Dax oder Dow? Wo der wahre Börsenbulle wohnt

Der amerikanische Dow Jones zeigt sich stark, aber der deutsche Dax ist auch nicht ohne. Warum der US-Börsenindex nicht immer besser als sein deutsches Pendant Dax ist, wo er seine Stärken ausspielt.

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Wer ist stärker: Der Dax-Bulle oder Dow-Jones-Stier? Quelle: Marcel Stahn

Coca-Cola gab der US-Börse jüngst den Kick. Die koffeinhaltige Brause verkauft sich auch in China prächtig, die Quartalszahlen lagen über den Erwartungen. Die Aktionäre freut’s, der Kurs der zum Leitindex Dow Jones gehörenden Aktie stieg am vergangenen Dienstag um 3,7 Prozent. Auch Johnson&Johnson gab mit seinen überraschend guten Quartalsgewinnen und einer Anhebung der Prognose für das laufende Jahr dem Stimmungsbarometer der US-Börse gehörig Auftrieb. Nun hebt die US-Notenbank auch noch ihren Konjunkturausblick und sorgt für gute Laune am amerikanischen Aktienmarkt.

Die Geschäftsentwicklung der US-Unternehmen sind derzeit besser als hierzulande, wo die Dax-Unternehmen zuletzt eher enttäuschten – wie schon bei Vorlage der Zahlen für das Geschäftsjahr 2013. Der Finanzdatenanbieter FactSet geht davon aus, dass US-Unternehmen im zweiten Quartal ihre Gewinne nochmals um 8,5 Prozent erhöhen können. Dann erst soll es auch für die Dax-Unternehmen mit plus zehn Prozent wieder spürbar aufwärts gehen.

Fünf Jahre dauert die Aktienhausse nun schon. Selten zuvor gab es einen ähnlich langen Aufwärtstrend an den Börsen. Und wenn hiesige Anleger von „den Börsen“ sprechen, meinen sie nicht nur den Aktienindex Dax, sondern immer auch die Entwicklung des amerikanischen Dow Jones, der seit mehr als hundert Jahren als Seismograph für die Aktienmärkte der Welt fungiert. Beide, Dow und Dax, markierten inzwischen neue Allzeithochs. Obwohl sowohl die in den Indizes geführten Unternehmen als auch die Volkswirtschaften sehr unterschiedlich sind, marschieren sie doch weitgehend im Gleichschritt - nach oben wie auch nach unten. Bleibt die Frage: Welche Börse ist für Anleger die bessere?

Wenn es so etwas wie eine Leitbörse auf diesem Planeten gibt, ist es die New Yorker Börse. Weltweit schauen private und institutionelle Investoren wenigstens einmal am Tag auf die Entwicklung an der Wall Street. Wichtigstes Stimmungsbarometer ist dabei der Industriewerte-Index Dow Jones Industrial Average, in dem sich 30 schwergewichtige Aktien der USA unter einem Dach versammeln. Ist der Dow Jones im Dauertiefflug, kann es der Weltwirtschaft nicht gut gehen, so die Annahme. Und als größte Volkswirtschaft der Welt färbt so ein Schwächesignal aus den USA unmittelbar auf die Kapitalmärkte rund um den Globus ab, schließlich ist Amerika mit seinen Importen ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Kunde für Produkte und Dienstleistungen aus anderen Volkswirtschaften. Steigt der Dow Jones hingegen, stellen sich Investoren in Frankfurt, London, Tokio und andernorts trotz aller Eigenheiten ihrer regionalen Märkte auf steigende Kurse ein.

Bauer-Aktionäre müssen auf Dividende verzichten

Geht es nach Größe und Gewicht der in Dax und Dow gelisteten Unternehmen, liegt der US-Index eindeutig vorne. Wie eine Handelsblatt-Analyse von Anfang April anhand der Geschäftszahlen für 2013 ergab, bringen die 24 Industrieunternehmen im Dow Jones (ohne Finanzdienstleister) einen Umsatz von umgerechnet 1926 Milliarden Euro auf die Waagschale, während es bei den 24 Industriewerten im Dax nur 1104 Milliarden Euro waren. Damit übersteigt der Umsatz der US-Industrieriesen den der deutschen Börsenschwergewichte um stolze 70 Prozent. Noch deutlicher wird der Unterschied beim Gewinn. Mit einem Nettogewinn von 219 Milliarden Euro erwirtschafteten die US-Unternehmen in der Summe mehr als viermal so hohe Überschüsse wie die Dax-Werte mit lediglich 52 Milliarden Euro. Auch andere Vergleichskennzahlen weisen auf eine deutliche Überlegenheit der US-Börsenriesen hin. Mit einer anderen Unternehmensbesteuerung in den USA lassen sich die Gewinnvorteile nicht erklären. Denn auch bei den operativen Gewinnen vor Steuern und Zinsen, der Eigenkapitalrendite und beim Cashflow liegen die US-Unternehmen mit großem Abstand vorne.

Unterschiedliche Börsen, Trend identisch

Welche Aktien Analysten hassen
MAN Die MAN-Aktie sei in der Vergangenheit gut gelaufen, jetzt sei ein guter Zeitpunkt zum Verkauf, rät unter anderem Frank Schwope von der Nord LB. Vor allem die Geschäftszahlen der MAN hätten den Analysten wenig überzeugt. Der Experte erwartet, dass die weitere Entwicklung des Konzerns vom Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag und dem Abfindungsangebot des Volkswagen-Konzerns dominiert werden wird. Der Aktienanalyst der Nord LB geht von einer engeren Zusammenarbeit zwischen MAN und Scania aus. VW hält zusammen mit MAN gut 60 Prozent des Kapitals und knapp 90 Prozent der Stimmrechte von Scania. Barclays Capital betonte in seiner Analyse, dass bei der MAN-Aktie die Fundamentaldaten oder die Geschäftsperspektiven kaum noch eine Rolle spielten – angesichts der Übernahme durch Volkswagen.Kurs: 92,3 EuroDurchschnittliche Analystenbewertung: 2Kursentwicklung (1 Jahr): + 9,2 ProzentISIN: DE0005937007Die folgende Auflistung zeigt die zehn niedrigsten durchschnittlichen Anlageempfehlungen für Aktien im Stoxx Europe 600 dar. Eine 5 ist die höchste Empfehlung, eine 1 bedeutet die niedrigste Empfehlung.Quelle: Bloomberg Quelle: dpa
Ocado Ein Marktführer, der hierzulande kaum bekannt ist. Ocado ist ein Online Supermarkt und der größte online Lebensmittelhändler der Welt. Das relativ junge Unternehmen ist erst seit 2010 an der Londoner Börse notiert. Nach einer erstaunlichen Rally im vergangenen Jahr gehen Analysten davon aus, dass die Aktie ihren Zenit bereits überschritten hat und raten zum Verkauf.Kurs: 366,52 PenceDurchschnittliche Analystenbewertung: 2Kursentwicklung (1 Jahr): + 144 ProzentISIN: GB00B3MBS747 Quelle: dapd
Elisa OyjDer finnische Telekommunikationskonzern Elisa Oyj kooperiert mit Vodafone und ist hierzulande kaum bekannt. Das Deutschlandgeschäft lief unter dem Namen Radiolinja, wurde aber vom Finanzinvestor Apax aufgekauft. Innerhalb der vergangenen fünf Jahre ist die Aktie rund 95 Prozent gestiegen.Kurs: 19,05 EuroDurchschnittliche Analystenbewertung: 2Kursentwicklung (1 Jahr): + 31 ProzentISIN: FI0009007884 Quelle: dpa
BankinterEin Trader der Bankinter analysiert Zahlen bei einer Anleiheauktion spanischer Aktien. Die spanische Bankinter ist eine Universalbank mit Sitz in Madrid. Die Mehrheit der von Bloomberg ausgewerteten Analysten raten zum Verkauf und bewerten die Aktie durchschnittlich mit einer 2. Eine 1 wäre die niedrigste Empfehlung.Kurs: 5,63 EuroDurchschnittliche Analystenbewertung: 2Kursentwicklung (1 Jahr): + 133 ProzentISIN: ES0113679I37 Quelle: REUTERS
RWERWE-Chef Peter Terium wird bei der Hauptversammlung des Energieriesen an Mittwoch (16.4.2014) den Aktionären die ersten Milliardenverluste seit dem Krieg erklären müssen. Analysten sehen eher eine finstere Zukunft für den Versorger.„RWE zählt zu meinen am wenigsten bevorzugten Werten“, schrieb Analyst Ingo Becker von Kepler Equities in seiner Branchenstudie. Der Verkauf der Öl- und Gasfördertochter Dea sei kein großer Befreiungsschlag für das Unternehmen, stellte Analysehaus Independent Research in seiner Studie fest. Zudem sei das Branchenumfeld von RWE weiter sehr herausfordernd.Kurs: 28,64 EuroDurchschnittliche Analystenbewertung: 2Kursentwicklung (1 Jahr): - 6,05 ProzentISIN: DE0007037129 Quelle: dpa
Südzucker19 Prozent an einem Tag. So viel verlor die Südzucker-Aktie, nachdem das Unternehmen seine Bilanz Anfang April vorgelegt hatte. Das operative Ergebnis sei im Geschäftsjahr 2013/14 um fast ein Drittel gefallen. Im laufenden Geschäftsjahr, das am 1. März begonnen hat, werde der operative Konzerngewinn um mehr als zwei Drittel schrumpfen. Ungeachtet der jüngsten Kurseinbußen sieht unter anderem Jeff Stent von der BNP Paribas erhebliche Gefahren für die Aktie. Er senkte sein Kursziel drastisch von 12 auf 7 Euro.Kurs: 15,46 EuroDurchschnittliche Analystenbewertung: 2Kursentwicklung (1 Jahr): - 52,8 ProzentISIN: DE0007297004 Quelle: dapd
Polyus Gold InternationalRusslands größtes Bergbauunternehmen Polyus Gold ist an der Londoner Börse als Limited gelistet. Nun erwägt der Minenriese allerdings einen Rückzug aus England, wie die Zeitung Kommersant berichtete. Das Unternehmen möchte sein Vermögen „nach Hause“ bringen und es vor den Sanktionen des Westens retten. Eine offizielle Stellungnahme von Seiten Polyus Gold gab es noch nicht. Der russische Minister Igor Shuvalov hatte russischen Unternehmen empfohlen sich an der Moskauer Börse listen zu lassen und ausländische Börsen zu verlassen, um möglichen Sanktionen wegen der Krim-Krise zu entgehen. Mehr als zehn der führenden russischen Unternehmen sind im Ausland notiert. Polyus Gold musste 2013 einen herben Rückschlag hinnehmen: Der Gewinn ging von 965 Millionen Dollar auf 143 Millionen Dollar zurück. Schuld waren vor allem Abschreibungen in Höhe von 472 Millionen Dollar und dem Rückgang des Goldpreises.Kurs: 193,25 PenceDurchschnittliche Analystenbewertung: 2Kursentwicklung (1 Jahr): - 7,43 ProzentISIN: JE00B5WLXH36 Quelle: REUTERS

Keine Frage, der Dow Jones und die Wall Street insgesamt geben an den Kapitalmärkten noch immer den Ton an, auch wenn Schwellenländer wie China, Brasilien oder auch virtuelle Börsenplätze an Bedeutung gewonnen haben.
Allerdings entscheiden nicht allein Fundamentaldaten wie Umsatz und Gewinn darüber, ob die Leitindizes steigen oder nicht. Immer wieder fällt die Entwicklung von Dax und Dow auch deutlich auseinander – auch wenn die entstandenen Abstände meist im Zeitverlauf wieder dahinschmelzen. Dafür sind viele Faktoren verantwortlich, unter anderem:

• Zusammensetzung der Indizes
• Berechnungsmethode und die Gewichtung einzelner Unternehmen in den Indizes
• Die unterschiedliche Aktienkultur
• Die Stimmung der Investoren und andere psychologische Faktoren
• Die Wirtschaftspolitik der jeweiligen Regierungen
• Die Betroffenheit der Volkswirtschaften durch geopolitische Entwicklungen
• Kapitalmarktmaßnahmen der Unternehmen wie Dividendenzahlungen oder Aktienrückkäufe

So setzt sich der Dow Jones historisch bedingt aus Unternehmen zusammen, die vom Herausgeber der Zeitung Wall Street Journal ausgewählt werden. Durch die recht subjektive Auswahl finden sich überwiegend traditionsreiche Unternehmen, die sich seit Jahrzehnten am Markt behaupten, als auch vergleichsweise junge Konzerne wie etwa Microsoft in dem Index wieder. Da aber Kennzahlen wie die Marktkapitalisierung, kein stringentes Auswahlkriterium darstellen, fehlen zum Beispiel ein Börsengigant wie Apple in dem Index, während kleinere, nicht zu den 30 größten Unternehmen nach Börsenwert gehörende Titel, schon lange dem Dow Jones angehören.

Zudem ändert sich die Zusammensetzung in Dow lediglich sporadisch. Als im Herbst 2013 mit Bank of America, Hewlett Packard und Alcoa gleich drei Aktien durch Goldman Sachs, Visa und Nike ersetzt wurden, war das geradezu eine Sensation – denn es passiert höchst selten. Das kann ein Nachteil sein, sorgt aber für eine gewisse Stabilität des Marktbarometers.

Für den deutschen Aktienindex Dax existieren hingegen vergleichsweise klare Auswahlkriterien, die sehr regelmäßig Anwendung finden. Grundlage ist auch hier die Marktkapitalisierung, allerdings nur der in Streubesitz befindlichen Aktien. Um die Bedeutung für das Börsenbarometer angemessen zu bewerten, bleiben also Aktien, die sich in festem Besitz von Großaktionären befinden, zunächst unberücksichtigt. Zudem wird die Zusammensetzung des Dax regulär jedes Quartal überprüft und gegebenenfalls angepasst. Haupttermin für Änderungen der Zusammensetzung ist immer im September.

Der Dow Jones ist preisgewichtet. Das heißt, dass Unternehmen, deren Aktien stark gestiegen sind, ein zunehmend großes Gewicht im Index haben. Daneben handelt es sich beim Dow Jones um einen Kursindex. Das bedeutet, dass Dividendenzahlungen nicht berücksichtigt werden. In den Dax als Performanceindex tragen die Ausschüttungen an die Aktionäre hingegen zur Entwicklung des Index maßgeblich bei.

Auch in den volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen und in der Aktienkultur gibt es erhebliche Unterschiede. So sind die USA deutlich weniger stark von Exporten abhängig als Deutschland. Der Binnenmarkt, insbesondere der private Konsum, ist der wesentliche Antrieb für die US-Wirtschaft. Das erhöht die Abhängigkeit von der Verbraucherstimmung, macht aber unabhängiger von Krisen im Ausland. Die bekommt die deutsche Wirtschaft immer besonders deutlich zu spüren. Die Unternehmen im Dax erzielen einer Analyse von PriceWaterhouseCoopers zufolge mittlerweile 77 Prozent ihrer Umsätze im Ausland. Knickt die Weltwirtschaft ein – etwa weil derzeit das Wachstum in China nachlässt – drückt das die Ergebnisse der Dax-Unternehmen besonders stark. Vor allem die deutschen Automobilkonzerne leiden dann, aber auch Unternehmen wie der Energieriese E.On oder der Chemiekonzern BASF.

In Deutschland sind Profianleger weniger stark

So haben sich die großen Indizes entwickelt

Traditionell unterscheiden sich angelsächsische Volkswirtschaften wie die USA und Großbritannien deutlich von europäischen Volkswirtschaften wie der deutschen oder der französischen. Deutlich wird das vor allem an der unterschiedlichen Finanzierungssituation der Unternehmen. Die unterschiedliche Finanzkraft amerikanischer und deutscher Konzerne mag daher auch schlicht den sehr unterschiedlichen Kapitalmärkten in den USA und in Deutschland geschuldet sein.
Eine Studie im Auftrag der Alternative Investment Management Association (AIMA), einem Verband der Hedgefonds-Industrie, hat vor kurzem den Zusammenhang zwischen der Größe eines Kapitalmarktes und dem Wirtschaftswachstum in der jeweiligen Volkswirtschaft untersucht. Das Ergebnis ist eindeutig. „Eine Vergrößerung von Europas Kapitalmärkten um ein Drittel würde zu einer Steigerung des Wirtschaftswachstums um rund 20 Prozent führen“, erklärt Christoph Kaserer. Er ist Professor für Finanzmanagement und Kapitalmärkte an der TU München und hat zusammen mit Marc Steffen Rapp, Professor für Betriebswirtschaft an der Universität in Marburg, die Studie verfasst.

Kaserer und Rapp unterschieden dabei zwischen Volkswirtschaften, in denen Unternehmen sich in punkto Finanzierung vor allem auf Bankkredite, also Fremdkapital, stützen und solchen, in denen sich Unternehmen zur Finanzierung Eigenkapital an den Börsen besorgen. Deutschland repräsentiert zwar traditionell eher das fremdfinanzierte, bankenorientierte Modell, allerdings ist ein Wandel spürbar. „Die Unternehmen verändern sich, dass wirkt sich auch auf die Finanzierung aus“, sagt Kaserer. Beispielsweise habe die Bedeutung von immateriellen Vermögenswerten in den letzten Jahren deutlich zugenommen.

Ein wichtiger Grund für die unterschiedliche Größe der einzelnen Kapitalmärkte ist laut Kaserer und Rapp die Ausgestaltung der Altersvorsorge. „Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Größe von Pensionsfonds in einem Land und der jeweiligen Größe der Kapitalmärkte“, sagt Kaserer. In Deutschland entsprechen Pensionsfonds einem Anteil von nicht einmal zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Zum Vergleich: In einer kapitalmarktorientierten Volkswirtschaft wie Großbritannien sind es rund 90 Prozent des BIP. In den Niederlanden haben Pensionsfonds eine derart zentrale Rolle in der Altersvorsorge, dass sich ihr Volumen auf 140 Prozent des BIPs beziffert. Entsprechend geringer ist die Bedeutung von institutionellen Investoren in Deutschland (siehe Grafik oben).

Mehr Eigen- als Fremdkapital

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Dennoch verliert Fremdfinanzierung sowohl in Europa als auch in den USA zunehmend an Bedeutung. Das macht offenbar Sinn. „Besonders innovative Unternehmen setzen vermehrt auf Eigenkapital zur Finanzierung von Projekten“, sagt Kaserer.
Kaserer und Rapp illustrieren in ihrer Studie auch die Bedeutung von Börsengängen für Unternehmen. Vergleicht man die Umsätze eines Unternehmens im Jahr vor dem Schritt aufs Parkett und zwei Jahre danach, lagen die im Schnitt danach um rund 85 Prozent höher. Auch die Zahl der Mitarbeiter konnten die Konzerne im entsprechenden Zeitraum um 75 Prozent steigern.

Das am amerikanischen Aktienmarkt die Musik spielt, ist auch an den Börsengängen, den sogenannten Initial Public Offerings (IPO) ablesbar. In Deutschland lockt es seit Jahren vergleichsweise wenige Unternehmen an die Börse. Auch das IPO-Jahr 2014 ist bisher ein ziemliches Trauerspiel. Erst vor etwas mehr als einer Woche kündigte der Lübecker Hersteller von 3D-Druckern, SLM Solutions, als erstes Unternehmen überhaupt seinen Börsengang für Anfang Mai an. Rund 75 Millionen Euro sollen die ausgegebenen Aktien in die Kassen spülen. Auch von anderen Börsenaspiranten wie der Scout24-Gruppe gibt es nur Absichtserklärungen, konkrete Pläne und Daten gibt es aber nicht. Ähnlich sieht es bei Zalando aus. Das Samwer-Unternehmen macht immer wieder mit Parkettphantasien Schlagzeilen, fragt man aber damit Vertraute, ist wenig Konkretes zu hören. Zumindest firmiert das Unternehmen ab diesem Sommer als Europäische Aktiengesellschaft (SE).

Ganz anders ist dagegen die Stimmung in den USA. Erst am Donnerstag in der vergangenen Woche feierte die frühere Finanzsparte des Autobauers General Motors ihr Debüt an der Wall Street. Mit einem Emissionserlös von knapp 2,4 Milliarden Dollar war es der bisher größte Börsengang des Jahres. Die Aktien wurden für 25 Dollar je Stück verkauft, dem unteren Ende der Preisspanne.

Heißgelaufener Markt

Während der IPO-Markt in Deutschland schläft, fürchten Beobachter in den USA schon Überhitzungsgefahren, insbesondere im Technologiebereich. Kürzlich wurde bekannt, das Alibaba.com, das chinesische Pendant zu Amazon, an die Wall Street will. Mit dem anvisierten Volumen von 15 Milliarden Dollar wäre das der größte Börsengang seit Facebook – der IPO des sozialen Netzwerks brachte vor rund zwei Jahren 16 Milliarden Dollar auf die Konten von Zuckerberg und seinen Freunden.

Und damit nicht genug: auch Weibo, der chinesische Konkurrent des Kurzmitteilungsdienstes Twitter, steht unmittelbar vor dem Sprung an die US-Börse. Zwar konnten die Asiaten weniger Aktien verkaufen als erhofft und auch beim Preis blieben die Investoren am unteren Angebotsende. Dennoch dürfte Weibo so Eigenkapital in Höhe von 286 Millionen Dollar generieren.

Fazit: Der Dow Jones mag altertümlich und rückständig daherkommen, doch bietet die US-Börse als größter Marktplatz für Unternehmen, Investoren und Kapitalgeber mehr Möglichkeiten und größere Stabilität für Investoren. Der Markt schwankt insgesamt weniger als der Dax, die gelisteten Konzerne sind größer und haben eine höhere Ertragskraft.

Dafür müssen Anleger ein paar zusätzliche Risiken in Kauf nehmen. Zum einen das Währungsrisiko bei Aktienkäufen in Dollar – das nicht vernachlässigt werden sollte – sowie die Abhängigkeit vom US-Binnenmarkt. Zudem ist es hierzulande für Anleger bedeutend einfacher, an Informationen zu den Dax-Unternehmen zu kommen, als zu den Konzernen im Dow Jones. Anleger sollten die beiden Märkte aber nicht grundsätzlich gegeneinander diskutieren. Seine Aktieninvestments auf beide Indizes zu verteilen, ist sicher ein guter Rat.

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