Dax-Umfrage „Schwächere Kurse sind Gelegenheiten“

Der Dax notiert nur noch wenige hundert Punkte unterhalb seines Allzeithochs. Wird der deutsche Leitindex diese Marke bald erreichen? Eine exklusive Umfrage zeigt auf, wie sich Börsen bald entwickeln dürften.

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Nach der Sentimenttheorie ist die Wahrscheinlichkeit steigender Aktienkurse derzeit größer als die fallender. Quelle: dpa

Düsseldorf Vor einer Woche empfahl Börsenexperte Stephan Heibel: Anleger sollten Rücksetzer zum Nachkauf nutzen. Damit stellte er sich gegen die weit verbreitete Marktmeinung, dass der Dax überteuert sei und die Rally bald ende müsse. Seine Meinung: Die Rally wird noch weitergehen.

In der vergangenen Handelswoche blieb der Test der Prognose aus. Die Frankfurter Benchmark verlor insgesamt 0,3 Prozent, doch es kam nicht zu nennenswerten Rücksetzern. Auf der anderen Seite konnte der Index die Marke von 12.000 Punkten nicht nachhaltig überwinden.

Seine Prognosen leitet Heibel aus der wöchentlichen Handelsblatt-Umfrage unter mehr als 2.300 Anleger zur Lage an den Aktienmärkten ab. Die anschließende Bewertung der Ergebnisse soll Anlegern Orientierung für die Geldanlage bieten.

„Ich bin kein Orakel und kann nicht sagen, wohin die Kurse laufen werden“, meint der der Experte. „Aber mit der Sentimenttheorie kann ich aufzeigen, dass die Wahrscheinlichkeit steigender Kurse derzeit größer ist als die fallender.“

Laut der aktuellen Umfrage hat sich die Stimmung unter den Anlegern diese Woche merklich abgekühlt: Mit 37 Prozent (plus 16 Prozentpunkte gegenüber der Vorwoche) sehen nun die meisten unserer Umfrageteilnehmer im aktuellen Dax-Verlauf eine Seitwärtsbewegung. Nur noch knapp jeder Dritte (minus acht Prozentpunkte) geht von einem Aufwärtsimpuls aus, 28 Prozent (minus acht Prozentpunkte) sehen bereits einen Abwärtsimpuls. Damit ist das Sentiment deutlich abgekühlt und notiert im moderat positiven Bereich, eben der guten Dax-Kursentwicklung angemessen.


Anleger haben sich abgesichert

Anleger entspannen sich, denn 57 Prozent (plus fünf Prozentpunkte) haben diese Entwicklung so zum größten Teil erwartet, weitere 27 Prozent (plus fünf Prozentpunkte) sehen ihre Erwartungen kaum erfüllt. Spekuliert auf diese Konsolidierung haben nur noch 13 Prozent (minus fünf Prozentpunkte), auf dem falschen Fuß wurden lediglich sechs Prozent (minus vier Prozentpunkte) erwischt. Somit ist auch die Selbstzufriedenheit der Anleger dem hohen Niveau des deutschen Börsenbarometers entsprechend moderat positiv.

Die Meinungsverschiedenheit über die künftige Dax-Entwicklung geht zurück. Nur noch knapp jeder Dritte (minus drei Prozentpunkte) erwartet für den deutschen Leitindex in drei Monaten einen Abwärtsimpuls, nur 18 Prozent (minus drei Prozentpunkte) sind optimistisch gestimmt. Mit 34 Prozent (plus sechs Prozentpunkte) erwarten die meisten Anleger eine Seitwärtsbewegung. „Da Börsianer grundsätzlich optimistisch sind, markiert die aktuelle Erwartungshaltung nun bereits in der vierten Woche in Folge einen extremen Pessimismus“, analysiert Heibel.

Jeweils 18 Prozent der Umfrageteilnehmer wollen in den kommenden zwei Wochen Aktien zukaufen (unverändert gegenüber der Vorwoche) oder aber verkaufen (minus sieben Prozent). Die meisten lehnen sich zurück und warten vorerst ab: Deren Anteil steigt um sieben Prozentpunkte auf 63 Prozent.

Der Blick auf die Börsen zeigt: An der Stuttgarter Euwax haben sich Privatanleger weiterhin gut abgesichert gegen Kursverluste. Institutionelle Anleger, die sich über die Terminbörse Eurex in Frankfurt gegen fallende Kurse absichern können, sind derzeit neutral positioniert.

In den USA zeigt der technische Angst und Gier Index des S&P 500 mit 68 Prozent leichte Gier auf, von extremen Werten ist er aber noch ein gutes Stück entfernt. Eine Überraschung zeigt die Investitionsquote der institutionellen US-Anleger. Nach 102 Prozent vor einer Woche – der Wert kommt aufgrund des Einsatzes von Hebelprodukten zustanden – sind sie diese Woche nur noch zu 87 Prozent investiert. Es wurde Positionen in großem Umfang liquidiert. US-Privatanleger sind nur noch zu 30 Prozent bullisch gestimmt, was deutlich unter dem Durchschnitt liegt.

Seit der Trump-Rally ist die Stimmung unter den US-Privatanlegern kontinuierlich von einem extremen Hoch auf nunmehr ein fast schon extremes Tief gefallen. So schlecht wie heute war die Stimmung seit zwölf Monaten nicht mehr.


„Aktienmärkte sind vorbereitet“

Heibels Analyse der Zahlen: „Ich kann also weder in den USA, noch in Deutschland irgendwelche Anzeichen für eine Überhitzung an den Märkten entdecken.“

Selbst wenn in den kommenden Wochen einige Hiobsbotschaften kommen sollten: An den Aktienbörsen ist man darauf vorbereitet. Natürlich würden die Kurse dann leicht nachgeben, kann es aus Sicht der Sentiment-Analyse derzeit nicht zu einem Crash kommen. Dazu haben sich sich zu wenige Anleger für steigende Kurse positioniert. Im Gegenteil: Zu viele haben sich bereits gegen fallende Kurse abgesichert.

Heibel sieht zwei Szenarien. Das eine: Es kommen negative Nachrichten. Dann würden all die Anleger Recht bekommen, die sich gegen fallende Kurse abgesichert haben. Die Notierungen würden zurückgehen, doch bald schon würden die Absicherungspositionen durch Käufe eingedeckt werden, was einen Kursrutsch begrenzt.

Das andere Szenario: Der Dax klettert in den kommenden Wochen auf ein neues Allzeithoch. Dann werden unzählige Anleger auf dem falschen Fuß erwischt. Während der Leitindex mit zweistelligen Zuwachsraten in diesem Jahr prahlen würde, wären die Depots vieler Anleger leer oder schlimmer noch teilweise im Minus, wenn zu große Absicherungspositionen darin enthalten sind. Es würde sehr schnell ein Zwang entstehen, die Absicherungspositionen durch Aktienkurse einzudecken. Und diejenigen, die ihre Depots in den vergangenen Wochen ausgedünnt haben, müssten den Kursen hinterherlaufen und Aktien zu höheren Preisen einkaufen.

Das kurzfristige Sentiment ist der guten Börsenverfassung entsprechend moderat positiv, ebenso wie die Selbstzufriedenheit. Die Erwartung hingegen ist nun schon seit vier Wochen extrem pessimistisch, und dennoch kann sich der Dax um die 12.000 Punkte halten.
„Diese Pessimisten könnten sich bald auf der falschen Seite wiederfinden“, meint der Sentiment-Experte. Er bleibt bei seiner Einschätzung, die er seit einigen Wochen vertritt: „Kursrückschläge sind Gelegenheiten zum Nachkaufen“.

Die Handelsblatt-Umfrage startet jeden Freitag und endet am Sonntag. Die Auswertung lesen Sie tags darauf auf Handelsblatt Online. Einfacher haben es Leser, die sich für eine kostenlose Erinnerungsmail eintragen. Sie erhalten automatisch eine Mail mit der Bitte, an der Umfrage teilzunehmen, und eine, wenn die Experten-Auswertung auf Handelsblatt Online zu lesen ist.

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