Depot Contest Anlageprofis hoffen auf höhere Ölpreise

Der Ölpreis schwächelt, weil US-Fracking-Unternehmen den traditionellen Förderländern Konkurrenz machen. Mittel- bis langfristig könnte Öl aber wieder teurer werden, prognostizieren Vermögensverwalter.

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Vor allem vom Abbau des derzeitigen Öl-Überangebotes werde die künftige Preiserholung abhängen, sagen Vermögensverwalter. Quelle: dpa

Anleger sind angesichts der anhaltenden Geldschwemme der Notenbanken und immer höherer Bewertungen bei Aktien und Anleihen auf der Suche nach Alternativen. Die Hausse bei klassischen Investments lenkt den Blick zunehmend auf Rohstoffe, die traditionell als Nachzügler der Konjunktur gelten. Beim Vermögensverwalter-Contest des Onlinebrokers DAB BNP Paribas setzen einige Profis auf Öl, den wichtigsten Rohstoff der Weltwirtschaft. Allerdings läuft der Motor in diesem Jahr noch nicht rund, der Ölpreis schwächelt. „Wir halten das Drehen der Rohstoffpreise nach oben für einen längerfristigen Trend, der allerdings seit Februar vorübergehend unterbrochen wurde“, berichtet Winfried Walter von der Vermögensverwaltung Schneider, Walter & Kollegen aus Köln.

Nach der kräftigen Erholung im vergangenen Jahr schwanken in diesem Jahr die Ölpreise an den Börsen in New York und London. Zuletzt ging es wieder abwärts. Die beiden wichtigsten Ölsorten Brent und WTI kosten derzeit deutlich unter 50 US-Dollar pro Fass, verglichen mit dem Vormonat liegen sie mit rund fünf Prozent im Minus. Und dass, obwohl die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) Ende Mai ihre Produktionskürzungen um weitere neun Monate bis März 2018 verlängert hatte, um den Ölpreis zu stützen. Analysten sehen die Gründe vor allem auf der Angebotsseite: Zum einen ist sich der Markt nicht einig, wie stark die Förder-Disziplin der Öl-Staaten in der Opec tatsächlich ist. Zudem sind die USA mit ihrer Fracking-Industrie zu einem ernstzunehmenden Spieler geworden, der sich als Nicht-Mitglied ohnehin nicht um die Vorgaben der Opec schert. Die Golfstaaten fördern das Öl zwar zu deutlich niedrigeren Kosten und hatten den Ölpreis in den vergangenen Jahren mutmaßlich kräftig in den Keller rauschen lassen, um die US-Unternehmen aus dem Markt zu drängen.

Der Erfolg dieser Kampagne war aber äußerst mäßig, wie sich heute zeigt. Zwar mussten eine Reihe von US-Ölfirmen Anfang vergangenen Jahres Gläubigerschutz beantragen. Dafür fördern die verbliebenen Firmen aber mit voller Kraft weiter. Die Fracking-Methode gilt als besonders kapitalintensiv, die Förderunternehmen brauchen daher dringend Umsätze, um ihre Schulden bei den Banken bedienen zu können.

Mittel- bis langfristig sieht Rohstoffexperte Walter mehrere Faktoren, die den Ölpreis wieder anziehen lassen könnten. Zunächst einmal glaubt der Vermögensverwalter, dass die Fracking-Unternehmen in den USA derzeit nicht kostendeckend arbeiten. „Die Anzahl der Fracking-Förderstellen ist in den vergangenen Monaten zwar gestiegen. Meine Informationen besagen aber, dass die meisten Förderstellen erst bei Preisen von 65 bis 70 US-Dollar gewinnbringend ausgebeutet werden können“, sagt Walter. Heißt: Auf kurze Sicht mögen Fracking-Unternehmen ihre Fördermengen hochfahren, um laufende Kosten decken zu können. Langfristig wäre der aktuelle Ölpreis für sie aber zu niedrig. Das gelte in ähnlicher Form für die Konkurrenz am Golf: „Viele Golfanrainer fördern zwar günstig, brauchen aber Ölpreise um die 80 US-Dollar und mehr, um ihre Sozialbudgets zu finanzieren“, sagt Walter. Der aktuelle Preis führt also auf Dauer zu einem ruinösen Wettbewerb. Vermögensverwalter Walter rechnet deshalb bis zum Jahresende mit einem Anstieg des Ölpreises auf 60 bis 65 US-Dollar, und er erwartet bis 75 US-Dollar pro Fass für Ende 2018.


Öl-Aktien bleiben weiterhin gefragt

Ob die Erholung tatsächlich kommt, und ob sie so schnell kommt, hängt unter anderem davon ab, wie schnell das derzeit noch vorhandene Öl-Überangebot sinkt. Rohstoff-Analysten der Deka-Bank beobachten derzeit jedenfalls nur einen schwachen Abbau des Überangebots. Sie sehen daher zumindest in den kommenden 18 Monaten nur begrenztes Potential für einen Preisanstieg.
Profianleger Walter ficht das nicht an. Er rechnet mit einem längerfristigen Aufwärtstrend. Entsprechend legt er an: Der Rohstoffexperte investiert einerseits in einen nicht gehebelten ETC, der die Ölpreisentwicklung unmittelbar abbildet. Für Privatanleger sind solche Werkzeuge mit Vorsicht zu genießen, da nicht alle ETC sich Eins zu Eins mit dem Ölpreis entwickeln. Daneben hält Walter mehrere Ölkonzern-Aktien, bei den auch die Förderkosten und die Wertschöpfungskette von der Ölförderung, Verarbeitung bis zum Betrieb eines eigenen Tankstellennetzes eine Rolle spielen. Walter hat unter anderem den Schwellenland-Giganten Petrochina im Depot: „Die anderen Ölkonzerne bewegen sich vor allem in Weltregionen, wo der Verbrauch nur noch wenig wächst. In China sehen wir weiterhin deutliche Wachstumsraten. Dementsprechend sehen wir bei Petrochina mittelfristig neben dem Ölpreis ein volumenabhängiges Kurssteigerungspotential.“

Weitere Vermögensverwalter des Contests setzen auf Öl-Titel, Peter Didczys etwa hält in seinem Musterdepot die BP-Aktie. Die Entwicklung des Ölpreis ist für ihn ähnlich wie bei Walters Petrochina-Engagement nur ein Faktor von mehreren: „Nach einer größeren Aufwärtsbewegung beim Rohöl sieht es zur Zeit eher noch nicht aus. Dennoch gibt es gute Gründe für die Aktie“, sagt Didczys. Er hat vor allem heimische Anleger im Blick, „die bei der Aktienauswahl bekanntlich Wert auf eine überschaubare Volatilität und regelmäßige Ausschüttungen legen.“ Die Aktie befinde sich im Portfolio vieler Pensionsfonds, Didczys rechnet deshalb auch in Zukunft mit einer großzügigen Ausschüttungspolitik –. Sein Kalkül: Selbst auch wenn der Ölpreis vorerst nicht von der Stelle kommen sollte, sichert das solide Erträge.

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