Depot Contest Schwellenländer werden immer attraktiver

Schwellenländer-Aktien kämpfen sich zurück in die Gunst der Vermögensverwalter. Für die Investments sprechen gesunde Wirtschaftsdaten und die – verglichen mit etablierten Märkten – niedrigen Bewertungen.

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Schwellenländer stehen bei Vermögensverwaltern hoch im Kurs. Quelle: dpa

Düsseldorf Indien steht bei Marius Hoerner von der Düsseldorfer Vermögensverwaltung Hinkel & Cie. derzeit hoch im Kurs. Neben positiven fundamentalen Daten verspricht die Chartformation des Leitindex Nifty 50 Kurssteigerungen. „Wir sehen hier noch deutliches Potential“, sagt Hoerner.

Hinkel & Cie. macht beim jährlichen Vermögensverwalter-Contest des Online-Brokers DAB BNP Paribas mit, bei dem das Handelsblatt als Medienpartner dabei ist. Das Indien-Engagement zählt derzeit zu den erfolgreichsten Renditebringern im Musterdepot von Hinkel & Cie. Der Vermögensverwalter hat außer dem indischen Subkontinent noch weitere Schwellenländerregionen ins Visier genommen. Seit Anfang April hat Hoerner das Engagement in Asien und Lateinamerika deutlich hochgefahren.

Emerging Markets rücken bei Anlegern wieder vermehrt in den Fokus und festigen damit eine Kehrtwende, die im vergangenen Jahr begonnen hat: Nach der Finanzkrise hatte das Wirtschaftswachstum der Schwellenländer den Rückwärtsgang eingelegt und sich zuletzt insgesamt bei rund vier Prozent pro Jahr eingependelt. Dafür waren die Emporkömmlinge von den Kapitalmärkten mit Nichtachtung gestraft worden.

Seit sieben Jahren pendelt der Emerging-Markets-Index MSCI EM mehr oder weniger seitwärts, während die etablierten Märkte eine bis heute nicht enden wollende Börsenrallye feiern. „Die Schwellenländer-Story ist nach wie vor intakt, auch wenn die Euphorie der Anleger in den vergangenen Jahren abgeebbt ist“, sagt Jörg Wiechmann von der Top Vermögensverwaltung aus Itzehoe in Schleswig-Holstein. „Das bietet aus unserer Sicht heutzutage attraktive Einstiegs-Chancen.“

Denn seit vergangenem Jahr zeigt die Formkurve der Schwellenländer-Börsen wieder nach oben. Von neuen Höchstständen wie in den etablierten Märkten sind die Schwellenländer freilich noch weit entfernt. „Das allein ist noch kein Grund für ein Investment“, sagt Gottfried Urban von der Bayerischen Vermögen, „aber die Verhaltensökonomie lehrt auch, dass nach Jahren, in denen immer mehr Investoren diese Länder und Regionen vermieden haben, die Trendwende genau dann erreicht ist, wenn keiner mehr investieren will.“ Das gilt zumindest, wenn die fundamentalen Daten stimmen.

Und das tun sie: Die Aktien vieler Firmen sind vor allem im Vergleich zu den USA günstig bewertet, zudem wachsen die Unternehmensgewinne in den Schwellenländern im Durchschnitt deutlich stärker. „Der Unterschied ist eklatant“, sagt Urban. Er hat in seinem Contest-Musterdepot rund ein Viertel der Aktien in Schwellenländern investiert und orientiert sich damit stärker an der realwirtschaftlichen Bedeutung dieser Märkte als an deren Marktkapitalisierung: Die Weltwirtschaftsleistung der Emerging Markets liegt bei rund 30 Prozent. An globalen Aktienindizes wie etwa dem MSCI World erreichen sie dagegen in der Regel lediglich einen Anteil von rund zehn Prozent.

Für ein Investment sprechen neben den attraktiven Unternehmensbewertungen die vielerorts gesunden wirtschaftlichen Rahmendaten: Die Wirtschaftsleistung der Emerging Markts wächst immer noch spürbar stärker als in den Industrieländern. Der Internationale Währungsfonds rechnet im laufenden Jahr mit durchschnittlich 4,5 Prozent BIP-Wachstum in den Schwellenländern. Das ist zwar deutlich weniger als in den Jahren vor der Finanzkrise, als Emerging Market mit acht Prozent und mehr pro Jahr zulegten. Aber es ist trotzdem immer noch spürbar mehr als die prognostizierten 1,9 Prozent in den Industrieländern.

Die demographische Struktur mit vielen jungen Menschen und wachsendem Binnenkonsum einer wachsenden Mittelschicht vor allem in Asien spricht dafür, dass dieses stärkere Wachstum auch in Zukunft anhält. Vermögensverwalter Urban investiert deshalb unter anderem in Small-Caps-Fonds, die von diese Trend besonders profitieren könnten:

„Meist sind kleinere Unternehmen stärker binnenorientiert, was die Abhängigkeit zur Weltwirtschaft etwas reduziert. Der steigende Anteil der arbeitenden Bevölkerungsschicht sollte auch weiter steigende Konsumausgaben sichern.“ Zudem haben viele Länder Wirtschaftsreformen angeschoben. Die Staatsverschuldung ist im Gegensatz zu den Industrieländern vergleichsweise niedrig.


Bedeutung von Rohstoffen bleibt hoch

Positive Signale gehen auch von den Rohstoffpreisen aus, deren Entwicklung ein wichtiger Faktor für Emerging-Markets-Börsen ist. Experten betonen zwar, dass man Schwellenländer nicht mehr auf den Export von Rohstoffen reduzieren könne, weil der Anteil etwa der High-Tech-Industrie und des Binnenkonsums an der Wirtschaftsleistung stetig wächst. Die Bedeutung der Rohstoffe für Schwellenländer-Börsen bleibt aber nach wie vor spürbar: Seit die Preise für Industriemetalle und Energie ihre jahrelange Talfahrt überwunden haben und wieder steigen, erholen sich auch die Aktienindizes der Schwellenländer.

Wenngleich nicht ohne Hindernisse: Die Wahl von US-Präsident Trump verpasste den Schwellenländermärkten Ende vergangenen Jahres einen Dämpfer. Zunehmender Protektionismus und die Gefahr eines sich abschwächenden Welthandels können die exportlastigen Schwellenländer treffen, so die Befürchtungen, ebenso wie eine sinkende Rohstoffnachfrage. „Obendrein reagieren Schwellenländer-Börsen vor allem kurzfristig besonders sensitiv auf globale Wachstumsabschwächungen“, sagt Vermögensverwalter Wiechmann. Seit Jahresbeginn ist der Aufwärtstrend allerdings wieder intakt, auch weil nicht mehr als ausgemacht gilt, wem die Trump‘sche Politik am meisten schaden könnte.

„Ein aufkeimender Protektionismus könnte am Ende die aus sich selbst heraus wachstumsschwächeren Industriestaaten entgegen aller Erwartungen stärker treffen als die Schwellenländer selbst“, sagt Wiechmann. Der Vermögensverwalter hat rund zehn Prozent seines Muster-Depots in Schwellenländeraktien investiert, namentlich in den brasilianischen Eisenerzförderer Vale und in den südkoreanischen Elektronikkonzern Samsung. Südkorea zählen Analysten häufig auch zur entwickelten Welt, Wiechmann hält die klassische Unterteilung in Schwellen- und Industrieland-Aktien ohnehin für begrenzt aussagekräftig.

„Der tatsächliche Schwellenländer-Anteil eines Portfolios ergibt sich weniger durch den Sitz der Unternehmen, sondern durch die Absatzmärkte und deren Anteil am Umsatz“, sagt Wiechmann. Für ihn zählen zur Schwellenländer-Story deshalb weitere Titel aus seinem Musterdepot, etwa der kanadische Goldminenbetreiber Barrick Gold und der australisch-britische Bergbau-Weltmarktführer BHP Billiton, die viele Abbaustätten in Schwellenländern betreiben. Obendrein kommt unter diesem Blickwinkel auch noch der Autobauer BMW dazu. Ihren Rekord-Jahresauftakt 2017 verdanken die Münchener zum großen Teil dem starken Absatz in China.

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