Dax-Umfrage Profi-Anleger warten auf einen Rücksetzer

Nach dieser ruhigen Handelswoche dürfte beim deutschen Leitindex eine Richtungsentscheidung anstehen. Doch vertreten private und institutionelle Anleger verschiedene Meinungen. Eine exklusive Analyse zeigt die Szenarien.

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Inzwischen erwarten mehr als die Hälfte der Anleger weder steigende noch fallende Kurse im Dax. Quelle: dpa

Düsseldorf Vor einer Woche stellte Börsenexperte Stephan Heibel nach den Ergebnissen der Handelsblatt-Umfrage zur Börsenstimmung fest: Die Anlegerstimmung habe sich deutlich eingetrübt, die Luft sei vorerst raus. „Ich habe den Eindruck, dass man nun erst einmal abwartet“, meinte er.

Die Berichtssaison hatte begonnen und Ende der Woche würde Donald Trump ins Weiße Haus einziehen. Warum sollte sich ein Anleger heute schon positionieren, wenn doch in den kommenden zwei Wochen viele wichtige Informationen zu erwarten sind?, lautete seine Ansicht damals. Seine wöchentlichen Einschätzungen zur Börsenentwicklung leitet der Sentimentexperte aus Umfrageergebnissen der Handelsblatt-Umfrage Dax-Sentiment unter mehr als 2.300 Anlegern ab.

Die Prognose vom vergangenen Montag bewahrheitete sich: Viel Bewegung gab es nicht an den Märkten, der Dax beendete die vergangene Handelswoche auf dem gleichen Niveau wie in der Vorwoche. An den Aktienmärkten hat man sich auf Unternehmensmeldungen konzentriert. Die Berichtssaison ist in den USA bereits voll im Gange. So gibt es eine ganze Reihe von Einzelaktien, die mit Kurssprüngen auf sich aufmerksam machten. Doch der breite Markt hat seine Mitte Dezember eingeschlagene Seitwärtsbewegung fortgesetzt.

Anleger haben sich auf diese Warteposition eingestellt. Inzwischen sehen mehr als die Hälfte der Anleger (plus fünf Prozentpunkte gegenüber der Vorwoche) den Dax in einer Seitwärtsbewegung. Nur noch 17 Prozent und damit fünf Prozentpunkte weniger betrachten die jüngste Kursentwicklung als Aufwärtsimpuls. Jeder Fünfte meint bereits eine Abwärtsbewegung zu erkennen.

Die Erwartungen der Anleger an die vergangene Handelswoche haben sich zum größten Teil erfüllt. Das geben 54 Prozent der Umfrageteilnehmer an. Immerhin jeder Vierte hat eine andere Entwicklung erwartet, seine Erwartungen wurden kaum erfüllt. Auf dem falschen Fuß wurden sieben Prozent der Anleger erwischt, auf die Verschnaufpause haben 13 Prozent spekuliert. „Die Selbstzufriedenheit der Umfrageteilnehmer kann man als neutral bezeichnen“, erläutert der Sentimentexperte die Ergebnisse.

In drei Monaten erwartet jeder Vierte einen Aufwärtsimpuls, 35 Prozent (plus vier Prozentpunkte) einen Abwärtsimpuls und 26 Prozent eine Seitwärtsbewegung. Diesem ausgewogenen Verhältnis geben die zwölf Prozent, die eine Topbildung erst in drei Monaten erwarten, einen leicht positiven Touch.

Unverändert 19 Prozent wollen in den kommenden zwei Wochen Aktien zukaufen, die gleiche Zahl an Anlegern (plus zwei Prozentpunkte) will verkaufen. Knapp zwei von drei Anlegern wollen vorerst mit einer Entscheidung abwarten.


Verunsicherung hält an

Das Euwax-Anlegersentiment, das reale Trades mit Hebelprodukten auf den Dax abbildet, zeigt weiterhin einen leichten Überhang von Absicherungsgeschäften bei Privatanlegern. Sie spekulieren also eher auf fallende Kurse. Die Put/Call-Ratio der Terminbörse Eurex, die in erster Linie institutionelle Anleger erfasst, notiert im neutralen Bereich. Dieses Verhältnis bestätigt das Handelsblatt-Umfrageergebnis, demzufolge die meisten derzeit neutral positioniert sind und abwarten.

Der leicht negative Ausschlag an der Privatanlegerbörse Euwax deutet nach Heibels Ansicht auf die Verunsicherung hin, die durch die Amtseinführung Donald Trumps verbreitet wird. „Anders kann ich mir die Diskrepanz nicht erklären“, meint der Animusx-Inhaber.

Das zeigt sich auch bei einem Blick in Richtung USA: Der an technischen Marktdaten orientierte Angst-und-Gier-Index des Index S&P 500 notiert mit 53 Prozent ebenfalls in einem neutralen Bereich. Die Investitionsquote der institutionellen Anleger ist mit 94 Prozent leicht angestiegen und spiegelt die mittelfristig optimistische Einstellung der Profis wider. Und auch die Privatanleger in den USA sind mit einer „Bullenquote“ von nur noch 37 Prozent (minus sieben Prozentpunkte gegenüber der Vorwoche) nun deutlich verunsicherter unterwegs.

Vor einer Woche hatte Heibel darauf hingewiesen, wie wichtig neben den Geschäftsergebnissen der Banken die Quartalszahlen von Transportunternehmen wie den Eisenbahnen CSX und Union Pacific sowie der Fluggesellschaft United Continental seien. „Ich halte diese drei Quartalsergebnisse für die wichtigsten Zahlen dieser Woche, denn sie können uns Auskunft darüber geben, ob die Trump-Rally beendet ist oder nur eine Verschnaufpause einlegt“, meinte der Sentimentexperte am vergangenen Montag.


Vorerst keine klare Richtung zu erkennen

Die Zahlen waren gut, nun dürften diese positiven Impulse, die in den vergangenen beiden Wochen von Banken und Transportunternehmen der USA ausgesendet wurden, tendenziell für steigende Kurse in den kommenden Monaten sorgen. Doch es gibt eine Einschränkung: „Leider baut sich mit zunehmender Dauer der aktuellen Seitwärtsbewegung im Dax die zuvor bestehende Unterstützung durch die Auflösung der vorhandenen Absicherungsgeschäfte immer weiter ab“, ergänzt er.

Seine Schlussfolgerung: Nun kann ein wie auch immer gearteter Impuls den Dax in beide Richtungen treiben. Sollte es abwärts gehen, dürften Profis erst aufgrund von fundamental günstigen Bewertungen zugreifen. Das ist im Rahmen der Berichtssaison täglich der Fall, wenn Quartalszahlen eine Neubewertung von Unternehmen ermöglichen. Doch es wird schwer, diese Unterstützung dann auf den gesamten Dax mit seinen 30 Einzelwerten auszuweiten.

Dem Umfrageergebnis der ausführlichen Sentimentumfrage AnimusX zufolge haben insbesondere institutionelle Anleger derzeit eine relativ niedrige Investitionsquote. Sie dürften also bei steigenden Kursen der Entwicklung hinterherlaufen und durch einen Zwang zum Investieren einer Rally weiteren Zündstoff geben. „Ich vermute, dass institutionelle Anleger auf einen kleinen Rücksetzer in der nun begonnenen Woche warten, um Aktien einzusammeln“, betont Heibel.

Früher oder später dürfte sich seiner Meinung nach aber dann das positive Szenario durchsetzen. „Das ist eine Frage von Wochen“, ergänzt er. Ob zwischenzeitlich nochmals ein Rückschlag erfolge, lasse sich aus den Daten der Sentimentumfragen allerdings nicht ableiten.

Die Handelsblatt-Umfrage startet jeden Freitag und endet am Sonntag. Die Auswertung lesen Sie tags darauf auf Handelsblatt Online. Einfacher haben es Leser, die sich für eine kostenlose Erinnerungsmail eintragen. Sie erhalten automatisch eine Mail mit der Bitte, an der Umfrage teilzunehmen, und eine, wenn die Experten-Auswertung auf Handelsblatt Online zu lesen ist.

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