Für Anleger, die bei ihren Aktieninvestments Wert auf eine ordentliche Dividende legen, ist die diesjährige Ausschüttungssaison nahezu paradiesisch. Die 30 Dax-Konzerne haben mehrheitlich ein Rekordjahr hinter sich – und schütten die zweithöchste jemals erreichte Summe an ihre Anteilsinhaber aus. Wie soll es da in den nächsten Jahren noch besser werden?
Nachdem alle Dax-Unternehmen ihre Bilanzen präsentiert haben, erwartet die Aktionäre nun ein warmer Geldregen. Denn für die Mehrheit der Dax-Unternehmen ist jetzt Hauptversammlungssaison. Dort werden die vorgeschlagenen Dividenden beschlossen und in der Regel am ersten Börsenhandelstag danach ausgezahlt. Die Börsenschwergewichte im Dax wollen insgesamt 27,5 Milliarden Euro auszahlen, haben die Wirtschaftsprüfer und Berater von Ernst & Young ausgerechnet. Das sind sechs Prozent mehr, als noch 2011 und nur rund 200 Millionen Euro weniger, als im bisherigen Rekordjahr 2008.
Dickes Trostpflaster Dividende
Thomas Harms, Partner bei Ernst & Young, sagte dazu, dass die gestiegenen Dividenden nicht nur vom Bestreben der Konzerne zeugten, ihre Aktionäre bei Laune zu halten. Schließlich hatten die Kurse im Dax im August 2011 erst einmal wieder den Rückwärtsgang eingelegt und erst in der vergangenen Woche wieder das Niveau vor dem Absturz erreicht. Die hohen Dividenden sollen da die Gemüter beschwichtigen. „Sie drücken vor allem die Zuversicht aus, dass sich die stabile Entwicklung der vergangenen Jahre weiter fortsetzt - und diese Einschätzung teile ich“, sagt Harms.
Von den 30 Dax-Unternehmen erhöhen 19 ihre Dividende pro Aktie im Vergleich mit dem Frühjahr 2011, als die Ausschüttungen für 2010 flossen. Bei sieben Unternehmen liegt die Dividende auf Vorjahresniveau: Allianz, Beiersdorf, Deutsche Bank, Telekom, ThyssenKrupp, Metro und Munich Re. Nur drei machen Abstriche: E.On (minus 33 Prozent), RWE (minus 43 Prozent) und Lufthansa (minus 58 Prozent).
Den Vogel schießt SAP ab: Der Walldorfer Softwareriese erhöht die gesamte Ausschüttungssumme um satte 82 Prozent. Pro Aktie fließen 83 Prozent mehr - 1,10 Euro statt 0,60 Euro. Darin enthalten ist eine Sonderdividende (0,35 Euro je Anteilsschein), die es anlässlich des 40-jährigen Firmenbestehens geben soll. Der Weltmarktführer für Unternehmenssoftware hatte 2011 zu seinem Rekordjahr gemacht.
Eine Dividendenauszahlung benötigt immer den Beschluss der Hauptversammlung, in aller Regel werden die Vorschläge der Vorstände aber eins zu eins umgesetzt. Somit dürfte die Ernst-&-Young-Rechnung die spätere Realität treffen. Nach SAP verbuchen die BMW-Aktionäre (2,30 statt 1,30 Euro bei den Stammaktien und 2,32 statt 1,32 für die stimmrechtslosen Vorzugsaktien) sowie die Aktionäre der Deutschen Börse (3,30 statt 2,10 Euro) die spürbarsten Dividendensprünge.
Wer die höchsten Dividenden ausschüttet
Geht es nach der absoluten Ausschüttungssumme, rangiert die Telekom oben. Sie verteilt wie im Vorjahr drei Milliarden Euro. Siemens, Daimler und BASF folgen dahinter. Die nach absoluten Zahlen höchste Dividende je Aktie entfällt auf den Rückversicherer Munich Re, der wie im Vorjahr 6,25 Euro pro Wertpapier zahlt. Bei der Allianz sind es 4,50 und bei der Deutschen Börse 3,30 Euro. Am Ende der Liste steht Infineon. Der Halbleiterhersteller zahlt nur 12 Cent. Diese Art von Vergleich muss natürlich den Kaufpreis einer einzelnen Aktie berücksichtigen.
Zusammenfassend sagte Harms: „2011 war für viele Dax-Konzerne das beste Jahr ihrer Unternehmensgeschichte. Die operativen Gewinne haben Rekordniveau erreicht. Da ist es völlig angebracht, die Aktionäre am Unternehmenserfolg zu beteiligen.“ Die Gewinne aus dem laufenden Geschäft der Dax-30 nahmen 2011 erstmals die 100-Milliarden-Hürde. Bei den drei Konzernen, die die Dividende im Vergleich zum Vorjahr gesenkt haben, lieferte die Geschäftsentwicklung den passenden Grund: E.On und RWE haben mit den Folgen der Energiewende zu kämpfen, die Lufthansa leidet unter hohen Ölpreisen und klagt über Steuern und Abgaben.
Commerzbank mit Staatsbremse
Ein Sonderfall ist erneut die Commerzbank. Das teilverstaatlichte und in der Krise mit Steuermilliarden gestützte Kredithaus zahlt wie in den Vorjahren überhaupt keine Dividende. Aufgrund der Staatsbeteiligung darf die Commerzbank ohnehin erst dann wieder Dividenden Zahlen, wenn sie die stillen Beteiligungen des Bundes bedient und Gewinne erwirtschaftet. Beides hat die zweitgrößte Privatbank Deutschland noch längst nicht erreicht. Das Geldhaus traf die Griechenland-Krise mit voller Wucht, die Abschreibungen auf Staatsanleihen vermiesten die Bilanz, die strengeren Eigenkapitalvorschriften brachten die Commerzbank an den Rande ihrer Finanzierungskraft.
Aber abgesehen von den vier genannten Ausreißern scheint für Dax-Investoren die Sonne – zumal sich Anlageklima für Aktien allmählich wieder aufhellt. Experte Harms bremst dennoch: „Das Niveau der Ausschüttungen ist inzwischen außerordentlich hoch - eine weitere Steigerung im kommenden Jahr halte ich für sehr unwahrscheinlich.“
Andererseits sprechen das anhaltend niedrige Zinsnivau und die für viele überraschend stabile Konjunktur sowie die niedrige Arbeitslosigkeit eher dafür, dass die Unternehmen ihre Gewinne weiter mehren können. Kommen noch ein Anstieg der Inflation und eine verstärkte Konsumlust hinzu, dürfte auch die in absoluten Zahlen gemessene Dividendensumme der Dax-Konzerne weiter steigen. Und falls nicht, sollten wenigstens anziehende Kurse das Vermögen der Anleger mehren. Schließlich sind Aktien ein probates Mittel, um sich vor Inflation zu schützen.