Deutsche Börse Das Stühlerücken an den Börsen beginnt

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Wer über den Ab- und Aufstieg entscheidet


So simpel wie die Dax-Rochade klingt, ist sie längst nicht. Um in den nächsthöheren Index aufgenommen zu werden – also etwa vom MDax in den Dax aufzusteigen –, müssen verschiedene Kriterien erfüllt sein. Zunächst müssen die in Frage kommenden Unternehmen ihren Hauptsitz oder den Schwerpunkt ihrer Geschäftstätigkeit in Deutschland haben.

Zudem ist ein gewisser Mindeststreubesitz notwendig, damit ausreichend Aktien frei handelbar sind, sich also nicht in festen Händen befinden. So musste etwa die VW-Stammaktie den Dax vor einigen Jahren verlassen, weil ihr Streubesitz unter zehn Prozent gesunken war. Letzten Endes betrachtet der Arbeitskreis Aktienindizes – ein Gremium aus Vertretern der Deutschen Börse und großer Banken – den Handelsumsatz einer Aktie, den sogenannten Orderbuchumsatz, während der vorangegangenen zwölf Monate. Gehört sie zu den 30 nach Volumen am stärksten gehandelten Aktien mit Handelsschwerpunkt an der Frankfurter Börse, spricht das für einen Aufstieg in den Dax. Der Arbeitskreis berücksichtigt aber zum Beispiel auch den Branchenmix im Dax.


Die Börsenschwergewichte in Familienhand
Platz 10: NikeDie Analysten der Schweizer Großbank Credit Suisse haben die Börsenbewertungen von mehr als 900 Familienunternehmen unter die Lupe genommen, bei denen mindestens 20 Prozent der Aktie in Familienbesitz sind und die an der Börse mit mehr als einer Milliarde Doller bewertet werden. Mit einem Börsenwert von 87 Milliarden Dollar schafft es Nike unter die Top Ten der Familienaktien. Die Gründung des weltweit führenden Sportartikelherstellers geht auf das Jahr 1964 zurück, seit 1971 firmiert das Unternehmen unter "Nike" in Anlehnung an die griechische Siegesgöttin. Gegründet hat das Unternehmen in Oregon von Bill Bowermann und Phil Knight. Letzterer hat erst im Juli 2015 seinen Rückzug vom Vorsitz des Verwaltungsrates angekündigt. Kommendes Jahr - mit dann 77 Jahren - gibt der Firmengründer das Zepter ab, will aber weiter eine aktive Rolle im Konzern spielen. Die Aktie stieg seit 2009 von 20 auf mittlerweile mehr als 110 Dollar. Quelle: Credit Suisse; Stand: Juli 2015 Quelle: REUTERS
Platz 9: Kinder MorganHierzulande weniger bekannt ist der Konzern Kinder Morgan, ein Ausrüster für die Ölförderindustrie. Richard Kinder gründete das Unternehmen 1997 aus dem abgespaltetenen Pipelinegeschäft des Skandalkonzerns Enron. Richard Kinder leitet das Unternehmen noch heute. An der Börse war Kinder Morgan zum Zeitpunkt der Untersuchung mit rund 90 Milliarden Dollar bewertet. Quelle: dpa
Platz 8: VWDer Volkswagenkonzern zählt zu den drei größten Automobilherstellern der Welt - und drängt weiter an die Spitze. Die Nachfahren von Ferdinand Porsche, der den ersten Volkswagen 1937 entwickelte, sind heute neben dem Bundesland Niedersachsen die größten Aktionäre der Volkswagen AG. Die Familien Porsche und Piëch beherrschen die Porsche SE, die ihrerseits mehr als die Hälfte der VW-Aktien besitzt. Ferdinand Piëch - Enkel von Ferdinand Porsche - war von 1993 bis 2002 Vorstandschef und anschließend bis 2015 Aufsichtsratsvorsitzender der Volkswagen AG. An der Börse wird der Autobauer mit knapp 120 Milliarden Dollar bewertet Quelle: dpa
Platz 7: SamsungDer südkoreanische Mischkonzern steht weit mehr als nur Mobiltelefone und Fernseher her, sondern ist auch in den Branchen Bau, Handel, Chemie, Versicherungen und vielem mehr aktiv. 1938 gründete Lee Byung-Chull das heute größte Unternehmen Südkoreas, beginnend mit einem Lebensmittelladen. Die Familie Lee ist noch heute Großaktionär des Konzerns, der an der Börse mit insgesamt 174 Milliarden Dollar bewertet wird. Quelle: dpa
Platz 6: OracleGründer des US-Soft- und Hardwareanbieters Oracle waren Lawrence J. (Larry) Ellison, Bod Miner und Ed Oates. Das Unternehmen wurde zunächst mit eigenen Datenbanklösungen, später vor allem durch spektakuläre Übernahmen groß und gilt heute als einer der größten IT-Konzerne weltweit. Larry Ellison ist nicht nur Großaktionär, sondern war auch noch bis 2014 Vorstandschef. Heute sitzt er im Verwaltungsrat des Unternehmens. Oracle war zum Zeitpunkt der Untersuchung an der Börse 191 Milliarden Dollar wert. Quelle: REUTERS
Anheuser-Busch InBev Quelle: Presse
Platz 4: FacebookFacebook-Gründer Mark Zuckerberg hält noch knapp ein Drittel der Aktien an dem sozialen Netzwerk mit mehr als 1,4 Milliarden Kunden weltweit. 2003 gegründet startete die Börsennotierung im Mai 2012. Nach deutlichen Kursverlusten im ersten Börsenjahr setzte die Aktie zum Höhenflug an und war Anfang Juli 2015 für eine Börsenbewertung von 225 Milliarden Dollar gut. Quelle: dpa


Hinzu kommt als Kriterium die Marktkapitalisierung der frei handelbaren Aktien am Stichtag, zuletzt war es der 31. August. Dazu multipliziert man den Kurs einer Aktie an diesem Stichtag mit der Zahl der in Streubesitz befindlichen Aktien. Zählt die so errechnete Börsenbewertung im Durchschnitt der vergangenen 20 Handelstage zu den 30 höchsten im elektronischen Xetra-Handel der Frankfurter Börse, spricht auch das klar für einen Aufstieg in den Dax.

Der Leitindex muss stabil sein

Um aufzusteigen, müssen aber bisherige Dax-Mitglieder weichen. Oftmals ist ein Austausch einfach durch den Verkauf oder die Fusion eines Unternehmens aus dem Index notwendig. Rutschen Aktien ansonsten aus den Top-40 bei Handelsvolumen und Marktkapitalisierung, ist ein Tausch wahrscheinlich. Dax-Werte, die nur kurzfristig einen Einbruch bei Handelsumsatz oder Marktkapitalisierung erleiden, müssen ihren sofortigen Rauswurf aber in der Regel noch nicht fürchten, erst wenn Bewertung und Handel auf Dauer niedrig bleiben, steht das an. Allerdings kennt die Börse auch Kriterien für einen schnellen Auf- und Abstieg bei ihren Auswahlindizes. Schnell aufsteigen kann, wer nach Handelsumsatz und Marktkapitalisierung zu den 25 Top-Werten gehört. Vom schnellen Abstieg ist bedroht, wer aus den Top-45 fällt. Die Überprüfung für den „Fast Entry“ und „Fast Exit“ findet alle drei Monate statt. Regulär wird die Indexzusammensetzung nur einmal jährlich am letzten Handelstag im August vorgenommen.

Letzten Endes empfiehlt der Arbeitskreis Aktienindizes einen Wechsel aber nicht nur aufgrund der Zahlen und schon gar nicht ohne Einbeziehung der langfristigen Perspektiven einer Aktie. Schließlich geht es auch um die Stabilität eines Auswahlindex, der ein häufiger Austausch der Dax-Werte eher zuwider läuft. Darin liegt auch einer der Gründe, warum etwa Lanxess oder die zeitweise arg gebeutelte Aktie von K+S nicht schon früher aus dem Dax geflogen sind. Die endgültige Entscheidung behält sich überdies immer die Deutsche Börse vor.


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