich gestiegen.

„Dax hat die Wahl einer Mini- oder Monsterkorrektur?“ schrieb daraufhin die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Verweis auf charttechnische Analysen. Solche Schlagzeilen mögen aufschrecken, doch die Wahrscheinlichkeit eines tatsächlichen Einbruchs ist auch aus charttechnischer Sicht gering. „Selbst eine Jahresendrally ist eben keine Einbahnstraße“, meint Martin Utschneider, technischer Analyst des Münchener Vermögensverwalters Donner & Reuschel.

Das sehen auch Analysten so, die nicht ausschließlich auf die Charttechnik setzen. „Die aktuellen Gewinnmitnahmen bei Aktien wegen des Konfliktes im Nahen Osten und einer kontroversen Debatte um die US-Steuersenkung sind als reinigendes Gewitter zu sehen, nicht als Beginn einer großen nachhaltigen Korrektur“, ist Robert Halver, Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank überzeugt. Schließlich seien die fundamentalen und geldpolitischen Rahmendaten intakt.

Auch Martin Dresp, Investmentanalyst bei der Landesbank Baden-Württemberg, geht davon aus, dass Investoren nach dem Höhenflug der vergangenen Wochen schlicht Gewinne mitgenommen haben. Manfred Bucher, Aktienstratege bei der Bayern LB, glaubt, dass die Märkte nur kurzfristig korrekturanfällig sind, nachdem der Dax zuvor innerhalb von zwei Wochen satte 4,4 Prozent zugelegt hatte. Solange die Profitabilität der Unternehmen wie aktuell sehr hoch und die Zinsen sehr niedrig seien, müssten die ambitionierten Bewertungen „nicht allzu problematisch sein“, meint Bucher. Erst wenn sich die Konjunktur deutlich eintrübe oder die Zinsen spürbar steigen, würden die Bewertungen unter Druck geraten.

Doch danach sieht es eben aktuell nicht aus. Erst in dieser Woche hat die Europäische Kommission ihre Prognose für das Wachstum in der Euro-Zone erhöht. Sie geht davon aus, dass der Euro-Raum mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von 2,2 Prozent in diesem Jahr so stark wachsen wird wie seit zehn Jahren nicht mehr. Und mit 2,1 Prozent im nächsten und 1,9 Prozent im übernächsten Jahr werde das Wachstum im Euro-Raum weiter anhalten.

Am Dienstag dürften die Daten zum Wachstum der deutschen Wirtschaft die positiven Erwartungen bestätigen. Ökonomen rechnen im Vergleich zum Vorquartal mit einem erneuten Plus von 0,6 Prozent, im Vergleich zum Vorjahresquartal dürfte das deutsche Bruttoinlandsprodukt 2,3 Prozent zugelegt haben.

Auch für die am Dienstag anstehende Umfrage des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) unter Analysten und Investoren zur Entwicklung der deutschen Konjunktur in den kommenden Monaten werden gute Ergebnisse erwartet. „Die Aussichten für die kommenden sechs Monate dürften deutlich besser eingeschätzt werden als zuvor, meint Rütger Teuscher, Volkswirt bei der DZ Bank.


Stelldichein der Notenbanker

Bei Frühindikatoren aus den USA, wie den Geschäftsklimaindizes für die Großräume New York und Philadelphia, rechnen Volkswirte zwar mit einem Rückgang – aber von einem hohen Niveau. Wichtiger in den USA ist die Debatte um die Steuerreform. „Die Tatsache, dass die Aktienmärkte in Erwartung all der Versprechen von Präsident Trump gestiegen sind und sie jetzt womöglich nicht umgesetzt werden, könnte zu Kursverlusten führen“, warnt Chefhändler Ken Polcari vom Brokerhaus O‘Neil Securities in New York. Die Republikaner im US-Senat wollen zuletzt die von Trump angekündigte Senkung der Unternehmenssteuer bis 2019 hinauszögern, da sie eine deutliche Ausweitung des Staatsdefizits durch die Steuersenkung erwarten.

Achten werden Investoren zudem auf die Notenbank-Konferenz in Frankfurt, zu der die Europäische Zentralbank (EZB) am Dienstag ihre weltweiten Zentralbank-Kollegen eingeladen hat. Neben EZB-Präsident Mario Draghi sprechen die Chefin der US-Notenbank Fed, Janet Yellen, Bank-of-England-Präsident Mark Carney sowie der japanische Notenbankchef Haruhiko Kuroda.

Der Höhepunkt der Quartalssaison mit den Ergebnissen der Unternehmen ist zwar vorbei, doch auch in der kommenden Woche gibt es noch einige Berichte. Der Höhepunkt ist hierbei ebenfalls der Dienstag. Aus dem Dax legen dann Infineon, Henkel und RWE Zahlen vor. Hoffnungen setzen Analysen dabei vor allem auf Infineon. Deutschlands größter Chiphersteller dürfte neue Bestmarken bei Erlösen und Gewinn erzielen – allerdings rechnet der Markt damit bereits, von daher sind die Erwartungen hoch und das Überraschungspotenzial gering.

Bei RWE laufen die Geschäfte mit den Kohlekraftwerken und bei der Tochter Innogy, die am Montag Zahlen vorlegt, ebenfalls gut. Michel Debs von der US-Bank Citi sieht allerdings Risiken von politischer Seite, wenn es der EU im November gelingt, höhere Preise im CO2-Emissionshandel durchzusetzen. Schwierig würde es zudem werden, wenn die Grünen bei den Koalitionsverhandlungen in Deutschland Schließungen von Kohlekraftwerken erwirken würden.

Bei Henkel dürfte das dritte Quartal laut Analystin Eva Quiroga-Thiele ein „holpriges“ gewesen sein. Der Fokus des Konsumgüterherstellers dürfte sich auf das flächenbereinigte Wachstum richten, vor allem im Geschäft mit Kosmetika. Daneben gibt es noch zahlreiche Ergebnisse von Unternehmen aus der zweiten und dritten Börsenreihe, wie am Dienstag von Bilfinger, Nordex, Drillisch oder Deutsche Wohnen und am Mittwoch von zum Beispiel K+S, Lanxess, und Sixt.

Bei negativen Überraschungen könnten hier einzelne Aktien wieder deutlich fallen. Aber das trübt insgesamt die Hoffnungen der Börsianer für den Markt nicht. Bucher von der BayernLB drückt das so aus: „Eine möglich Fortsetzung der Kurskorrektur würden wir nur als temporär einschätzen und als gesunde Verschnaufpause betrachten.“

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