Dax-Umfrage „Stimmungslage ist typisch für den Beginn einer Rally“

Die große Anzeigetafel zeigt im Handelssaal der Frankfurter Börse die Entwicklung des Dax. Quelle: dpa

Anleger haben weiterhin schlechte Laune, blicken aber optimistisch in die Zukunft. Das lässt für die kommenden Tage auf steigende Kurse hoffen.

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„Panik mit Luft nach unten“ – so lautete vor einer Woche die Einschätzung des Börsenexperten Stephan Heibel nach Auswertung der Handelsblattumfrage Dax-Sentiment. Tatsächlich sackte der deutsche Leitindex in den folgenden Tagen gleich zwei Mal um ein Prozent ab.

Bei diesen beiden kräftigen Korrekturen rutschte die Frankfurter Benchmark jeweils unter die Marke von 11.800 Punkten, die für Charttechniker eine wichtige Unterstützungsmarke ist. Doch nach dem zweiten Rutsch am Gründonnerstag starteten die Finanzmärkte eine kräftige Erholung, sodass der Dax im Wochenvergleich um 1,8 Prozent zulegen konnte.

Bei der Umfrage Dax-Sentiment werden wöchentlich mehr als 3000 Anleger gefragt, wie sie die Lage an den Aktienmärkten einschätzen. Die Ergebnisse bewertet Stephan Heibel, Inhaber des Analysehauses Animusx. Der Experte leitet daraus Prognosen zur künftigen Dax-Entwicklung ab, die Anlegern bei ihrer Geldanlage Orientierung bieten.

Hinter solchen Erhebungen stehen – vereinfacht formuliert – zwei Annahmen: Wenn viele Anleger optimistisch sind, haben sie bereits investiert. Dann bleiben wenige übrig, die noch kaufen und damit die Kurse in die Höhe treiben könnten. Umgekehrt gilt: Wenn die Anleger pessimistisch sind, sind sie mehrheitlich nicht investiert. Dann können nur noch wenige verkaufen und damit die Kurse drücken. Für seine Prognose, wie sich der deutsche Leitindex in den kommenden Handelstagen entwickeln könnte, wertet Heibel zusätzlich weitere Indikatoren aus.

Die aktuelle Lage beim Dax ist spannend: Technische Analysten weisen darauf hin, dass der Dax vergangene Woche die 11.800 Punkte unterschritten hat und die Unterstützung damit nicht mehr hält. Für einige Charttechniker, die anhand historischer Kursentwicklungen Prognosen ableiten, droht ein weiterer Ausverkauf – früher oder später – bis auf 11.500 oder gar 11.200 Punkte.

Andere technische Analysten erkennen hingegen einen Fehlausbruch, denn nach dem Unterschreiten der 11.800 Punkte stieg der Dax schnell wieder an und konnte die Woche deutlich über dieser Marke beenden. „An dieser Diskussion beteilige ich mich nicht“, meint Heibel.

Doch aus Sicht der Börsenstimmung, Sentiment genannt, gibt es deutliche Anzeichen dafür, dass Anleger nach Ostern erst einmal mit weiter steigenden Kursen rechnen dürfen. „Die Stimmung war nun lange genug schlecht, wie der Fünf-Wochen-Durchschnitt zeigt“, meint Heibel.

Tesla wollte sein Model 3 bis zum Quartalsende 2500 Mal pro Woche bauen. Laut einer internen E-Mail von Firmenchef Musk wurde kürzlich die Marke von 2000 Autos pro Woche übertroffen. Daran gibt es Zweifel.

Da vor sechs Wochen die Stimmung der Anleger noch neutral war, reichte am heutigen Montag ein leicht negativer Wert, um den rollierenden Fünf-Wochen-Durchschnitt weiter nach unten zu treiben. Gleichzeitig ist die Erwartungshaltung der Anleger angesprungen und der frische Optimismus wird begleitet von Investitionsbereitschaft. „Damit haben wir eine Stimmungslage, die für eine beendete Bodenbildung und den Beginn einer Rally typisch ist“, meint der Animusx-Inhaber.

Noch viele ungelöste Probleme

Der Börsenexperte weist aber auch auf eine ganze Reihe ungelöster Probleme hin: Die Entwicklung im Bereich des autonomen Fahrens ist aufgrund eines Zwischenfalls erst einmal gestoppt. Facebook-CEO Mark Zuckerberg hat außer Entschuldigungen bislang noch nicht glaubhaft belegt, künftig persönliche Daten besser zu schützen und Amazon ist nun ins Visier des US-Präsidenten Donald Trump gerückt. „Damit gleicht der gesamte Technologiesektor derzeit eher einem Minenfeld und wird von Anlegern bis auf Weiteres gemieden“, meint Heibel.

Zudem schwelen die Auseinandersetzungen um Importzölle zwischen den USA und China sowie um das Giftgas-Attentat Skripal zwischen Europa und Russland. Beide Krisen hätten das Potenzial, sich geopolitisch auszuwachsen. Es sei also jederzeit möglich, dass ein falsches Wort aus der Politik an den Finanzmärkten zu einem weiteren Ausverkauf führen könnte.

„Doch häufig ist es an den Aktienmärkten so, dass bereits die Kenntnis des Krisenherdes ausreicht, um für eine Bodenbildung zu sorgen“, erläutert Heibel. „Zumindest die positive Entwicklung im Dax-Sentiment lässt mich optimistisch auf diese Handelswoche blicken“.

Laut der aktuellen Umfrageergebnisse ist die Panik der Vorwoche aufgrund der Gegenbewegung im Dax zum Wochenschluss erst einmal verflogen. Dennoch bleibt die Stimmung extrem schlecht. Noch immer sehen 35 Prozent der Umfrageteilnehmer (minus 30 Prozentpunkte gegenüber der Vorwoche) in der aktuellen Bewegung des deutschen Börsenbarometers einen Abwärtsimpuls.

Fast jeder Vierte (24 Prozent, plus zehn Prozentpunkte) betrachtet die aktuelle Bewegung immerhin als Bodenbildung. Eine Seitwärtsbewegung will jeder Dritte (plus 17 Prozentpunkte) erkennen. Mit einem Wert von minus 2,9 befindet sich die aktuelle Stimmung aber noch immer im untersten Viertel der Skala.

Auch die absolute Verunsicherung der Vorwoche ist kaum zurückgegangen. Nur noch 23 Prozent (minus 21 Prozentpunkte) sehen ihre Erwartungen überhaupt nicht erfüllt und weitere 36 Prozent (plus zehn Prozentpunkte) sehen ihre Erwartungen kaum erfüllt.

Auf der anderen Seite haben 35 Prozent (plus 14 Prozentpunkte) mit der Dax-Seitwärtsbewegung zum größten Teil gerechnet, 6 Prozent (minus vier Prozentpunkte) wollen sogar darauf spekuliert haben. Mit einem Wert von minus 5,9 müssen wir weiterhin von großer Verunsicherung unter den Anlegern sprechen.

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Zu Heibels Überraschung ist die Zuversicht sprunghaft angestiegen: 30 Prozent (plus sieben Prozentpunkte) der Umfrageteilnehmer erwarten in drei Monaten steigende Kurse. Nur noch 22 Prozent (minus drei Prozentpunkte) fürchten eine anhaltende Abwärtsbewegung und weitere neun Prozent (minus sechs Prozentpunkte) erwarten einen Boden erst in drei Monaten. Unverändert geht jeder Dritte von einer anhaltenden Seitwärtsbewegung aus. Mit einem Wert von plus 1,3 überwiegt wieder Optimismus, eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Bodenbildung.

26 Prozent der Anleger (plus zwei Prozentpunkte gegenüber der Vorwoche) wollen in den kommenden zwei Wochen Aktien zukaufen, nur noch 14 Prozent (minus fünf Prozentpunkte) wollen jetzt noch verkaufen. 60 Prozent (plus drei Prozentpunkte) wollen vorerst abwarten. „Die Investitionsbereitschaft ist aufgrund des großen Übergewichts der Kaufwilligen deutlich angesprungen, ebenfalls eine wichtige Voraussetzung für eine Bodenbildung“, meint der Sentiment-Experte.

Extreme Angst der Anleger in den USA

Das Euwax-Sentiment der Börse Stuttgart, an der vor allem Privatanleger handeln, zeigt weiterhin eine neutrale Positionierung an. Vonseiten der Privatanleger droht aus technischer Sicht weder Gefahr noch Unterstützung. Dieser Indikator wird anhand realer Trades mit Hebelprodukten auf den Dax berechnet.

Das gleiche Szenario wie bei den Privaten zeigt sich auch bei den institutionellen Anlegern, die an der Frankfurter Terminbörse Eurex handeln. Das Put/Call-Verhältnis steht dort mit 1,5 genau auf dem durchschnittlichen Niveau der vergangenen Monate, Profis sind ebenfalls neutral positioniert.

Der auf technischen Marktdaten basierende „Angst-und-Gier-Indikator“ für die US-Aktienmärkte zeigt mit einem Wert von acht Prozent extreme Angst an. In den USA gilt der Markt als „überverkauft“. Bei solch einer Situation – nach deutlichen Kursverlusten innerhalb kurzer Zeit – sind immer weniger Anleger dann noch bereit, auf diesem tiefen Niveau weiter zu verkaufen. Oft erfolgt darauf eine Gegenreaktion und viele Anleger steigen wieder ein und sorgen für eine manchmal ebenso schnelle und starke Gegenbewegung nach oben.

Unterstützt wird diese Aussage auch durch die Investitionsquote der US-Profis, die auf 49 Prozent (minus 28 Prozentpunkte) gefallen ist. Institutionelle US-Anleger sind so wenig investiert wie zuletzt vor zwei Jahren, also im Frühjahr 2016. „Das war der Zeitpunkt, an dem die aktuelle Rally begann“, erinnert Heibel.

Die Bulle/Bär-Quote der US-Privatanleger ist auf minus 3,4 Prozent gerutscht und zeigt damit einen leichten Bärenüberhang an, die Stimmung ist also auch in den USA bearish. Das gilt aus Sentiment-Sicht als Indikator für steigende Kurse. Denn wenn die Anleger pessimistisch sind, sind sie mehrheitlich nicht investiert. Dann können nur noch wenige verkaufen und damit die Kurse drücken.

Die Handelsblatt-Umfrage startet jeden Freitag und endet am Sonntag. Die Auswertung lesen Sie tags darauf auf Handelsblatt Online.

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