Keine Frage, der Dow Jones und die Wall Street insgesamt geben an den Kapitalmärkten noch immer den Ton an, auch wenn Schwellenländer wie China, Brasilien oder auch virtuelle Börsenplätze an Bedeutung gewonnen haben.
Allerdings entscheiden nicht allein Fundamentaldaten wie Umsatz und Gewinn darüber, ob die Leitindizes steigen oder nicht. Immer wieder fällt die Entwicklung von Dax und Dow auch deutlich auseinander – auch wenn die entstandenen Abstände meist im Zeitverlauf wieder dahinschmelzen. Dafür sind viele Faktoren verantwortlich, unter anderem:
• Zusammensetzung der Indizes
• Berechnungsmethode und die Gewichtung einzelner Unternehmen in den Indizes
• Die unterschiedliche Aktienkultur
• Die Stimmung der Investoren und andere psychologische Faktoren
• Die Wirtschaftspolitik der jeweiligen Regierungen
• Die Betroffenheit der Volkswirtschaften durch geopolitische Entwicklungen
• Kapitalmarktmaßnahmen der Unternehmen wie Dividendenzahlungen oder Aktienrückkäufe
So setzt sich der Dow Jones historisch bedingt aus Unternehmen zusammen, die vom Herausgeber der Zeitung Wall Street Journal ausgewählt werden. Durch die recht subjektive Auswahl finden sich überwiegend traditionsreiche Unternehmen, die sich seit Jahrzehnten am Markt behaupten, als auch vergleichsweise junge Konzerne wie etwa Microsoft in dem Index wieder. Da aber Kennzahlen wie die Marktkapitalisierung, kein stringentes Auswahlkriterium darstellen, fehlen zum Beispiel ein Börsengigant wie Apple in dem Index, während kleinere, nicht zu den 30 größten Unternehmen nach Börsenwert gehörende Titel, schon lange dem Dow Jones angehören.
Zudem ändert sich die Zusammensetzung in Dow lediglich sporadisch. Als im Herbst 2013 mit Bank of America, Hewlett Packard und Alcoa gleich drei Aktien durch Goldman Sachs, Visa und Nike ersetzt wurden, war das geradezu eine Sensation – denn es passiert höchst selten. Das kann ein Nachteil sein, sorgt aber für eine gewisse Stabilität des Marktbarometers.
Für den deutschen Aktienindex Dax existieren hingegen vergleichsweise klare Auswahlkriterien, die sehr regelmäßig Anwendung finden. Grundlage ist auch hier die Marktkapitalisierung, allerdings nur der in Streubesitz befindlichen Aktien. Um die Bedeutung für das Börsenbarometer angemessen zu bewerten, bleiben also Aktien, die sich in festem Besitz von Großaktionären befinden, zunächst unberücksichtigt. Zudem wird die Zusammensetzung des Dax regulär jedes Quartal überprüft und gegebenenfalls angepasst. Haupttermin für Änderungen der Zusammensetzung ist immer im September.
Der Dow Jones ist preisgewichtet. Das heißt, dass Unternehmen, deren Aktien stark gestiegen sind, ein zunehmend großes Gewicht im Index haben. Daneben handelt es sich beim Dow Jones um einen Kursindex. Das bedeutet, dass Dividendenzahlungen nicht berücksichtigt werden. In den Dax als Performanceindex tragen die Ausschüttungen an die Aktionäre hingegen zur Entwicklung des Index maßgeblich bei.
Auch in den volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen und in der Aktienkultur gibt es erhebliche Unterschiede. So sind die USA deutlich weniger stark von Exporten abhängig als Deutschland. Der Binnenmarkt, insbesondere der private Konsum, ist der wesentliche Antrieb für die US-Wirtschaft. Das erhöht die Abhängigkeit von der Verbraucherstimmung, macht aber unabhängiger von Krisen im Ausland. Die bekommt die deutsche Wirtschaft immer besonders deutlich zu spüren. Die Unternehmen im Dax erzielen einer Analyse von PriceWaterhouseCoopers zufolge mittlerweile 77 Prozent ihrer Umsätze im Ausland. Knickt die Weltwirtschaft ein – etwa weil derzeit das Wachstum in China nachlässt – drückt das die Ergebnisse der Dax-Unternehmen besonders stark. Vor allem die deutschen Automobilkonzerne leiden dann, aber auch Unternehmen wie der Energieriese E.On oder der Chemiekonzern BASF.