Dax-Umfrage „Das hab ich doch gewusst“

Der Dax eilt von Jahreshoch zu Jahreshoch – und fast alle Anleger haben das laut Handelsblatt-Umfrage natürlich gewusst. Doch die Ersten hegen nun größere Verkaufsabsichten. Was das für diese Handelswoche bedeutet.

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Das Handelsblatt-Dax-Sentiment ist eine Umfrage zur Börsenstimmung unter mehr als 2300 Anlegern. Quelle: Getty Images

Düsseldorf Zwei Schlüsse hatte Sentimentexperte Stephan Heibel aus der Handelsblatt-Umfrage der vergangenen Woche gezogen. „Die Rally könnte noch ein paar Tage weiterlaufen“, prophezeite er. Und er leitete in dem Artikel mit der Überschrift „Es ist noch Luft nach oben“ aus der unterschiedlichen Stimmungslage zu den USA eine klare bessere Performance für den Dax ab.

Das Resultat der vergangenen Handelswoche: Der Dax legte in der abgelaufenen Woche um 1,8 Prozent zu, der Dow Jones nur um 0,4 Prozent.

Wöchentlich werden bei der Handelsblatt-Umfrage mehr als 2300 Anleger zur Börsenstimmung befragt. Die Ergebnisse werden von Stephan Heibel, Inhaber des Analysehauses Animusx, ausgewertet und interpretiert. Aus dem Abstimmungsverhalten leitet er eine Prognose ab, wie sich der deutsche Leitindex in den kommenden Tagen entwickeln könnte.

Entsprechend der guten Performance im Dax ist auch die Stimmung unter den Anlegern extrem positiv geblieben. Vor einer Woche hatte die Euphorie beim Handelsblatt-Dax-Sentiment, das seit dem Sommer 2014 erhoben wird, ein neues Rekordhoch erreicht. Auch die Historie der detaillierteren Animusx-Sentimentumfrage, die bis in das Jahr 2003 zurückreicht, zeigt: Noch nie war die Euphorie so groß wie vor einer Woche, als der Dax auf ein neues Jahreshoch kletterte.

Inzwischen haben sich acht Prozent der Umfrageteilnehmer umentschieden und sehen in der aktuellen Dax-Bewegung nun eher eine Top-Bildung (plus acht Prozentpunkte auf 32 Prozent) und nicht mehr einen Aufwärtsimpuls (minus acht Prozentpunkte auf 57 Prozent). Doch der Stimmungsindikator bleibt mit einem Wert von 5,5 Prozent auf einem absoluten Rekordniveau, die Euphorie hält an.

Eigentlich ist Euphorie ein Indikator für bald fallende Kurse. „Aber kein hinreichender“, schränkt Heibel ein. Für ihn kann Euphorie mehrere Wochen lang anhalten, bevor die Kurse dann zu bröckeln beginnen.


Hohe Selbstgefälligkeit

Allerdings hat laut der aktuellen Umfrage auch die Selbstgefälligkeit der Anleger stark zugenommen. Die Kurse sind gestiegen, und immer mehr Anleger lehnen sich selbstgefällig zurück und behaupten: „Hab ich doch gewusst“. 31 Prozent (minus zwei Prozentpunkte) geben an, auf diese Rally spekuliert zu haben. Weitere 47 Prozent (plus 13 Prozentpunkte) haben die Rally so zum größten Teil erwartet. Nur noch sieben Prozent (minus zwölf Prozentpunkte) wurden auf dem falschen Fuß erwischt.

Entgegengesetzt zur Dax-Entwicklung fällt der Optimismus für steigende Kurse in drei Monaten. Nur noch 17 Prozent (minus zwei Prozentpunkte) gehen von einer anhaltenden Aufwärtsbewegung aus. Ebenfalls 17 Prozent (minus zwei Prozentpunkte) erwarten bald eine Topbildung. Hingegen gehen 29 Prozent (plus vier Prozentpunkte) von einem Abwärtsimpuls in drei Monaten aus, mit 36 Prozent setzen die meisten jedoch auf eine Seitwärtsbewegung. Fazit: Die Erwartung der Anleger ist damit auf dem tiefsten Stand seit anderthalb Jahren.

Entsprechend dieser gemäßigten Erwartungshaltung wollen nur noch 26 Prozent (minus ein Prozentpunkt) in den kommenden beiden Wochen Aktien zukaufen. Ebenfalls 26 Prozent (plus drei Prozentpunkte) wollen hingegen verkaufen. Nur noch 49 Prozent wissen noch nicht, wie sie sich in den kommenden beiden Wochen verhalten werden.

Ein Blick auf das Sentiment der Stuttgarter Börse Euwax, das auf realem Handel mit Hebelprodukten auf den Dax basiert, zeigt hohe Absicherungsgeschäfte der Privatanleger an. Es werden wesentlich mehr Finanzinstrumente gekauft, die von fallenden Kursen profitieren. Privatanleger sind damit so gut gegen fallende Kurse abgesichert wie seit dem vergangenen Sommer nicht mehr.

In den vergangenen Monaten war das Euwax-Sentiment ein guter Kontraindikator: Wenn Anleger auf steigende Kurse spekulierten, fiel das deutsche Börsenbarometer und umgekehrt.

In den USA zeigt der „Angst-und-Gier-Indikator“ des S&P 500, dem technische Marktdaten zugrunde liegen, mit 84 Prozent extreme Gier an. Institutionelle Anleger verfügen über eine Investitionsquote von stolzen 96 Prozent, und Blogger und Börsenbriefschreiber geben zu 46 Prozent Kaufempfehlungen aus. Auch die US-Privatanleger sind bullisch gestimmt, die Bullenquote beträgt 44,7 Prozent.


Die Szenarien für die nächsten Handelstage

„Könnte es sein, dass sich viele Anleger zu früh von der Rally verabschieden?“, fragt sich Sentimentexperte Heibel. Denn bei einem Dax-Stand zwischen 11.400 und 11.500 Punkten geben laut der umfangreichen Animusx-Umfrage zufolge viele Investoren an, Gewinne mitnehmen zu wollen. Nur noch wenige glauben an eine Fortsetzung der fulminanten Rally, die mit dem Wahlerfolg von Donald Trump in den USA ausgelöst wurde.

Für den Animusx-Inhaber liegt derzeit eine technisch schwierige Situation vor. Anleger sind bereit, Gewinne mitzunehmen und werden anschließend vorerst nicht wieder als Käufer zur Verfügung stehen. Eine Korrektur, sofern sie diese Woche beginnt, könnte damit stark nach unten durchrutschen. Zudem mehren sich kritische Analysen über das Bewertungsniveau an den Aktienmärkten, das bereits zu früh zu hoch angestiegen sei, bevor die erwartete Konjunkturbelebung als sicher gesehen werden kann.

Auf der anderen Seite hingegen befinden wir uns in einer sehr guten Börsenphase: Institutionelle Anleger haben ihre Bereinigungsverkäufe abgeschlossen, nun werden bestenfalls noch Positionen aufgebaut, um für das neue Jahr richtig positioniert zu sein. In den Tagen um Weihnachten und das Neujahr herum sind die Aktienbörsen traditionell eher freundlich.

Daraus folgt: Sollte es also in den kommenden Tagen zu einem Überspringen der Marke von 11.500 Punkten kommen, könnte sich sehr schnell eine selbst verstärkende Wirkung einstellen. Anleger, die gerade noch Gewinne mitgenommen haben, könnten den steigenden Kursen hinterherlaufen. Ein Dax-Stand von 12.000 Punkten wäre dann für den Sentimentexperten schnell in Sicht.

„Ich gebe einem freundlichen Jahresausklang die besseren Chancen“, meint Heibel. Seiner Einschätzung nach stehen Chancen für fallende versus steigende Kurse nach 35 zu 65 Prozent.

Die Handelsblatt-Umfrage startet jeden Freitag und endet am Sonntag. Die Auswertung lesen Sie tags darauf auf Handelsblatt Online. Einfacher haben es Leser, die sich für eine kostenlose Erinnerungsmail eintragen. Sie erhalten automatisch eine Mail mit der Bitte, an der Umfrage teilzunehmen, und eine, wenn die Experten-Auswertung auf Handelsblatt Online zu lesen ist.

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