Dax-Umfrage Anleger warten auf Trumps Amtsantritt

Die zweiwöchige Lethargie an den Märkten ist vorbei. Der Dax legt deutlich zu, obwohl die US-Märkte geschlossen sind. Eine exklusive Analyse zeigt, dass das Warten auf Trumps Präsidentschaft ein Fehler sein könnte.

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US-Präsidenten als russische Matroschka-Puppen: (v.r.) George H.W. Bush, Bill Clinton, George W. Bush, Barack Obama and der designierte Präsident Donald Trump. Quelle: AP

Düsseldorf Zwei Wochen lang herrschte an der Börse Stillstand: Anleger schraubten bereits in der Woche vor Weihnachten ihre Aktivitäten deutlich zurück. Sie bereinigten ihr Portfolio vor dem Jahreswechsel und genossen die Feiertage. Und wie soll es 2017 werden? „Für das neue Jahr fühlen sich die Investoren gut positioniert, aber wirklich spannend wird es erst nach dem Amtsantritt von Donald Trump am 20. Januar“, sagt Börsenexperte Stephan Heibel.

Denn nach lautem Wahlkampf und präsidialer Zusammenstellung seines Kabinetts müssen dann Taten folgen. Und da Trump schon für die eine oder andere Überraschung gut war, haben sich viele Anleger neutral positioniert, Gewinne mitgenommen und warten die ersten Schritte des neuen Präsidenten ab.

Wöchentlich wertet Heibel die Handelsblatt-Umfrage unter mehr als 2300 Anlegern zur Börsenstimmung aus. Aus dem Abstimmungsverhalten und weiteren Indikatoren leitet der Inhaber des Analysehauses Animusx eine Prognose ab, wie sich der deutsche Leitindex in den kommenden Tagen entwickeln könnte.

Die Erkenntnis aus der aktuellen Umfrage: Das turbulente Jahr 2016 hat auch in Deutschland Spuren bei Anlegern hinterlassen. „Auch hierzulande erkenne ich eine gewisse Erschöpfung und wenig Willen, sich in den letzten Stunden des turbulenten Jahres auf neue Abenteuer einzulassen“, meint Heibel. Entsprechend haben sich die Werte beim Handelsblatt-Dax-Sentiment normalisiert.

Von einem Aufwärtsimpuls im Dax gehen 26 Prozent (plus fünf Prozentpunkte gegenüber der Vorwoche) aus. Weitere 28 Prozent (plus zwei Prozentpunkte) betrachten die aktuelle Formation als Topbildung, halten eine Fortsetzung der Rallye also für unwahrscheinlich. Mit 38 Prozent (plus ein Prozentpunkt) erkennen die meisten jedoch eine Seitwärtsbewegung. „Die würde ich nach der vorangegangenen Rally als Verschnaufpause bezeichnen“, ergänzt der Sentiment-Experte.

Und diese Verschnaufpause haben die meisten Anleger auch so erwartet. 61 Prozent der Umfrageteilnehmer (plus ein Prozentpunkt) geben an, damit zum größten Teil gerechnet zu haben, 14 Prozent haben sogar darauf spekuliert. Nur 18 Prozent sehen ihre Erwartungen als kaum erfüllt an.


Heftiger Ausverkauf ist unwahrscheinlich

In drei Monaten erwarten die meisten Umfrageteilnehmer einen Abwärtsimpuls (plus drei Prozentpunkte auf 30 Prozent), während 29 Prozent (minus zwei Prozentpunkte) von einer Seitwärtsbewegung ausgehen. Nur noch jeder Vierte ist im Bullenlager (minus sieben Prozentpunkte gegenüber der Vorwoche).

Entsprechend ist die Zahl derer, die in den kommenden zwei Wochen verkaufen wollen, um drei Prozentpunkte auf 22 Prozent angestiegen. Schon wieder zukaufen wollen nur noch 18 Prozent. Die meisten Anleger (60 Prozent) wollen vorerst abwarten.

Ein Blick auf das Sentiment der Stuttgarter Börse Euwax, das auf realen Trades mit Dax-Hebelprodukten basiert, zeigt: Die Absicherungsgeschäfte der Privatanleger sind so groß wie seit dem vergangenen August nicht mehr. Anleger spekulieren in hohem Maße auf fallende Kurse beim deutschen Börsenbarometer.

„Damit ist ein heftiger Ausverkauf im Dax ohne ein entsprechendes Ereignis sehr unwahrscheinlich“, interpretiert Heibel den Indikator. Vielmehr könnten die Kurse bald wieder nach oben klettern.

Die Logik dahinter: Sollten die Kurse steigen, müssen die Anleger relativ schnell ihre Hebelprodukte verkaufen, mit denen sie auf einen fallenden Dax gesetzt haben, um die Verluste zu begrenzen. Bei fallenden Kursen werden diese Short-Positionen ebenfalls nach und nach verkauft, um Gewinne einzustreichen.

In beiden Fällen wird gekauft, was für steigende Kurse sorgt oder das Potenzial von fallenden Kursen begrenzt. Denn ein Shortseller verkauft zunächst Aktien, die er gar nicht im Depot hält, er leiht sie sich über seinen Broker, um später zu günstigeren Kursen wieder zurückzukaufen. Die Differenz zwischen dem Leerverkauf und dem anschließenden Rückkauf ist der Profit oder Verluste des Shortsellers.


„Skepsis ist dein Freund”

In den USA zeigt der „Angst-und-Gier-Index“ auf das US-Börsenbarometer S&P 500 leichte Gier an, hat sich also normalisiert. Dieser Indikator wird anhand von technischen Marktdaten ermittelt. Die Investitionsquote der institutionellen Anleger liegt mit 100,6 Prozent nach wie vor sehr hoch. Sie spekulieren also mit Hebelprodukten auf steigende Kurse.

Blogger und Börsenbriefschreiber geben nach wie vor überwiegend Kaufempfehlungen aus (45,8 Prozent). Und die US-Privatanleger zeigen mit 45,6 Prozent weiterhin eine hohe Bullenquote. Die Stimmung in den USA ist also gut, während die technischen Indikatoren sich im Rahmen der Verschnaufpause normalisieren.

Für den Animusx-Inhaber haben sich Anleger auf das neue Jahr 2017 vorbereitet und warten nun erst einmal ab, wie es losgehen wird. Die Sentiment-Theorie gibt Entwarnung für jene, die einen baldigen Crash fürchten. „Dazu fehlt die Euphorie“, erläutert Heibel.

Bei einer euphorischen Stimmung rechnen fast alle Anleger mit weiter steigenden Kursen, sind fast alle schon investiert und bereit zum Absprung: Dann ist es höchste Zeit, zu verkaufen. Umgekehrt dürfte jemand, der sich skeptisch äußert und fallende Kurse erwartet, noch nicht investiert sein – sonst hätte er ja bereits gekauft. Je stärker die Skepsis an der Börse, desto größer das Lager der Kaufwilligen. Warren Buffett hat dies so zusammengefasst: „Euphorie ist dein Feind an der Börse. Skepsis ist dein Freund.“

„Ohne ein schwerwiegendes Ereignis dürfte es nicht zu einem Ausverkauf kommen“, meint Heibel. Auf der anderen Seite sind die Positionierungen noch nicht abgeschlossen, viele warten noch auf erste Impulse im neuen Jahr. Sollten die Börsen jedoch schnell ansteigen, laufen diese Anleger Gefahr, den Kursen hinterherzulaufen.

Daraus folgt für den Sentiment-Experten: Dax und Dow Jones seien nach unten ganz gut abgesichert sind, Korrekturen dürften klein bleiben. „Sollten die Kurse jedoch steigen, könnte sich eine Dynamik entwickeln, die zu einer Fortsetzung der Rallye führt.“ So dürfte ein deutlicher Anstieg über 11.500 Punkte im Dax Anleger unter Zugzwang setzen und einen schnellen Lauf in Richtung 12.000 Punkte ermöglichen.

Die Handelsblatt-Umfrage startet jeden Freitag und endet am Sonntag. Die Auswertung lesen Sie tags darauf auf Handelsblatt Online. Einfacher haben es Leser, die sich für eine kostenlose Erinnerungsmail eintragen. Sie erhalten automatisch eine Mail mit der Bitte, an der Umfrage teilzunehmen, und eine, wenn die Experten-Auswertung auf Handelsblatt Online zu lesen ist.

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