Die 18 Tennisplätze des Fisher-Island-Clubs vor der Küste Miamis sind perfekt abgeschirmt. Die Luxusanlage ist nur per Boot zu erreichen. Bepflanzte Zäune schützen vor neugierigen Blicken. Hier prügelt Bill Ackman, Hedgefondsgründer, Milliardär und früheres Tennisass, Bälle übers Netz, um seinen Frust abzubauen. Vier Milliarden Dollar hat er mit einer Wette auf die kanadische Pharmaaktie Valeant versenkt. „Ein riesiger Fehler“, hat er in einem Brief an die Investoren seines Hedgefonds Pershing Square gestanden. Das Doppel mit Wells-Fargo-Manager Walter Dolhare läuft auch mies, 1:6 und 1:6 gegen zwei europäische Banker. Nach der Niederlage stöhnt Ackman: „Meine Karriere geht den Bach runter.“
Dem Ego schmerzt es, finanziell wird er es verkraften: Ackman besitzt privat noch 1,4 Milliarden Dollar. Er gehört zur Kaste der Börsengurus, denen vermögende Privatanleger und milliardenschwere Pensionsfonds ihr Geld anvertrauen. Weltweit verwalten Hedgefonds 3,1 Billionen Dollar in rund 9700 Fonds.
Ackman und Kollegen sind durch Börsenwetten unfassbar reich geworden. Die Milliardärsliste des „Forbes“-Magazins listet 40 Hedgefondsmanager auf, die über eine Milliarde Dollar besitzen. Die 25 Topverdiener in der Hedgefondsindustrie haben im vergangenen Jahr insgesamt elf Milliarden Dollar eingesackt. Doch Anleger bezweifeln zunehmend, ob gerade die alten Stars der Branche ihr Geld noch wert sind.
Flüchtiges Kapital
Anders als die bisweilen zum Understatement neigenden Banker haben viele Hedgefondsmanager kein Problem damit, ihr Geld zu zeigen. Villa in den Hamptons, Yacht auf den Bahamas – überall, wo es etwas zu feiern gibt, lassen es die Superinvestoren krachen.
Solange es für die Geldgeber läuft, akzeptieren diese Extravaganzen und astronomische Gehälter. Versenken die Manager Milliarden, wie zuletzt Ackman, ziehen sie ihr Geld schnell ab.
Magere Rendite der Milliardäre: Die 20 wichtigsten Hedgefondsmanager und ihre Bilanz
Fondsmanager | Ray Dalio |
Privates Vermögen | 14,3 Milliarden Dollar |
Investmentgesellschaft | Bridgewater |
Verwaltetes Vermögen | 117,8 Milliarden Dollar |
Wertentwicklung 2016** | 4,3 |
Wertzuwachs seit Auflage | 49,4 Milliarden Dollar |
Aufgelegt | 1975 |
Nach Wertzuwachs seit Auflage; **Durchschnitt aller Fonds des Anbieters in Prozent
Quelle: Edmond de Rothschild Cap. Hold., Bloomberg
Fondsmanager | George Soros |
Privates Vermögen | 24,4 Milliarden Dollar |
Investmentgesellschaft | Soros Fund M. |
Verwaltetes Vermögen | 28 Milliarden Dollar |
Wertentwicklung 2016** | -3,4 |
Wertzuwachs seit Auflage | 41,8 Milliarden Dollar |
Aufgelegt | 1973 |
**Durchschnitt aller Fonds des Anbieters in Prozent
Fondsmanager | David Shaw |
Privates Vermögen | 4,8 Milliarden Dollar |
Investmentgesellschaft | DE Shaw |
Verwaltetes Vermögen | 27 Milliarden Dollar |
Wertentwicklung 2016** | 4,7 |
Wertzuwachs seit Auflage | 25,3 Milliarden Dollar |
Aufgelegt | 1988 |
**Durchschnitt aller Fonds des Anbieters in Prozent
Fondsmanager | Seth Klarman |
Privates Vermögen | 1,6 Milliarden Dollar |
Investmentgesellschaft | Baupost |
Verwaltetes Vermögen | 31 Milliarden Dollar |
Wertentwicklung 2016** | 8,7 |
Wertzuwachs seit Auflage | 25,3 Milliarden Dollar |
Aufgelegt | 1983 |
**Durchschnitt aller Fonds des Anbieters in Prozent
Fondsmanager | Ken Griffin |
Privates Vermögen | 6 Milliarden Dollar |
Investmentgesellschaft | Citadel |
Verwaltetes Vermögen | 24,1 Milliarden Dollar |
Wertentwicklung 2016** | 4,1 |
Wertzuwachs seit Auflage | 25,2 Milliarden Dollar |
Aufgelegt | 1990 |
**Durchschnitt aller Fonds des Anbieters in Prozent
Fondsmanager | David Tepper |
Privates Vermögen | 9,9 Milliarden Dollar |
Investmentgesellschaft | Appaloosa |
Verwaltetes Vermögen | 15,8 Milliarden Dollar |
Wertentwicklung 2016** | 4,6 |
Wertzuwachs seit Auflage | 23,5 Milliarden Dollar |
Aufgelegt | 1993 |
**Durchschnitt aller Fonds des Anbieters in Prozent
Fondsmanager | David Tepper |
Privates Vermögen | 2,8 Milliarden Dollar |
Investmentgesellschaft | Och Ziff |
Verwaltetes Vermögen | 33,5 Milliarden Dollar |
Wertentwicklung 2016** | 3,4 |
Wertzuwachs seit Auflage | 23,1 Milliarden Dollar |
Aufgelegt | 1994 |
**Durchschnitt aller Fonds des Anbieters in Prozent
Fondsmanager | Steve Mandel |
Privates Vermögen | 2,5 Milliarden Dollar |
Investmentgesellschaft | Lone Pine |
Verwaltetes Vermögen | 26,3 Milliarden Dollar |
Wertentwicklung 2016** | -0,4 |
Wertzuwachs seit Auflage | 22,2 Milliarden Dollar |
Aufgelegt | 1996 |
**Durchschnitt aller Fonds des Anbieters in Prozent
Fondsmanager | Andreas Halvorsen |
Privates Vermögen | 3,1 Milliarden Dollar |
Investmentgesellschaft | Viking |
Verwaltetes Vermögen | 27,8 Milliarden Dollar |
Wertentwicklung 2016** | -2,1 |
Wertzuwachs seit Auflage | 22 Milliarden Dollar |
Aufgelegt | 1999 |
**Durchschnitt aller Fonds des Anbieters in Prozent
Fondsmanager | Paul Singer |
Privates Vermögen | 2,4 Milliarden Dollar |
Investmentgesellschaft | Elliott Associates |
Verwaltetes Vermögen | 31,3 Milliarden Dollar |
Wertentwicklung 2016** | 11,8 |
Wertzuwachs seit Auflage | 21,8 Milliarden Dollar |
Aufgelegt | 1977 |
**Durchschnitt aller Fonds des Anbieters in Prozent
Fondsmanager | Steve Cohen |
Privates Vermögen | 12,1 Milliarden Dollar |
Investmentgesellschaft | SAC/Point 72 |
Verwaltetes Vermögen | 11,1 Milliarden Dollar |
Wertentwicklung 2016** | 0,9 |
Wertzuwachs seit Auflage | 19,8 Milliarden Dollar |
Aufgelegt | 1992 |
**Durchschnitt aller Fonds des Anbieters in Prozent
Fondsmanager | Tom Steyer |
Privates Vermögen | 1,6 Milliarden Dollar |
Investmentgesellschaft | Farallon |
Verwaltetes Vermögen | 19,3 Milliarden Dollar |
Wertentwicklung 2016** | 6,6 |
Wertzuwachs seit Auflage | 18,9 Milliarden Dollar |
Aufgelegt | 1987 |
**Durchschnitt aller Fonds des Anbieters in Prozent
Fondsmanager | John Paulson |
Privates Vermögen | 6,6 Milliarden Dollar |
Investmentgesellschaft | Paulson & Co. |
Verwaltetes Vermögen | 9,8 Milliarden Dollar |
Wertentwicklung 2016** | -23,4 |
Wertzuwachs seit Auflage | 18,4 Milliarden Dollar |
Aufgelegt | 1994 |
**Durchschnitt aller Fonds des Anbieters in Prozent
Fondsmanager | Louis Moore Bacon |
Privates Vermögen | 1,8 Milliarden Dollar |
Investmentgesellschaft | Moore Capital |
Verwaltetes Vermögen | 13,6 Milliarden Dollar |
Wertentwicklung 2016** | 3 |
Wertzuwachs seit Auflage | 18,4 Milliarden Dollar |
Aufgelegt | 1990 |
**Durchschnitt aller Fonds des Anbieters in Prozent
Fondsmanager | Alan Howard |
Privates Vermögen | 1,4 Milliarden Dollar |
Investmentgesellschaft | Brevan Howard |
Verwaltetes Vermögen | 16,7 Milliarden Dollar |
Wertentwicklung 2016** | 3,1 |
Wertzuwachs seit Auflage | 18,4 Milliarden Dollar |
Aufgelegt | 2003 |
**Durchschnitt aller Fonds des Anbieters in Prozent
Fondsmanager | Israel Englander |
Privates Vermögen | 4,3 Milliarden Dollar |
Investmentgesellschaft | Millennium |
Verwaltetes Vermögen | 34,4 Milliarden Dollar |
Wertentwicklung 2016** | 3,3 |
Wertzuwachs seit Auflage | 18,2 Milliarden Dollar |
Aufgelegt | 1989 |
**Durchschnitt aller Fonds des Anbieters in Prozent
Fondsmanager | Bruce Kovner |
Privates Vermögen | 3,4 Milliarden Dollar |
Investmentgesellschaft | Caxton Associates |
Verwaltetes Vermögen | 8 Milliarden Dollar |
Wertentwicklung 2016** | 6,7 |
Wertzuwachs seit Auflage | 15,7 Milliarden Dollar |
Aufgelegt | 1983 |
**Durchschnitt aller Fonds des Anbieters in Prozent
Fondsmanager | Brian Higgins |
Privates Vermögen | 1,6 Milliarden Dollar |
Investmentgesellschaft | King Street Capital |
Verwaltetes Vermögen | 19 Milliarden Dollar |
Wertentwicklung 2016** | 2,8 |
Wertzuwachs seit Auflage | 14,6 Milliarden Dollar |
Aufgelegt | 1995 |
**Durchschnitt aller Fonds des Anbieters in Prozent
Fondsmanager | Paul Tudor Jones |
Privates Vermögen | 3,1 Milliarden Dollar |
Investmentgesellschaft | Tudor Asset Management |
Verwaltetes Vermögen | 9,1 Milliarden Dollar |
Wertentwicklung 2016** | 0 |
Wertzuwachs seit Auflage | 13,5 Milliarden Dollar |
Aufgelegt | 1986 |
**Durchschnitt aller Fonds des Anbieters in Prozent
Fondsmanager | David Siegel |
Privates Vermögen | 3,5 Milliarden Dollar |
Investmentgesellschaft | Two Sigma |
Verwaltetes Vermögen | 32 Milliarden Dollar |
Wertentwicklung 2016** | 3,6 |
Wertzuwachs seit Auflage | 13,1 Milliarden Dollar |
Aufgelegt | 2002 |
**Durchschnitt aller Fonds des Anbieters in Prozent
So wie bei David Einhorn, ebenfalls ein Star der Hedgefondsszene. Er hatte sich mit Wetten auf fallende Kurse bei Tesla und Amazon verhoben. Beide gehörten zu Einhorns „Bubble Basket“. Dumm nur, dass die Blase nicht platzte. Die Quittung waren minus 2,3 Prozent für den Fonds im ersten Halbjahr. Der Aktienindex S&P 500 hatte im gleichen Zeitraum 6,9 Prozent zugelegt. 400 Millionen Dollar zogen Anleger deshalb zur Jahresmitte aus Einhorns Hedgefonds Greenlight Capital ab. 2017 könnte das sechste Jahr in Folge sein, in dem Einhorn unterdurchschnittlich abschneidet.
Einhorn setzt den Negativtrend der Hedgefondsbranche fort. 100 Milliarden Dollar an Anlegergeldern verlor die Branche 2016. Gelitten haben traditionelle Manager. Manager, die nach rein zahlengetriebenen („quantitativen“) Computermodellen anlegen, gewinnen Geld dazu. Die „Quants“, meist Mathematiker, Informatiker oder Physiker, hängen die klassischen Manager ab: Fünf der sechs größten Hedgefondsanbieter sind heute Quants, die sich nur noch auf ihre Algorithmen verlassen. Der größte, Bridgewater von Quant-Superstar Ray Dalio, managt 122 Milliarden Dollar.
Bartt Kellermann, Chef der New Yorker Hedgefondsberatung Global Capital Acquisition, kennt die Szene. Quants seien der Gegenentwurf zu den Partyboys: „Die feiern keine Orgien, sondern ernähren sich vegan und halten sich mit Yoga fit“, sagt er. Kellermann organisiert die Veranstaltung „Battle of the Quants“, zu der sich die Zahlenfreaks regelmäßig in den großen Finanzmetropolen treffen. „Selbst beim Get-together wird gefachsimpelt“, sagt Kellermann.
Hedgefondsmanager alter Schule bleiben dagegen ihrer Vorliebe für riskante Wetten und ausschweifenden Lebensstil treu. „Die feiern immer noch fast jedes Wochenende exzessive Partys mit hübschen Frauen, saufen, rauchen und konsumieren Kokain“, verrät der Nachbar eines New Yorker Hedgefondsmanagers mit Wohnsitz in den Hamptons. Eindrucksvoll etwa der Fall des Hedgefondsmanagers Brett Barna, der Gäste im letzten Sommer zu einer Wohltätigkeitsparty eingeladen hatte. „Charity“ ist wichtig in der Szene – gut fürs Image und finanziell zu verschmerzen. Diesmal muss aber einiges aus dem Ruder gelaufen sein: Der Besitzer der über Airbnb gemieteten 20-Millionen-Villa auf Long Island klagte über demoliertes Mobiliar, geklaute Kunstwerke und benutzte Kondome in den Schlafzimmern. Barna wusste von nichts, seine Gäste hätten doch nur im Garten Party gemacht. Sein Arbeitgeber, Hedgefondsmilliardär Louis Bacon, feuerte ihn trotzdem.
Herren mit Häschen-Ohren
Als unangefochtener Partykönig der Szene galt Anthony Scaramucci, der jetzt Kommunikationschef von Donald Trump wurde. In Las Vegas richtete der Gründer des Hedgefonds SkyBridge Capital in den vergangenen Jahren die Branchenkonferenz SALT aus. Deren Promidichte ist hoch: Exregierungschefs wie Bill Clinton, David Cameron oder Giorgos Papandreou treffen bei SALT auf Sportikonen wie Mike Tyson oder Hollywoodstars wie Will Smith.
In New York feiert Scaramucci vorzugsweise in Manhattans Edelrestaurant Hunt & Fish – es gehört ihm. Zur Premiere seines Buches „Hopping over the Rabbit Hole“ tragen die geladenen Damen kurze Röcke und die Herren Häschen-Ohren aus Satin. Getrunken wird 30 Jahre alter Scotch für 2500 Dollar die Flasche. Der Laden ist proppenvoll, wo etwas Platz ist, wird getanzt. Körperkontakt: kein Problem, sehr gerne.
In seinem Buch beschreibt Scaramucci, wie „Unternehmer Niederlagen zu Erfolgen machen“. Natürlich ist er selbst das beste Vorbild. Seine Hedgefondsfirma SkyBridge war in der Finanzkrise fast am Ende, danach sei er aber wie Phoenix aus der Asche gestiegen. Und jetzt mache es ihn so „stolz“, Kunden das bestmögliche Produkt zu verkaufen.
Ähnlich wie bei Trump passen bei ihm Marketing und Performance nicht zusammen: Sein SkyBridge Dividend Value Fund lief schwächer als 80 Prozent der Konkurrenz.
Das Leben der Quants
Anders als Showman Scaramucci und Partyboy Barna setzt Ray Dalio, ein überzeugter Quant, auf Disziplin. Der Bridgewater-Chef entdeckte als junger Mann in Indien die Meditation. Weich hat ihn das allerdings nicht gemacht. Mitarbeitern fordert er alles ab, bei Fehlern kritisiert er gnadenlos, alle Gespräche in der Firma lässt er aufzeichnen. „Schmerz plus Reflexion gleich Fortschritt“ ist sein Credo, und so war kein Hedgefonds erfolgreicher. Dalio persönlich kassierte 1,4 Milliarden Dollar. Vor Kurzem hat sich Dalio zwar vom Chefposten zurückgezogen, bleibt aber wichtigster Anlagestratege bei Bridgewater.
Das Gegenmodell zu Dalio bei den Quants ist Pete Muller. Er gibt sich umgänglich, vermeidet autoritäres Chefgehabe. Im vergangenen Jahr hat der studierte Mathematiker sein drittes Studioalbum „Two Truths and a lie“ als Musiker veröffentlicht. In seinen Songs verarbeitet Muller seine Wall-Street-Erfahrungen. 1999 war er, völlig ausgebrannt, aus dem Börsengeschäft ausgestiegen, machte eine Weltreise und spielte in der New Yorker U-Bahn Jazz.
In den Jahren davor hatte der hochbegabte Princeton-Absolvent für Morgan Stanley PDT aufgebaut. Die Abteilung entwickelte Formeln zur Analyse von Börsentrends. PDT steht für „Process Driven Trading“, eine Methode, die Ineffizienzen in den Finanzmärkten entdecken und nutzen soll.
Seit 2013 ist PDT ein unabhängiger Vermögensverwalter. Zwar steuert Muller seine Firma mit 150 Mitarbeitern offiziell von New York aus. Zwei Drittel seiner Zeit verbringt er jedoch in Santa Barbara, Kalifornien – näher dran an seinen bevorzugten Surfrevieren.
Im New Yorker PDT-Hauptquartier geht es locker zu. Jeans und Freizeithemd sind erlaubt. Pausen überbrücken Mullers Nerds mit Spielen am Tischkicker. In den Büros herrscht Start-up-Atmosphäre – ganz anders als der Testosteron-Spirit der alten Handelsräume. Muller will, anders als Dalio, nicht um jeden Preis wachsen. Wichtiger als Masse sei ihm Performance. Die lässt sich Muller gut bezahlen, mit drei Prozent pro Jahr plus bis zu 50 Prozent Gewinnbeteiligung. Bisher war das Mathegenie sein Geld wert.
Glanz verblasst
Auch wenn Muller wie der nette Kerl von nebenan wirkt, an der Börse kann er aggressiv zuschlagen, so wie alle anderen Hedgies auch. Hält er ein Unternehmen für zu teuer, leiht er sich Aktien und wettet auf fallende Kurse. Zuletzt schoss er sich auf den deutschen Telekom-Ausrüster Adva ein. Bisher sieht es gut für ihn aus. Binnen drei Tagen Ende Juli verlor Adva 27 Prozent, das Unternehmen scheint Probleme mit Großkunden zu haben.
Goldfingers Abstieg
Während Mathematiker Muller weiter Geld macht, taumelt die Karriere diverser traditioneller Hedgefondsmanager dem Ende zu. Allen voran die von John Paulson. Seine erfolgreichsten Stunden liegen weit zurück.
17. November 2008, Treffpunkt Manhattan, Metropolitan Club: Während sich viele Wall-Street-Ikonen nach der Pleite von Lehman Brothers aus dem Fenster stürzen wollen, könnte es John Paulson und seinen Investoren nicht besser gehen. Alan Greenspan, ehemaliger US-Notenbankchef und seit Anfang 2008 Berater von Paulsons Investmentfirma Paulson & Co., hält eine Rede, angestoßen wird mit 1999er-Lafite-Rothschild, Preis pro Flasche: gut 800 Dollar. Paulson hat gerade mit Wetten auf einen Crash des US-Immobilienmarktes 15 Milliarden Dollar Gewinn eingestrichen. Anschließend überschütten ihn Investoren mit Geld. In der Spitze verwaltete Paulson & Co. 36 Milliarden Dollar. Mit einem geschätzten Privatvermögen von 16 Milliarden Dollar rückte der Starinvestor 2011 im „Forbes“-Ranking der weltweiten Superreichen auf Platz 39.
Doch heute ist Paulsons Glanz verblasst. Nach mehreren miesen Jahren suchen Investoren das Weite. Das verwaltete Vermögen schrumpfte auf unter zehn Milliarden Dollar. Allein im vergangenen Jahr versenkte Paulson drei Milliarden Dollar oder 23 Prozent des Anlagevermögens. Wie Ackman hatte er auf die Pharmaaktie Valeant gewettet. Richtig schlimm wurde es, weil sechs seiner zehn größten Positionen im Fonds Pharmaaktien waren. Allein neun Prozent des Fondsvermögens steckten im britischen Pharmakonzern Shire, dessen Aktie rund 20 Prozent einknickte. Die US-Diskussion um überzogene Medikamentenpreise setzt der Branche schwer zu. Dass Paulson als einer der Ersten an der Wall Street Trump offen unterstützt hatte und dessen Antrittsparty mit 250.000 Dollar sponserte, half dann auch nicht mehr.
Immerhin kann Paulson froh sein, dass er auf eine eiserne Reserve Gold zurückgreifen kann, um verärgerte Investoren auszuzahlen. Derzeit hält er noch rund 500 Millionen Dollar am Fonds SPDR Gold Trust.
Gold sollte für Paulson nach der Immobilienwette der nächste große Coup werden. Anfang 2009 hatte er sich dazu mit 2,8 Milliarden Dollar am SPDR Gold Trust beteiligt. Paulson erwartete damals eine zweistellige Inflationsrate und einen Anleihe-Crash, von dem Gold profitieren sollte.
Anfangs funktionierte die Goldwette auch prächtig, Paulsons Goldschatz verdoppelte seinen Wert. Doch dann ging der Goldrally die Luft aus, und Paulson baute Bestände ab. Unter dem Strich hat er mit Gold verdient. Er konnte dadurch aber nicht verhindern, dass er im Ranking der Superreichen auf Platz 196 abrutschte.
Der englische Patient
So wie Paulson wurde auch der britische Hedgefondsmanager Alan Howard in der Finanzkrise groß: Seine Bilanz, im Schnitt 22 Prozent plus von 2007 bis 2009, ist beeindruckend. Wie Paulson fehlte ihm jedoch das Rezept für dauerhaften Erfolg. Was kurz nach der Lehman-Pleite noch funktionierte, reichte danach nicht mehr, um sich von der Masse abzuheben. Seine Strategie, Anlageentscheidungen aus makroökonomischen Trends abzuleiten, schaffte keinen Mehrwert. Im vergangenen Jahr reichte es gerade mal für ein mageres Plus von drei Prozent.
Howards Geldgeber, an Renditen um die 20 Prozent pro Jahr gewöhnt, flüchten nun. Das von seiner Investmentfirma Brevan Howard verwaltete Vermögen schmolz von 40 Milliarden Dollar im Jahr 2012 auf nur noch 15 Milliarden ab.
Enttäuschende Eitelkeit
Howard will es aber noch mal wissen. Im März legte er einen neuen Fonds auf, der nur von ihm persönlich gemanagt wird. Gut ein Drittel seines auf 1,4 Milliarden Dollar geschätzten Privatvermögens habe Howard in den Fonds gepackt, heißt es. Wer ihm noch eine Chance geben will, muss mindestens 50 Millionen mitbringen. Howard setzt für sein Comeback vor allem auf die US-Notenbank und deren Zinspolitik. Wenn sich die Zinsen bewegten, hätten seine Hedgefonds in der Vergangenheit gute Renditen abgeworfen, sagt er.
Rächer der Enttäuschten
Grundsätzlich aber, so viel scheint klar, läuft etwas schief bei den ehemaligen Stars wie Ackman, Paulson oder Howard. Einigen steht wohl die eigene Eitelkeit im Weg. Wer einmal in einem Jahr Milliarden verdient hat, glaubt an die eigene Unfehlbarkeit und lässt nur schwer von Rezepten, die einmal funktionierten. Anders als den Quants fehlen den traditionellen Hedgefondsmanagern zudem Kontrollmechanismen, die sie vor schlechten Ideen bewahren. Beispielhaft dafür ist der Fall Ackman.
Dokumentarfilmer Ted Braun hat Bill Ackman bei seiner Arbeit zum Film „Betting on Zero“ persönlich kennengelernt: „Er ist per se ein sehr skeptischer Mensch. Er stellt viele und kluge Fragen, bevor er eine Entscheidung trifft.“ Allerdings: Sobald Ackman ein Urteil gefällt hat, gibt es kein Zurück mehr. „Ackman ist von sich und seinen Entscheidungen total überzeugt“, sagt Braun.
Das gilt vor allem für seinen Kampf gegen Herbalife, einen US-Anbieter von Diätprodukten und Nahrungsergänzungsmitteln. Immer wieder versucht Ackman das Unternehmen mit Wetten auf fallende Kurse in die Knie zu zwingen – ohne nachhaltigen Erfolg.
Für den 51-Jährigen geht es längst um mehr als um den finanziellen Erfolg. Ackman verkauft seine Herbalife-Kritik als Kampf Gut gegen Böse. Der Milliardär gibt sich als Anwalt der Armen und versammelt ehemalige Herbalife-Vertriebsleute – oft gering Qualifizierte, fast immer mit Migrationshintergrund – hinter sich, die sich vom Konzern betrogen fühlen. „Amerika geht es besser, wenn der Konzern von der Bildfläche verschwindet“, sagt Ackman.
Besonders frustrierend für Ackman ist, dass seine Zweifel an Herbalife zum Teil begründet sind. So sprach die US-Aufsichtsbehörde FTC im vergangenen Jahr ehemaligen Herbalife-Vertrieblern 200 Millionen Dollar Entschädigung zu und forderte das Management auf, das Unternehmen umzustrukturieren. Ted Brauns Film, der 2016 erstmals gezeigt wurde, hatte die umstrittenen Praktiken des als Strukturvertrieb organisierten Unternehmens aufgedeckt.
Anleger lässt das jedoch bisher kalt. Statt vom Börsenzettel zu verschwinden, hat Herbalife in diesem Jahr 46 Prozent zugelegt. Hauptprofiteur ist Carl Icahn, ein milliardenschwerer Investor, dem 24,5 Prozent von Herbalife gehören. Icahn und Ackman verbindet eine innige Feindschaft. Gut möglich, dass es beim Kampf um Herbalife auch ums Ego der beiden Alphatiere geht.
Für seine Niederlage auf dem Tennisplatz kann sich Ackman im kommenden Jahr als Co-Captain des Team USA beim Finance Cup, einem Turnier für aktivistische Investoren, revanchieren. Im Kampf gegen Icahn dagegen droht ihm bald die Luft auszugehen. Die Wetten auf fallende Kurse bei Herbalife kosten einfach zu viel Geld – das seiner Anleger und sein eigenes.