Dax-Umfrage „Es droht nur ein kleiner Ausverkauf“

Der Dax hinkt der Wall Street seit Wochen hinterher. Gelingt am deutschen Markt der Befreiungsschlag? Was sich aus der aktuellen Gemütslage an den Börsen für die eigene Positionierung herauslesen lässt.

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Investoren sichern sich vermehrt gegen mögliche Kursstürze ab. Quelle: dpa

Frankfurt Während die Aktienindizes in den USA immer neue Rekordstände erreichen, ist der Dax in der vergangenen Woche erneut am Ansturm auf die Marke von 12.000 Punkten gescheitert. Das hat zu einem Stimmungswechsel der Anleger geführt: Die meisten Investoren erwarten nun einen Rückschlag. Nie war die Erwartung in den zurückliegenden zwei Jahren so pessimistisch wie derzeit. Das ergibt sich aus den Ergebnissen der Handelsblatt-Umfrage zur aktuellen Börsenstimmung.

Wöchentlich werden bei dieser Erhebung mehr als 2.300 Anleger gefragt, wie sie die Lage an den Aktienmärkten einschätzen. Die Ergebnisse bewertet Stephan Heibel, Inhaber des Analysehauses Animusx. Seine Prognosen zur Dax-Entwicklung sollen Orientierung für die Geldanlage bieten. „Gleich zweimal wurde ich diese Woche von Kunden nach Absicherungsmöglichkeiten auf den Dax befragt. Gepaart mit der hohen Bereitschaft unserer Umfrageteilnehmer, Aktien in den kommenden zwei Wochen abzustoßen, braucht es jetzt nur noch einen kleinen negativen Impuls, um zu einem kleinen Ausverkauf zu führen“, sagt Heibel.

Die Ergebnisse der jüngsten Auswertung im Detail: Nur noch 21 Prozent (minus drei Prozent) erwarten für den Dax in drei Monaten weiter steigende Kurse, 29 Prozent (plus ein Prozent) hingegen gehen von einer Seitwärtsbewegung aus. Die meisten fürchten einen Abwärtsimpuls (plus vier Prozent auf 36 Prozent). Damit hat sich das Lager der Bullen bedenklich geleert, die Erwartung war in den vergangenen zwei Jahren nie so pessimistisch wie heute.

Anleger wollen ihren Worten auch Taten folgen lassen: 24 Prozent (plus sieben Prozent) wollen in den kommenden zwei Wochen Aktien verkaufen, nur 19 Prozent (plus ein Prozent) wollen zukaufen. Mit 57 Prozent (minus neun Prozent) bleiben die meisten nach wie vor an der Seitenlinie und warten vorerst ab. Damit ist die Verkaufsabsicht ebenfalls so hoch wie zuletzt vor zwei Jahren.

Insgesamt interpretiert der Sentiment-Experte die jüngsten Umfrageergebnisse allerdings dennoch optimistisch: „Ich bleibe bei meiner bullischen Einschätzung: Einen Rückschlag würde ich dankbar zum Ausbau unserer Positionen nutzen.“ Spätestens mittelfristig sollte der Dax seiner Einschätzung nach weiter steigen. „Egal, ob ein Ausverkauf erfolgt oder ob die Rallye sich demnächst fortsetzt, die Weichen sind dahingehend gestellt, dass der Dax seinen Rückstand zum Dow Jones in den kommenden Wochen verkleinern sollte“, ergänzt Heibel.


Warum kein Absturz am deutschen Aktienmarkt bevorsteht

Damit bleibt Heibel bei seiner bisherigen Grundeinschätzung: Schon bei seiner Auswertung in der vergangenen Woche hatte der Fachmann festgestellt, dass wegen der hierzulande negativen Einschätzung der Marktteilnehmer nur mit vorübergehenden Kursrückgängen zu rechnen sei. „Anleger haben sich auf eine Korrektur eingestellt“, hatte der Sentiment-Experte gesagt. Aus dieser Betrachtungsweise lasse sich ableiten, dass genau das nicht passieren werde, sondern dass die Kurse mittelfristig deutlich ansteigen.

Hintergrund für seine aktuelle Zuversicht: Die politische Entwicklung unter dem neues US-Präsidenten werde auf der andere Seite des Atlantiks völlig anders eingeschätzt als hierzulande. Während sich institutionelle Anleger in den USA darüber freuten, endlich ungestört investieren zu können, weil die Politik mit sich beschäftigt sei, fürchteten sich ihre deutschen Kollegen vor den politischen Unsicherheiten und gingen hohe Absicherungsgeschäfte ein.

„Wer nun Recht hat, muss sich erst noch zeigen. Doch aus dieser unterschiedlichen Einstufung ergibt sich eine klar bessere Verfassung des Dax gegenüber dem Dow Jones“, sagt Heibel. „Sollte der Dax ausverkauft werden, sind institutionelle Anleger ja bereits abgesichert, müssen einen Ausverkauf also nicht weiter verstärken, sondern können günstige Kurse zum Zugreifen nutzen.“ In den USA hingegen sei die Absicherung so gering, dass ein Ausverkauf umgehend verstärkt würde.

So hätten sich institutionelle Investoren in Deutschland an der Derivatebörse Eurex derzeit so stark abgesichert wie in den vergangenen zwölf Wochen nur noch zweimal: Einmal direkt vor den US-Wahlen und einmal kurz nach der Rally in Folge des Brexit. Jeweils folgten steigende Kurse.

Völlig anders dagegen die Lage in den USA: Dort befinden sich die Absicherungsgeschäfte auf einem sehr niedrigen Niveau und sind damit diametral gegensätzlich zu der Situation hier in Deutschland: Der technische Angst und Gier Index des S&P 500 ist gleichzeitig wieder auf extreme Gier gesprungen (75 Prozent). Die Investitionsquote der US-Anleger verbleibt bei 96 Prozent auf hohem Niveau. Lediglich Privatanleger trauen dem Braten nicht und haben eine Bullenquote von nur 33,1 Prozent (minus 2,7 Prozent).

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