Deutsche Börse "Vielleicht kaufen wir noch ein paar Fintechs"

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"Der Plan ist ambitioniert, aber nicht unrealistisch"

Den Zuhörern wird schnell klar, was Kengeter sagen will: Er muss handeln. Ihm bleibt nichts anderes übrig. Die Fixkosten müssten runter, sagt Kengeter, er will Skaleneffekte sehen, also niedrigere Kosten durch ein größeres Unternehmen. Das gehe nur als „Nummer eins oder zwei“ in der Welt. „Der Plan ist ambitioniert, aber nicht unrealistisch“, ist er überzeugt.

Nur einmal wirkt er etwas ironisch: Es sei richtig, bestätigt er längst Bekanntes, dass es „vormals Fusionsversuche“ gegeben habe. „Ich bin ein Student dieser Versuche und habe hoffentlich etwas daraus gelernt – sonst hätte ich diese Gespräche gar nicht begonnen“, sagt er und wirkt dabei sehr überzeugt. Wenn es einer schafft, das strahlt er aus, dann er, Kengeter.

Ihm könnte jetzt tatsächlich gelingen, was einen seiner Vorgänger gar den Job kostete. Denn er ist geschickter als andere. Die Zeit vor seinem Amtsantritt hat er dazu genutzt, mit Investoren, Kunden, Mitarbeitern, Politikern und nicht zuletzt Börsenaufsehern zu sprechen. Intern ließ er auch die unteren Hierarchieebenen nicht aus. Die Parketthändler soll er in Frankfurt sogar mal auf ein Bier eingeladen haben.

"Schaffen wir das, stärken wir auch die Welt"

Einem wie ihm traut man zu, dass er schon mal bei den Kartellwächtern vorgefühlt hat. Ihm soll nicht passieren, was seinem Vorgänger Reto Francioni widerfahren ist. Dem untersagte die EU-Kommission 2012 die Milliardenfusion mit der Nyse Euronext - wegen wettbewerbsrechtlicher Bedenken. Die EU fürchtete ein Monopol im Handel mit europäischen Finanzderivaten. Doch Fragen nach seinen Vorgesprächen kontert Kengeter nur mit einem Lächeln. Dazu schweigt er. Dazu muss er schweigen.

Stattdessen betont er lieber sein „europäisches Projekt“. Als er der „Schwarzmalerei gegen Europa“ eine Absage erteilt, klatschen die Zuhörer im Saal zustimmend. Kengeter ist einer, der andere mitreißen kann.

Immer wieder streut Kengeter in seinem Vortrag große Sätze ein. Etwa da, wo er mit Blick auf die geplante Fusion loslässt: „Schaffen wir das, stärken wir auch die Welt.“ Schließlich leite man die Finanzströme von hier in alle Welt weiter.

"Eine unangenehme Folge von Wettbewerb wäre es, wenn unsere Infrastruktur in amerikanische Hände kommt"

Sein Motiv für die Fusion sei, sagt er, dass „die europäische Finanzinfrastruktur in Europa bleibt und nicht irgendwo landet“. Was er mit „irgendwo“ meint, wird erst später deutlich – als ihn jemand fragt, wie er den Deal bei den Aufsehern durchbringen will. Es ginge, antwortet er da, um „nationale Sicherheit“.

Und dann kommt ein Satz, der erstmals durchblicken lässt, was seine Gesprächsstrategie mit den Aufsehern sein könnte. „Ohne jetzt antiamerikanisch zu sein -, denn das gehört sich nicht in diesen heiligen Hallen -, aber eine unangenehme Folge von Wettbewerb wäre es, wenn die gesamte Infrastruktur in amerikanischen Händen wäre.“ Das sitzt. Denn bei dem Satz kommt beim Zuhörer direkt die Angst vor amerikanischen Geheimdiensten und mangelndem Datenschutz auf. Vielleicht gar die Angst davor, dass der Börsenhandel in Amerika noch unfairer ist als hierzulande. Mit der Angst vor den Amis, damit könnte Kengeter die Regulatoren tatsächlich überzeugen.

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