Dax-Ausblick Sommergewitter drohen

Der Dax ist auf den tiefsten Stand seit drei Monaten gefallen. Anleger rechnen mit weiteren Turbulenzen. Als einen der „Schuldigen“ dafür machen sie den deutlich gestiegenen Euro aus.

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Auch am Aktienmarkt fürchten Anleger Turbulenzen. Quelle: dpa

Frankfurt Des einen Freud, des andern Leid. Der Höhenflug des Euros hat in der vergangenen Woche vielen europäischen exportorientierten Aktien heftig zugesetzt. Der Dax beendete die Woche unter dem Strich mit einem Verlust von gut drei Prozent. Dabei ging es allein am Freitag um 1,6 Prozent nach unten. Mit dem Stand von 12.240 Punkten notiert der Dax so niedrig wie zuletzt vor drei Monaten. Und auch in die kommende Woche blicken Börsianer eher vorsichtig. „Die Agenda der kommenden Woche bietet viel Stoff für eine wieder steigende Volatilität an den Finanzmärkten“, heißt es etwa bei der Privatbank Merck Finck.

Dabei zeigten sich viele Analysten über den jüngsten Aufschwung des Euros überrascht. Die europäische Gemeinschaftswährung war nach der Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag über die Marke von 1,16 Dollar gestiegen und notierte am Freitag mit in der Spitze 1,1679 Dollar so hoch wie zuletzt im August 2015. Erstaunlich ist dies, weil EZB-Präsident Mario Draghi den „Ausstiegsbammel“ gebremst hatte, wie es Alexander Krüger, Chefvolkswirt beim Bankhaus Lampe ausdrückt.

Die EZB hatte entgegen der Erwartungen vieler Investoren in ihrem Eingangsstatement der Ratssitzung den Passus, dass das Anleihekaufprogramm bei Bedarf bezüglich Dauer und/oder Volumen ausgeweitet werden könne, behalten. Damit dämmte Draghi die Erwartungen, dass die EZB bei ihrer Sitzung im September den Ausstieg aus den Anleihekäufen der Notenbank verkündet. Die Kurse an den Anleihemärkten stiegen darauf hin etwas, im Gegenzug sanken die Renditen. So rentierte die zehnjährige deutsche Bundesanleihe zuletzt mit 0,51 Prozent und damit immerhin zehn Basispunkte (0,1 Prozentpunkte) niedriger als zu Wochenbeginn.

Doch auch wenn etwas Zeit gewonnen ist, zweifeln Investoren nicht daran, dass die EZB im nächsten Jahr ihre Anleihekäufe zurückfahren wird. Für den Euro reichte diese Einschätzung offenbar für weitere Gewinne. Dabei ist die Euro-Stärke aber zugleich eine Dollar-Schwäche. Viele Investoren haben die Hoffnung aufgegeben, dass der US-Präsident seine Wirtschaftspläne umsetzen kann, da er Anfang der Woche nicht einmal genug Stimmen aus den eigenen republikanischen Reihen für den Entwurf seines Krankenversicherungsgesetztes „Trumpcare“ zusammenbekam.

Bereits dies hatte den Euro die Marke von 1,15 Dollar überwinden lassen. „Die Devisenmärkte reagieren am schnellsten auf politische Entwicklungen“, sagt dazu Dirk Aufderheide, Währungschef bei der Deutschen Asset Management mit Blick auf die Tatsache, dass der US-Aktienmarkt trotz der Enttäuschung über Trump zuletzt neue Rekordhochs erklommen hat.

Doch der starke Euro schlägt jetzt an den hiesigen Aktienmärkten zurück. Die Marge von Firmen, die größtenteils im Euro-Raum produzieren, wird durch den festeren Euro schließlich geschmälert. Gleichzeitig werden die Waren der auf den Export fokussierten Unternehmen bei einem steigenden Euro im Welthandel weniger wettbewerbsfähig.


Hohe Ansprüche an Quartalszahlen

Doch das ist es nicht allein. Investoren sind allgemein nervös, weil die Aktienmärkte trotz des jüngsten Rückschlags immer noch sehr hoch bewertet sind. „An den Kapitalmärkten scheint es stärker denn je an Anlagealternativen zu fehlen“, meint dazu Christian Kahler, Aktienstratege bei der DZ Bank. Anderweitig sei kaum zu erklären, warum im ersten Halbjahr des laufenden Jahres 26 der größten 30 Aktienmärkte weltweit mit einem Kursplus abgeschlossen haben – darunter der S&P 500 mit dem besten Halbjahr seit 2013.

Die Nervosität der Investoren zeigt sich auch daran, wie sie in der laufenden Quartalssaison die Firmenergebnisse bewerten. „Aktien von Unternehmen, die die Schätzungen verfehlen, werden dieses Quartal aggressiver verkauft als in der vergangenen Berichtssaison“, konstatiert Emmanuel Cau, Aktienstratege bei JP Morgan.
Die Ansprüche der Investoren sind also groß. Von daher wird die kommende Woche spannend, in der allein aus dem Dax sieben Unternehmen Einblick in ihre Geschäfte des ersten Halbjahrs geben. Den Auftakt machen am Mittwoch die Deutsche Börse und Daimler, am Donnerstag kommen BASF, Bayer, die Deutsche Bank und Volkswagen und am Freitag Linde.

Von Seiten der Konjunktur dürfte es in der kommenden Woche wenig Unterstützung geben. So dürfte zum Beispiel der am Dienstag anstehende Ifo-Geschäftsklimaindex, der im Juni noch ein Rekordhoch von 115,1 Punkten erreicht hatte, leicht gesunken sein. International richtet sich der Blick der Anleger bei der Konjunktur unter anderem auf das deutlich stärker erwartete US-Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal. Bei den Unternehmen achten Anleger unter anderem auf die Zahlen von Ryanair und der Google-Mutter Alphabet am Montag, von General Motors am Dienstag, von Ford Peugeot und Facebook am Mittwoch sowie von Amazon und Nestlé am Donnerstag.

In Sachen Geldpolitik steht in der kommenden Woche die US-Notenbank Fed im Fokus. Der geldpolitische Ausschuss tagt am Mittwoch. Eine Zinserhöhung der Fed wird zwar nicht erwartet, aber Anleger warten auf Hinweise darauf, wann genau die US-Notenbank damit beginnen wird, ihre Bilanz zu schrumpfen, also Geld aus auslaufenden Anleihen aus ihrem Anleihekaufprogramm nicht mehr in neue Bonds investiert. Dabei gilt: Vorsichtigere Aussagen über die US-Geldpolitik von Fed-Chefin Janet Yellen könnten den Dollar wieder etwas stärken, meint Tobias Basse, Aktienstratege bei der NordLB. Anleger am deutschen Aktienmarkt dürfte dies freuen.

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