Delistings Diese Unternehmen verabschiedeten sich von der Börse

Seit etwa einem Jahr haben Aktionäre keinen Anspruch mehr auf eine Börsennotiz. Welche Unternehmen sich 2014 von der Börse verabschiedeten - und was das für die Anleger bedeutet.

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Abschied der Unternehmen von der Börse
Marseille-KlinikenDer Pflege- und Seniorenheimbetreiber nahm die Aktien nur zwei Monate nach der Ankündigung aus dem Handel, das Delisting erfolgte am 11. August 2014. Nach der Ankündigung im Juni brach der Aktienkurs um rund ein Drittel ein. Für die Aktionäre ein Tiefschlag.Ankündigung des Delistings: 10. Juni 2014Umsetzung des Delistings: 11. August 2014
MagixDer Hersteller von Multimedia-Software begründete seinen geplanten Börsenabschied mit den Worten, es gehe dem Unternehmen auch ohne Eigenkapital von der Börse gut genug. Nach der Ankündigung fiel der Aktienkurs um gut ein Viertel.Ankündigung des Delistings: 20. Mai 2014Umsetzung des Delistings: 30. November 2014 Quelle: AP
wallstreet:online capitalAuch für den Fondsvermittler und Finanzportalbetreiber steht der Aufwand einer Börsennotierung in keinem Verhältnis mehr zu seinem Nutzen. Kapitalerhöhungen seien nicht geplant, 90 Prozent der Aktien seien in festem Besitz nur weniger langfristiger Investoren. Dem Aktienkurs hat die Ankündigung nur vorübergehend geschadet. Ankündigung des Delistings: 28. August 2014Umsetzung des Delistings: 28. November 2014 Quelle: dpa
Hahn GruppeAuch der Anbieter von Immobilien für den Einzelhandel, etwa für Rewe- oder Real-Märkte, hat seinen Börsenrückzug beschlossen, weil nur wenige Aktien gehandelt werden, der Aufwand dafür aber hoch ist. Mehr als 90 Prozent der Aktien befinden sich in festen Händen. Ankündigung des Delistings: 4. August 2014Umsetzung des Delistings: 18. Februar 2015 Quelle: dpa
ElexisDer Anbieter von Automatisierungstechnik ist schon 1999 an die Börse gegangen. Heute gehören fast 89 Prozent der Aktien der Bernhard-Weiss-Stiftung. Zwischen 2004 und 2011 war die Aktie sogar im SDax gelistet. Seit dem 3. Oktober ist sie nicht mehr frei handelbar.Ankündigung des Delistings: 9. April 2014Umsetzung des Delistings: 3. Oktober 2014
JetterFür den Hersteller von Automatisierungstechnik für Feuerwehrkraftzeuge, Traktoren und Laster verlor die Börsennotierung ihren Sinn, weil das Unternehmen zu einem großen Teil in das Schweizer Unternehmen Bucher aufging. Ankündigung des Delistings: 4. Februar 2014Umsetzung des Delistings: 1. Mai 2014
AGODer Hersteller Energieversorgungsanlagen (unter anderem für Daimler, E.On, Airbus) nimmt seine Aktien am Jahresende von der Börse. Seit der Ankündigung des Delisting verlor das Papier zwei Drittel an Wert. Gründe für den Börsenabschied waren auch hier der sehr geringe Streubesitz und die hohen Kosten für die Notierung. Ankündigung des Delistings: 17. April 2014Umsetzung des Delistings: 30. Dezember 2014

Im Oktober vergangenen Jahres beschloss der Bundesgerichtshof (BGH), dass Unternehmen ihre Aktie ohne großes Aufhebens von der Börse nehmen können. Ein Beschluss des Vorstandes genügt.

Der Haken für die Aktionäre: Die Unternehmen müssen ihren Anteilseignern kein Übernahmeangebot unterbreiten. Ein angenehmes Gegenbeispiel war der Finanzkonzern Wüstenrot & Württembergische (W&W), der am 10. Dezember ankündigte, die Lebensversicherungstochter WürttLeben binnen sechs Monaten von der Börse nehmen zu wollen.

Die Kleinaktionäre der Württembergische Lebensversicherung bleiben auch in Zukunft an der Gesellschaft beteiligt, können ihre Anteilsscheine aber nicht mehr öffentlich zum Verkauf anbieten. W&W bietet ihnen deshalb 17,75 Euro je Aktie. Am Tag der Ankündigung des Delistings lag der Aktienkurs bei 17,10 Euro.

Delisting ist Unwort des Jahres

Aktionärsschützer sprechen im Zusammenhang mit dem BGH-Urteil dennoch von einer faktischen Enteignung der Anleger. "Delisting", also der Rückzug von der Börse, sei für Anleger das Unwort des Jahres, heißt es bei der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Und dieses Unwort hörten Aktionäre in diesem Jahr sehr häufig. Denn die Tragweite des Urteils ist erst 2014 spürbar geworden.

"Ein Delisting stellt einen groben Eingriff in die Rechte der Aktionäre dar. Schließlich fällt dadurch die problemlose Handelbarkeit der Aktien ebenso weg wie die transparente Preisbildung", sagt Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der DSW. Allein in diesem Jahr haben mehr als 30 Unternehmen ein Delisting angekündigt, viele sind bereits weg vom Parkett.

Diese Unternehmen ziehen sich von der Börse zurück

Sobald die Ankündigung raus ist, hilft den Anlegern nur noch der Verkauf. Wer nur einmal im Jahr nach seinem Depot sieht und dann feststellt, dass er den Stichtag versäumt hat, geht leer aus. Doch auch, wenn die Anleger kurz nach Bekanntgabe des geplanten Delistings ihre Aktien verkaufen, machen sie in der Regel Verluste.

Beispiel: Nachdem Onvista am 27. November seinen Rückzug von der Börse bekannt gab, brach der Kurs um rund 25 Prozent auf 2,80 Euro ein.

Onvista ist jedoch auch ein gutes Beispiel, dass es sich lohnt, nach der Ankündigung nicht sofort zu verkaufen. In der Regel haben Anleger ein paar Monate Zeit, bis die Emittenten das Papier aus dem Handel nehmen.

In dieser Zeit können sich die Kurse auch wieder erholen. Die Onvista-Aktie hat ihren Verlust wieder reingeholt und notiert derzeit bei 3,10 Euro. Von Panikverkäufen ist also abzuraten.

Schäden durch Delisting begrenzen

Die DSW versucht derzeit, die Schäden für Anleger zu begrenzen. So können auch delistete Aktien weiterhin handelbar bleiben. Das funktioniert beispielweise über die außerbörsliche Plattform Valora Effekten Handel (VEH). Die VEH stellt auch für diese Papiere weiterhin Kurse, die allerdings nicht in die Systeme der Banken eingestellt werden.

Das kann für den Anleger problematisch werden. "Oft werden solche Wertpapiere dann einfach ausgebucht, weil ihr Wert in den Depots mit Null angegeben wird", so Tüngler.

Allerdings können auch die Börsen etwas tun, um die Folgen des Urteils für Anleger abzumildern. Wie das geht, zeigt die Börse Düsseldorf. Unternehmen, die ihre Notierung dort einstellen wollen, müssen nach wie vor einen Hauptversammlungsbeschluss vorweisen und zudem den Aktionären ein Kaufangebot für ihre Anteilsscheine machen.

"Die anderen Börsenplätze sollten diesem Beispiel schnellstmöglich folgen und ihre Börsenordnungen entsprechend anpassen." Letztlich sei es jedoch am Gesetzgeber, die verlorenen Aktionärsrechte wiederherzustellen, so Tüngler. "Geschieht das nicht, droht 2015 eine weitere Welle von Delisting-Fällen."

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