Dax-Ausblick Spätsommer statt Herbststürme

Die EZB enttäuscht die Märkte, und die anstehenden Konjunkturdaten dürften schlecht ausfallen. Börsianer schreckt dies nicht. Noch dürften sich die Aktienmärkte gut halten. Stürmisch wird es aber für eine Aktie im Dax.

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Auch das Börsenklima ist noch mild. Quelle: Imago

Frankfurt Es ist in gewisser Weise paradox. Die jüngsten Konjunkturdaten aus den USA – Frühindikatoren wie die nationalen ISM-Einkaufsmanagerindizes ebenso wie die harten Daten vom Arbeitsmarkt - haben ebenso enttäuscht wie die deutsche Industrieproduktion, die im Vergleich zum Vormonat um 1,5 Prozent gesunken ist. Gleichzeitig haben die deutschen Unternehmen in der abgelaufenen Bilanzsaison ihre Gewinnschätzungen weiter nach unten revidiert. Dazu enttäuschte noch die Europäische Zentralbank (EZB) die Anleger, indem sie sich eine Atempause gönnte und keine Verlängerung ihres Anleihekaufprogramms ankündigte.

Und dennoch: Der Dax gab zwar in den beiden Tagen nach der EZB-Sitzung nach, doch von Pessimismus kann man nicht reden. Zeitweise hatte der Dax sogar wieder Anlauf auf sein Jahreshoch von 10.802 Punkten genommen, das er Mitte August erreicht hatte. „Unter normalen Bedingungen müssten Anleger dem Aktienmarkt gegenüber grundsätzlich skeptisch eingestellt sein“, meint dazu Robert Halver, Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank.

Doch dem ist nicht so: „Denn von der Geldpolitik kommen anhaltend starke Aktienmarktargumente“, erklärt Halver. Anders gesagt: Die Geldpolitik sei ein „Killerargument“ gegen alle Skepsis. Anders ausgedrückt: Die niedrigen und bei vielen Anleihen guter Bonität sogar negativen Anleiherenditen treiben Anleger weiter in Aktien.

Das schöne spätsommerliche Wetter könnte deshalb auch in der kommenden Woche an den Börsen noch anhalten. „Es sind und bleiben die Notenbanken, die die wesentlichen Impulse setzen“, sagt auch Frank Wohlgemuth, Analyst bei der DZ Bank. Im anhaltenden Niedrigzinsumfeld blieben Aktien nun einmal zumindest relativ attraktiv. Dazu komme noch der Anlagedruck vieler Investoren, der den Liquiditätszufluss in risikoreichere Anlagen und somit in die Aktienmärkte fördere.

Das gilt auch deshalb, weil eine Verlängerung des bislang auf mindestens März 2017 terminierten Anleihekaufprogramms der EZB noch nicht vom Tisch ist. Die meisten Ökonomen rechnen damit, dass die EZB spätestens im Dezember weitere Anleihekäufe ankündigen wird.

„Davon würden die europäischen Aktienmärkte tendenziell profitieren“, ist Patrick Harms, Analyst bei der HSH Nordbank überzeugt, der entsprechende EZB-Schritte schon bald erwartet. Und auch in den USA bliebt die Geldpolitik wohl noch länger expansiv. Nur die Minderheit erwartet, dass die US-Notenbank Fed bei ihrer Sitzung am 21. September den Leitzins von derzeit 0,25 bis 0,5 Prozent erhöht. Die Wahrscheinlichkeit dafür liegt - gemessen an den sogenannten Fed-Fund-Futures am Terminmarkt - nur gut einem Drittel.

Dennoch werden Anleger in der Woche vor der Fed-Sitzung verstärkt auf US-Konjunkturdaten achten, die sich am Donnerstag ballen. Dabei rechnen Ökonomen mit mehrheitlich eher schwachen Daten. So dürften die Geschäftsklimaindizes für die Großräume New York (Empire State Index) und Philadelphia (Philly Fed Index) gesunken sein, ebenso wie die Industrieproduktion und die Kapazitätsauslastung. Bei den ebenfalls Einzelhandelsumsätzen erwarten Ökonomen einen unveränderten Wert zum Vormonat. Lediglich der am Freitag anstehende nationale Konsumklimaindex, den die Universität monatlich erhebt, dürfte leicht gestiegen sein.


Was macht die Bank of England?

Die ebenfalls am Freitag terminierten Verbraucherpreise für August dürften gegenüber dem Vorjahr um ein Prozent und damit etwas stärker als zuletzt gestiegen sein. „Da dies weiterhin deutlich vom Inflationsziel der Fed von zwei Prozent entfernt liegt, bleibt der Druck von der Inflationsseite auf die Fed gering, den Leitzins rasch anzuheben“, sagt dazu Manuel Andersch, Volkswirt bei der BayernLB.

In Deutschland blicken Ökonomen immerhin etwas optimistischer auf die Konjunkturdaten. Im Fokus steht dabei am Dienstag der ZEW-Index, für den das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) jeden Monat Analysten und Investoren zu ihren Einschätzungen der deutschen Konjunktur befragt. Der Index insgesamt dürfte weiter leicht gestiegen sein. Schon im August hatten sich die Erwartungen leicht vom Brexit-Schock erholt.

In Großbritannien selbst dagegen haben sich die Aussichten dagegen zuletzt angesichts des geplanten Austritts aus der Europäischen Union zuletzt verschlechtert. Die Industrieproduktion war so stark gesunken wie vor einem Jahr nicht mehr. Mit Spannung blicken Investoren deshalb am Donnerstag auf die Sitzung der Bank of England. Großbritanniens Notenbankchef Mark Carney hatte bereits seine Bereitschaft dazu signalisiert, nach der Zinssenkung im August und der Wiederaufnahme von Anleihekäufen noch nachzulegen.

Von Seiten der Unternehmen gibt es in der kommenden Woche nur wenige Impulse. Im Fokus dürfte die Rückversicherungsbranche stehen, die sich bis Donnerstag zum alljährlichen Branchentreff in Monte Carlo versammelt. Seit zwei Jahren sinken die Preise der Rückversicherer. Viele Erstversicherer sitzen auf dicken Kapitalpolstern und gehen selbst lieber ein größeres Risiko ein, statt sich rückzuversichern. Zudem sind seit Jahren immer mehr Pensionsfonds und Hedgefonds im Markt unterwegs und bieten ihrerseits Rückversicherungen an. Einblick in ihre Sicht der Dinge geben dabei in eigenen Pressekonferenzen unter anderem Munich RE, Swiss Re, Hannover RE und Scor.

Unter Druck kommen dürfte am Montag der Kurs der Eon-Aktie. Der Versorger bringt seine Kraftwerkstochter Uniper an die Börse und verschenkt rund die Hälfte seiner Anteile an Uniper. Als Abspaltung von Eon wird Uniper für einen Tag als 31. Unternehmen im Dax notieren. Eon selbst rechnet mit einem turbulenten Börsenstart, weil viele Investoren die Aktie wohl gleich wieder verkaufen wollen. Die Eon-Aktie selbst dürfte laut Analysten ebenfalls unter der Abspaltung und den weiter drohenden Milliardenabschreibungen auf den verbliebenden Uniper-Anteil von rund sechs Milliarden Euro leiden. Für die Eon- und Uniper-Aktien dürfte es damit – anders als für den breiten Markt – stürmisch zugehen.

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