
Der deutsche Aktienmarkt ist mit Schwung in die neue Woche gestartet. Der Dax legte zur Börseneröffnung 0,9 Prozent auf 10.427 Punkte zu. Für die gute Stimmung sorgen ausgerechnet die Ergebnisse des Bankenstresstest, die am Freitagabend nach Börsenschluss veröffentlicht wurden. Demnach gehören gerade die beiden größten deutschen Privatbanken, Deutsche und Commerzbank, zu den gefährdetsten in Europa.
Vor allem bei den Aktien der Deutschen Bank griffen Anleger nach Beginn des Börsenhandels zu - die Aktien stiegen um rund drei Prozent auf 12,37 Euro und waren damit größter Gewinner im Leitindex. Die Stresstest-Ergebnisse seien zwar schwach ausgefallen, man habe aber mit Schlimmerem gerechnet, erklärte ein Händler. Am Vormittag verflog die Euphorie jedoch. Die Papiere des deutschen Bankenprimus lagen in der Mittagszeit rund 2,4 Prozent im Minus und bildeten das Schlusslicht im Dax.
Auch für die zweitgrößte deutsche Privatbank sah es zunächst nach Entwarnung aus. Die Commerzbank-Papiere konnten zum Handelsbeginn um 1,6 Prozent zulegen. Doch schon vormittags rutschte der Kurs ebenso weit ins Minus und notierte am Mittag rund 3,3 Prozent unter dem Freitagsschlusskurs. Bereits vor dem Wochenende waren Bankaktien in Erwartung eines positiven Stresstestergebnisses teils deutlich gestiegen.
Beim europaweiten Gesundheitscheck der Aufsichtsbehörde EBA landeten die Deutsche Bank und die Commerzbank unter den letzten zehn von insgesamt 51 überprüften Geldhäusern. Auch die BayernLB (8,3) und die NordLB (8,6) landeten im hinteren Feld. Die Förderbank NRW.Bank - ein Exot im Kreis der geprüften Häuser - war mit 35,4 Prozent dagegen unangefochtener Spitzenreiter. Branchenaufseher halten die deutschen Häuser trotzdem für widerstandsfähig genug.
Die schlimmsten Befürchtungen hätten sich nicht bewahrheitet, fasste Analyst Jernej Omahen von der US-Investmentbank Goldman Sachs die Testresultate zusammen. Ein Händler sieht denn auch zumindest vorübergehend Rückenwind für Bankenaktien. Allerdings dürfte es sich nur um eine kurze Erholungsrally handeln, da die Kapitalquoten letztlich doch schwach gewesen seien.
So haben deutsche Banken beim Stresstest 2016 abgeschnitten
Die Europäische Bankenaufsicht (EBA) hat 51 große Banken aus 15 europäischen Ländern unter die Lupe genommen. Sie prüfte mit der Europäischen Zentralbank eine ganze Reihe von Kennzahlen und testeten wie sich diese in verschiedenen Szenarien bis 2018 entwickeln dürften.
Zum einen spielte die EBA durch, wie es den Banken gehen wird, falls die Vorhersagen der Europäischen Kommission zur Konjunktur in den nächsten Jahren eintreten (Basisszenario). Zum anderen testeten sie die Institute auch im Szenario einer sehr viel schlechteren wirtschaftlichen Entwicklung (Adverses Szenario).
So haben die neun geprüften deutschen Banken abgeschnitten:
Kernkapitalquote (2015): 11,99 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 12,41 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 8,34 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -365
Kernkapitalquote (2015): 12,13 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 13,13 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 7,42 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -471
Kernkapitalquote (2015): 13,50 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 14,17 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 9,53 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -397
Kernkapitalquote (2015): 11,11 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 12,08 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 7,80 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -332
Kernkapitalquote (2015): 15,98 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 15,58 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 9,40 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -658
Kernkapitalquote (2015): 13,11 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 14,42 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 10,10 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -301
Kernkapitalquote (2015): 12,09 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 13,16 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 8,62 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -347
Kernkapitalquote (2015): 42,54 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 39,44 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 35,40 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -714
Kernkapitalquote (2015): 11,67 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 12,90 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 9,55 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -211
Kritiker monieren, dass der europäische Bankenstresstest im Vergleich zum amerikanischen zu lasch sei, weil die Kapitalanforderungen im Krisenszenario noch zu gering seien.
Die Banca Monte dei Paschi di Siena, die von den 51 getesteten das schlechteste Ergebnis lieferte und im Stressszenario der EBA zahlungsunfähig wäre, profitierte zunächst vom eilig geschnürten Rettungspaket. Die Aktie stieg am Montagmorgen um sechs Prozent, später schrumpfte das Plus deutlich auf weniger als drei Prozent.
Die Deutsche Bank hält die juristischen Altlasten für den Hauptgrund für ihr schlechtes Abschneiden im Stresstest. Rechtsfälle haben die Bank seit 2012 mehr als zwölf Milliarden Euro gekostet. "Daran leiden wir bis heute, haben aktuell 5,5 Milliarden Euro dafür zurückgestellt ", sagte Risikovorstand Stuart Lewis der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Wenn andere im Stresstest besser abschneiden, ist das der Grund."
Die Bundesbank sieht bei den deutschen Banken weiteren Reformbedarf. "Auch wenn die Banken stabil sind, müssen sie, wie jedes andere Unternehmen auch, auskömmlich Geld verdienen. Und hier hapert es zur Zeit", sagte Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret der "Bild"-Zeitung. Die niedrigen Zinsen, Digitalisierung, strengere Regulierung und härtere Konkurrenz stellten die Institute vor Herausforderungen. "Die Banken müssen sich dringend Gedanken darüber machen, wie sie ihre Geschäftsmodelle darauf ausrichten", sagte Dombret.